Rückfall in die Deflation
Rutscht die Eurozone in die Deflation, fragte das „Handelsblatt“. Doch als die Zahlen kamen, schwieg die Zeitung. Dabei sind sie bedenklich: Mit den Preisen geht es tatsächlich wieder abwärts.
Um 0,2 Prozent fielen die Verbraucherpreise im April im Jahresvergleich, teilte die EU-Statistikbehörde Eurostat mit. Und das, obwohl die Energiepreise langsam wieder anziehen.
Der Preisverfall hält nun schon seit Januar 2015 an, also mehr als ein Jahr. Ähnlich tief waren die Preise bisher nur nach der Finanzkrise gefallen. Droht nun eine neue?
Fest steht, dass das Gelddruck-Programm der EZB bisher kaum Wirkung zeigt. Auch Löhne und Gehälter ziehen die Preise nicht nach oben. Was kann jetzt noch helfen?
Ute Plass
20. Mai 2016 @ 21:37
@Peter Nemschak – „Mit Klassenkampfparolen schaffen Sie kein Vertrauen“.
Tja, mit dem Vertrauen ist das so eine Sache. Mutmaßlich trauen Sie eher Waren Buffett, einem der reichsten Männer der Welt, der 2006 in einem Interview in d. New York Times sagt:
„Es herrscht Klassenkrieg, richtig, aber es ist meine Klasse, die Klasse der Reichen, die Krieg führt, und wir gewinnen“ !
Peter Nemschak
21. Mai 2016 @ 07:14
So schlecht sind seine vielen, auch kleinen Investoren, nicht gefahren, auch in den letzten Jahren nach der Krise. Ein guter Teil des derzeitigen Pessimismus im Westen dürfte dem Umstand geschuldet sein, nicht mehr alleiniger Nutznießer des Kapitalismus zu sein. China ist heute die größte Volkswirtschaft der Welt. Wer hätte dies noch vor einer Generation gedacht? Wer hat 1980 vorausgesehen, dass die Ungleichheit zwischen den Staaten stark zurückgehen, jene innerhalb der Staaten aber ansteigen würde? Insgesamt geht es Europa heute materiell deutlich besser als damals. Das Jammern erfolgt auf hohem Niveau.
Ute Plass
20. Mai 2016 @ 18:41
@S.B. – Ja, der Artikel liefert eine Zustandsbeschreibung vorherrschender Armutsverhältnisse und Ungerechtigkeiten. Hätte mir noch eine vertiefte Analyse gewünscht, woher diese rühren. Damit befasst sich der folgende Beitrag, der die These
von @ebo stützt:
http://derstandard.at/2000037211411/Nach-jeder-Pestepidemie-wurde-die-Kluft-kleiner
Peter Nemschak
20. Mai 2016 @ 18:57
Mit weiteren Umverteilungsdrohungen, sprich zukünftigen Steuererhöhungen, locken Sie die Unternehmer nicht hinter dem Ofen hervor. Schon mal etwas von Anreizen und sicheren Rahmenbedingungen für die Wirtschaft gehört? Mit Klassenkampfparolen schaffen Sie kein Vertrauen. Hollande ist am Anfang seiner Präsidentschaft damit gescheitert und konnte das verlorene Vertrauen bis heute nicht wieder gewinnen. Den Linken ist nicht zu helfen. Sie verstehen die Motivationen der Menschen nicht und haben ein illusionäres Menschenbild. Menschen reagieren nun einmal auf materielle Anreize. Deshalb muss man sie dort abholen.
Ute Plass
21. Mai 2016 @ 08:05
„Menschen reagieren nun einmal auf materielle Anreize. Deshalb muss man sie dort abholen“.
Ein solch dürftiges Menschenbild ist mir fremd.
Hätten Sie als Kind überlebt, wenn die Menschen, die für Sie gesorgt haben,
das nur gegen materielle Anreize getan hätten?
Claus
20. Mai 2016 @ 08:38
Was jetzt noch helfen kann? Schnelle und entschlossene Durchsetzung der im Ansatz bereits erkennbaren Draghi- / EZB-Initiative: Striktes Bargeldverbot im hehren Kampf gegen Kriminalität und Terrorismus, kombiniert mit einer milden Anti-Deflations-Solidaritäts-Abgabe vom 1% pro Monat auf alle Kontenguthaben bis, sagen wir mal, 50.000 Euro, damit es zielgerecht in dem sich offenbar bösartig konsumtiv verweigernden Segment der Bevölkerung optimal wirkt und Anreize setzt, sich z.B. einen noch größeren Drittfernseher anzuschaffen.
S.B.
20. Mai 2016 @ 09:48
@Claus: Das wäre dann der letzte Akt im Geldsozialismus, bevor dann doch etwas später der Reset kommen muss. Auf diesen sollte man dann entsprechend vorbereitet sein, wie jetzt übrigens auch schon. Was mich interessieren würde: Was wollen die Chef-Geld-Ideologen machen, wenn der Negativzins bei den Sparern nicht zum Konsum führt, sondern zu (weiteren) Investitionen in Sachwerte (so wie derzeit auch schon)? Dann geht auch der ganze Negativzins-Unfug nicht auf. Es gäbe nur eine weitere Assetpreisinflation, wie wir sie derzeit auch schon haben. Oder geht mit dem Negativzins auf Sparvermögen ein Investitionsverbot in Sachwerte einher? Also das wird noch eine ganz spannende Geschichte….
Claus
20. Mai 2016 @ 20:32
@ S.B: Gute Frage, also, wenn nichts anderes mehr hilft, sollte man mit kreativem „Statistic Engineering“ einfach die Berechnungsgrundlagen der Inflation weiter anpassen. Nachdem nun schon Drogenhandel, Prostitution und kriminelle Aktivitäten in die Berechnung des EU-BIP aufgenommen wurden, könnte man dies weiter anpassen durch Aufnahme der mit der Geldschwemme im Zusammenhang stehenden Investitionen in Fluchtgüter wie Immobilen, Aktien und was es an Assets sonst noch so gibt. Oder auch den gesamten Handel mit derivativen Finanzinstrumenten auf irgendwas, das würde dann schon wirken. Wohnraummieten sind ja bereits enthalten, haben aber mit ihren Erhöhungen noch nicht so richtig auf den Index durchgeschlagen, als dies die Inflationshüter beglücken würde.
Peter Nemschak
20. Mai 2016 @ 09:59
Unternehmen brauchen Planungssicherheit hinsichtlich der Rahmenbedingungen (Steuerpolitik und andere Belastungen) sowie anreize zu investieren. Wir haben ein Vertrauensproblem sowohl bei den Konsumenten wie bei den Unternehmen.
ebo
20. Mai 2016 @ 10:05
Wir haben ein Verteilungsproblem, aus dem sich ein Nachfrageproblem ergibt.
S.B.
20. Mai 2016 @ 10:41
Hier ein lesenswerter Artikel, wie es zu dem Verteilungsproblem gekommen ist und wie es sich – auch politisch – auswirkt: http://www.goldseiten.de/artikel/286462–Ein-Leben-am-Abgrund.html
Es geht zwar um die Amis, aber trifft auf D und die EU in gleicher Weise zu.