Renzi droht Schäuble
Italiens Premier Renzi droht schon wieder mit einem Veto. Diesmal geht es gegen den Plan von Finanzminister Schäuble, den Banken der Eurozone ein Limit für Staatsanleihen vorzuschreiben.
Dies würde Italien besonders hart treffen, da viele Banken – und viele Italiener – Anleihen halten. Das Land sitzt auf den zweitgrößten Schuldenberg nach Griechenland, überwiegend in Staatsanleihen.
Das macht Italien relativ unempfindlich für Attacken aus dem Ausland, aber umso sensibler für Angriffe aus dem deutschen Finanzministerium. Schäuble provoziert deshalb eine harte Reaktion.
Die EU gleiche dem “Orchester auf der Titanic”, hatte Renzi zuletzt gewarnt. Offenbar mag er die deutsche Melodie nicht, die dieses Orchester spielt – und so kommt es nun wieder zu Misstönen…
Mehr zur neuen Schäubles Plänen hier, zu Renzi hier
Reinard
18. Februar 2016 @ 23:49
»Trauen Sie italienischen Politkern über den Weg? «
Eine rhetorische Frage. Oder gibt es Länder, deren Politikern zu trauen wäre?
Peter Nemschak
19. Februar 2016 @ 12:55
Der track-record der italienischen Politiker der letzten 70 Jahre ist, ohne viel nachdenken zu müssen, schlechter als jener Deutschlands und anderer Ländern nördlich der Alpen. Hat sich das Nord-Südgefälle in Italien in den letzten Jahrzehnten sichtbar verbessert, die kommunale Korruption in Rom und Neapel, um zwei Beispiele zu nennen, deutlich verringert? Vor Einführung des Euro war an den Währungen der Staaten abzulesen, wie erfolgreich nationale Politik war. Die Lira gehöre zu jenen Währungen aus denen und nicht in die geflohen wurde. Dass Renzi versucht, ein seit Jahren bestehendes italienisches Bankenproblem der EU, letztlich Deutschland umzuhängen und dabei auf den Widerstand des deutschen Finanzministers stößt, darf man nicht letzterem anlasten.
Peter Nemschak
18. Februar 2016 @ 15:06
Jede Bank hat ein Limit für Großveranlagungen, um ein Klumpenrisiko, das die Bank, wenn es schlagend wird, in die Insolvenz bringen kann. Auch souveräne Risiken müssen darunter fallen. Sonst werden die Banken durch ihren eigenen Staat ruiniert und die Bürger müssen wieder einmal die Suppe auslöffeln. Es wäre an der Zeit, dass die Banca d’Italia den Regierungschef auf seinen Unsinn aufmerksam macht. Die jüngsten Empfehlungen ihres Gouverneurs, die Eigenkapitalvorschriften für die Banken aufzuweichen, zeigen allerdings, dass die italienische Notenbank viel von ihrem guten Ruf verloren hat. Jahrelang war sie eine der wenigen nicht-korrupten Institutionen Italiens. Renzi agiert unseriös im Stil der italienischen Politiker der letzten 70 Jahre.
ebo
18. Februar 2016 @ 15:21
Unseriös agiert aber auch Schäuble, der die neuen Regeln im Alleingang durchsetzen will – als Bedingung für eine mögliche gemeinsame Einlagensicherung. Dabei war letztere längst auf EU-Ebene vereinbart. Zudem müsste Schäuble wissen, in welche Schwierigkeiten er damit Italien und andere Länder bringt. Bisher galten Staatsanleihen eben als sicher; zumindest die italienischen haben das Vertrauen bisher nicht enttäuscht.
Peter Nemschak
18. Februar 2016 @ 15:33
Das ist verständlich. Trauen Sie italienischen Politkern über den Weg? Seriosität und Diszipliniertheit ist nicht ihr Markenzeichen. Ohne Gesamtpaket, das alle Schlupflöcher abdeckt, würde ich mich an Stelle des deutschen Finanzministers auf einen Deal nicht einlassen. Alles andere wäre fahrlässig.
Claus
18. Februar 2016 @ 15:01
Vermutlich hatte Renzi eher den Choral im Sinn, der von der Kapelle der Titanic bis zum Untergang eisern durchgespielt wurde: “Näher, mein Gott zu Dir!“
“Näher, mein Gott, zu Dir” ist ein christlicher Choral, der auf dem Gedicht Nearer, My God, to Thee der englischen Dichterin Sarah Flower Adams von 1841 basiert. Das Gedicht wurde mit verschiedenen Melodien vertont, die bekannteste ist Bethany von Lowell Mason. Der Choral wird vor allem in der englischsprachigen Welt häufig auf Begräbnissen und Trauerfeiern gespielt oder gesungen. (Wiki)
Spielte Renzi’s Orchester etwas Deutsches (Österreichisches) wäre es nach seinen Vorstellungen wohl eher das Requiem von Mozart (Die Totenmesse) gewesen. Übrigens ganz harmonisch, soweit es die Musik betrifft.
Peter Nemschak
18. Februar 2016 @ 14:15
Verständlich, weil die Banken mit Hilfe der EZB derzeit unbegrenzt Staatsfinanzierung betreiben. Es ist bekannt, dass die Italiener überdurchschnittlich Steuern hinterziehen, um das hinterzogene Geld danach in Staatsanleihen ihres eigenen Landes zu investieren: eine schlechte, gesellschaftliche Gewohnheit Italiens. Solange sich das nicht ändert, kann man die Idee einer Transferunion getrost vergessen. Wenn Renzi die deutschen Gewohnheiten nicht gefallen, könnte er sich an den Schweizern orientieren – einem Gemeinwesen, das seriöser und disziplinierter als Italien geführt wird. Der Euro war tatsächlich keine gute Idee.