Schäuble allein in Brüssel
Mit seiner Werbung für ein Referendum in Griechenland hat sich der deutsche Finanzminister in der Eurogruppe isoliert. Die Gläubiger wirken zerstritten und ratlos.
Risse zeichnen sich nicht nur zwischen dem IWF und der EU-Kommission ab – Washington fordert Schuldenerlass oder Umschuldung, Brüssel besteht auf einem hohen Budgetüberschuss zum schnelleren Schuldenabbau.
Auch zwischen Berlin und Brüssel hängt der Haussegen schief. Für Irritationen sorgt vor allem Schäuble, der sich am Rande der Eurogruppe erstmals für ein griechisches Referendum über die Reformen aussprach.
Bisher waren Berlin und Brüssel immer – in guter postdemokratischer Tradition 🙂 – strikt gegen Volksabstimmungen in den Euro-Krisenländern gewesen.
Wegen eines geplanten, angeblich nicht mit den Gläubigern abgestimmten Referendums musste 2011 sogar der damalige griechische Premier Papandreou seinen Hut nehmen.
Frankreichs damaliger Staatschef Sarkozy und Bundeskanzlerin Merkel, aber auch Finanzminister Schäuble, hatten ihn massiv unter Druck gesetzt.
“Richtige Maßnahme”
Ganz anders diesmal: Schäuble sieht in einem Referendum plötzlich einen möglichen Ausweg aus dem festgefahrenen Schuldenstreit.
„Das wäre vielleicht sogar eine richtige Maßnahme, das griechische Volk entscheiden zu lassen”, sagte der CDU-Politiker vor dem Treffen der Euro-Finanzminister.
Offenbar hofft Schäuble, auf diesem Wege auch unpopuläre Sparmassnahmen durchdrücken zu können, für die die griechische Linksregierung sonst keine Mehrheit im Parlament hätte.
Hinterfotziges Denken
Möglicherweise spekuliert der CDU-Mann aber auch darauf, dass das Referendum scheitert. Dann wäre Griechenland zwar vermutlich pleite, aber der Schwarze Peter läge in Athen, und nicht in Berlin.
Allerdings hat die Sache einen Haken: So viel taktisches, um nicht zu sagen: hinterfotziges, Denken geht selbst den meisten Ministern der Eurogruppe zu weit. Eurogruppenchef Dijsselbloem distanzierte sich sogar öffentlich von Schäubles Idee…
Dies ist die Kurzfassung eines Artikels für “telepolis”, das Original steht hier. Siehe auch “Schäuble gegen Merkel”
winston
17. Mai 2015 @ 09:30
Ein Referendum ist unter den aktuellen Umständen nicht durchführbar.
Sobald die Nachriecht eines Referendums über den Ticker läuft, würde Griechenland von den Märkten zerrissen werden, wobei viel zu zerreissen gibt’s in Griechenland nicht mehr, denke das weiss Schäuble aber auch Varoufakis.
M. E. gibt’s nur zwei Alternativen.
a) EZB und ESM, denke der IWF wird sich ausklinken, finanzieren Griechenland weiterhin, das Geld fliesst dann direkt in den Schuldendienst, das heisst zurück an EZB und ESM. Ein totaler Nonsens.
b) Griechenland erklärt den Bankrott mit anschliessendem Grexit.
Der Euro muss geordnet abgewickelt werden und dann, wenn der Wille da ist neu aufgebaut werden, allerdings unter ganz anderen Bedingungen, es muss offen und transparent kommuniziert werden was eine Währungsunion bedeutet und dann in jedem Land abgestimmt werden.
Mundell’s 4 Grundbedingungen für eine Währungsunion müssen klar und deutlich erklärt werden.
S.B.
13. Mai 2015 @ 09:12
Schäuble steckt jetzt tief in der Zwickmühle: Er hat immer betont, dass D. durch die gewährten GR-Kredite keine Verluste entstehen würden. Käme jetzt der GR-Staatsbankrott, wäre Schäuble schlagartig der Lüge überführt. Nicht nur sein Rollstuhl, sondern auch sein (politischer) Kopf würde rollen. Aber er klammert an der Macht. Uns so sucht er nach einem Weg, die Verantwortung für die Verluste des deutschen Steuerzahlers jemanden anderem in die Schuhe zu schieben. Ein Referendum käme ihm da gerade recht. Wobei man sich mit Blick auf die Zahlung der letzten Kreditrate am Montag allmählich fragen muss, mit welchen immer offensichtlicheren Manipulationen die EU den Staatsbankrott bis zu einem Referendum eigentlich noch verhindern will.
Nemschak
12. Mai 2015 @ 15:18
Sollte es in Deutschland eine Vermögensrechnung des Bundes geben, müssten die griechischen Forderungen wertberichtigt werden, auch wenn sie gegenüber Griechenland bestehen bleiben. Dass Syriza bei ihren Wahlversprechen den Mund zu voll genommen hat, darf nicht übersehen werden.
Claus
12. Mai 2015 @ 13:28
Das ist schon irgendwie putzig: Jedem, der die Grundrechenarten halbwegs beherrscht, dürfte klar sein, dass Griechenland unter den gegebenen Bedingungen seine Schulden nicht wird abbauen können – weder langsam noch schnell. Ohne Schuldenschnitt läuft da Garnichts – insofern nennen die Leute vom IWF das Kind nur beim Namen.
Und Berlin fürchtet jede Diskussion um einen Schuldenschnitt wie der Teufel das Weihwasser – da geht es schlichtweg um das Ausbuchen von Milliarden, um Glaubwürdigkeit, die nächsten Wahlen und damit den Machterhalt. Eine Wertberichtigung, oder besser das Abschreiben des griechischen Kreditengagements ist überfällig – aber kein GroKo-Politiker wagt das aus obigem Grunde zu sagen.
Bevor Wolfgang Schäuble für Referenden in anderen Ländern „wirbt“, sollte er besser hier eines abhalten lassen zur Klärung, ob es zur weiteren Verschleppung dieser erbärmlichen Angelegenheit noch eine Mehrheit in Deutschland gibt. Das wäre sicher mal interessant.