Reset or fail

Russland hat verärgert auf die neuen Sanktionen des Westens reagiert. Zugleich wirft Moskau der EU vor, die Lage in der (Ost-)Ukraine völlig falsch zu interpretieren. Fest steht, dass die bisherige Taktik des Westens nicht zu De-Eskalation geführt hat – im Gegenteil. Ein Kommentar.

Es ist immer dasselbe Muster: Erst verkünden die USA neue Sanktionen gegen Russland, dann folgt die EU.

Während die Amerikaner hart und gezielt zuschlagen, beschränken sich ihre Follower aus Brüssel auf ein paar symbolische Sanktiönchen.

Dennoch tun alle hinterher so, als stehe der Westen wie ein Mann hinter der Ukraine. Doch diesmal überzeugt diese Inszenierung nicht.

Zum einen haben sich die Europäer auf ein Minimalprogramm verlegt. Die EU-Botschafter – und nicht die Außenminister oder gar die Staats- und Regierungschefs – haben die neue Sanktionsliste beschlossen.

Fast konnte man den Eindruck haben, die Chefs schämten sich für diesen Beschluss, den sie selbst zuvor in der G-7 abgenickt hatten.

Während die Amerikaner auf die Rüstungs- und Energiebranche in Russland zielen, strafen die Europäer Rebellenführer in der Ostukraine ab. Auch das überzeugt  nicht.

Nicht einmal der selbsternannte Bürgermeister von Slawjansk steht auf der Liste. Im Grunde macht sich die EU mit dieser misslungenen „Auswahl“ lächerlich.

Vor allem aber zeigt sie, dass die Europäer mit ihrem Latein am Ende sind. Sie schaffen es weder, die vor allem von Berlin beschworene diplomatische Lösung voranzubringen.

Noch sind sie willens und in der Lage, die eigentlich fällige Stufe 3 der Sanktionen – harte wirtschaftliche Strafmaßnahmen – einzuleiten. Genau das hatten die USA gefordert, doch die 28 EU-Staaten fürchten sich vor der Rache Putins.

Und das völlig zu Recht. Denn Europa ist wirtschaftlich wesentlich mehr mit Russland verflochten als die USA. Ein Handelskrieg würde auf die EU zurückschlagen; schon jetzt bekommen wir die Folgen der US-Sanktionen zu spüren.

Bleibt eigentlich nur die Rückkehr zur Diplomatie. Sinn macht sie aber nur, wenn die EU mehr zu bieten hat als nette Gespräche. Ohne eine Rückkehr zu den Vereinbarungen aus der Kiewer Blutnacht vom 21. Februar wird es nicht gehen.

Die Ukraine braucht eine neue, wirklich „inklusive“ Regierung – genau wie damals vereinbart. Doch diese Einsicht hat sich in Brüssel noch nicht durchgesetzt. Von Washington ganz zu schweigen.

Dort hat man sich immer noch nicht vom gescheiterten “Reset” mit Russland erholt. Dabei wäre jetzt ein weiterer diplomatischer Neubeginn nötig – in Kiew.

Die Alternative ist klar: die Ukraine wird ein “failed state”. Und das will doch wohl niemand, oder?

Dieser Kommentar erschein zuerst auf taz.de. Siehe zum Thema auch “Für eine andere Ukraine-Politik” und “Wer stoppt Jazenjuk?”