Riskantes Spiel mit Grenzen (Update 11.5.11)

Neue Kompetenzen für Brüssel – aber nicht mehr Solidarität

Auf Drängen von Italien und Frankreich möchte die EU-Kommission die temporäre Wieder-Einrichtung von Grenzkontrollen erleichtern. Allerdings dürften die Staaten nicht eigenmächtig vorgehen, fordert Innenkommissarin Malmström. Vielmehr soll die EU-Kommission das Management des Schengen-Abkommens übernehmen, das bisher auf zwischenstaatlichen Vereinbarungen beruht. Außerdem soll die Grenzschutzagentur Frontex verstärkt werden und die EU-Außengrenzen noch schärfer als bisher überwachen.

Die Kommission reagiert damit auf den Streit um tunesische Flüchtlinge, die zu Tausenden nach Italien strömen, eigentlich aber nach Frankreich möchten. Nach einem heftigen Streit (“Duell der Populisten”) hatten sich Frankreichs Staatschef Sarkozy und Italiens Ministerpräsident Berlusconi darauf verständigt, gemeinsam eine Änderung des Schengen-Abkommen zum freien Grenzverkehr zu fordern. Berlusconi wünscht sich zudem mehr Solidarität im Umgang mit Flüchtlingen. Wenn es nach ihm ginge, sollte auch Deutschland Flüchtlinge aufnehmen, die auf Lampedusa anlanden.

Dazu macht Brüssel jedoch keine Vorschläge. Malmström nutzt den Vorstoß lediglich dazu, der EU-Kommission nach bewährter Manier neue Kompetenzen zu verschaffen. Faktisch läuft der Vorschlag auf einen Ausbau der „Festung Europa“ und ein riskantes „Spiel mit Grenzen“ hinaus, das langfristig zu einer Erosion des Schengen-Abkommens führen könnte. Politisch setzt die EU das Signal, dass nationaler Egoismus und „innere Sicherheit“ wichtiger sind als Solidarität nach innen und nach außen (sprich: für das postrevolutionäre Tunesien).

Nachtrag 11.5.11

Wie zu befürchten war, wird das “Spiel mit Grenzen” nun ernst. Dänemark will die Grenzkontrollen wieder einführen, dabei ist das kleine Land meilenweit von Lampedusa und Libyen entfernt. Hinter dieser absurden Maßnahme stehen natürlich die Kopenhagener Rechtspopulisten. Aber Berlusconi, Sarkozy & Malmström haben ihnen Argumentationshilfe geliefert – nun ist eine Kettenreaktion zu fürchten.


 

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