Putsch der Exekutive (II)

Nach seinem umstrittenen Masterplan für eine “echte” Währungsunion legt EU-Ratspräsident Van Rompuy nun nach: Beim EU-Gipfel Mitte Oktober will er vorschlagen, ein eigenes Budget für die Eurozone zu schaffen, das später von einem eigenen Euro-Finanzminister verwaltet werden könnte. Gleichzeitig soll die Disziplin in der Eurozone verschärft werden. Der Putsch der Exekutive geht weiter…

Van Rompuy schwebt offenbar eine neue Mischung aus Zuckerbrot und Peitsche vor: Es gehe darum, „Mechanismen zu entwickeln, die eine nicht nachhaltige Budgetpolitik verhindern und finanzielle Solidarität ermöglichen“, heißt es in seinem Entwurf an Kanzlerin Merkel und die anderen Staats- und Regierungschefs. Außerdem sollen „individuelle Reformverträge“ eingeführt werden, um die Euroländer noch enger an die Kandarre zu nehmen.

Offenbar sollen sie den “Memoranden” nachempfunden werden, die die Troika mit Krisenländern wie Griechenland oder Portugal getroffen hat. Austeritätspolitk und neoliberale “reformen” würden so auf ewig festgeschrieben, und das auch in den noch nicht von der Eurokrise gebeutelten Ländern!

Deutschland und Frankreich könnten an diesen Vorschlägen durchaus Gefallen finden, heißt es im “Brussels Blog” der britischen “FT”. Aus deutscher Sicht würde damit die Kontrolle über „Schuldensünder“ verschärft. Außerdem würden gemeinsame Staatsanleihen, sprich Eurobonds, in weite Ferne rücken. Zwar hat sich auch Van Rompuy immer wieder für Eurobonds ausgesprochen; in seinem neuen Entwurf ist davon jedoch keine Rede mehr.

Auch Frankreich dürften die Ideen des belgischen Ratspräsidenten gefallen. Finanzminister Moscovici hatte sich in einer Rede vor dem Brüsseler Thinktank Bruegel bereits Anfang September für eine gemeinsame Finanzpolitik der Eurozone und sogar für einen Euro-Finanzminister ausgesprochen. Ein gemeinsames Budget könnte der erste Schritt in diese Richtung sein.  

Allerdings ist noch völlig unklar, wie ein Euro-Budget finanziert werden soll. Bisher sind sich die EU-Länder nicht einmal über das EU-Budget für das kommende Jahr einig, auch über den mehrjährigen Finanzrahmen ab 2014 gibt es Streit. Außerdem dürften EU-Länder, die nicht der Gemeinschaftswährung angehören, den Plan mit einigem Misstrauen sehen. Schließlich könnte er den Graben zwischen Euro- und Nicht-Euroländern vertiefen.

Und was ist mit den Bürgern? Sie kommen in Van Rompuys Entwurf mal wieder nur am Rande vor. Man brauche “starke Mechanismen für demokratische Legitimität und Zurechnung”, heißt es ganz am Ende des geleakten Entwurfs in der typischen Brüsseler Bürokratensprache. Sie sollen auf der Ebene greifen, auf der auch die Entscheidungen getroffen werden. Zu gut deutsch: in Brüssel.

Die EU-Exekutive greift nach mehr Macht – und wenn sie die bekommt, soll irgendwann auch mal ein “demokratischer Mechanismus” hinzukommen. Ich bin mal gespannt, was das EU-Parlament dazu sagt…