Post-nationale Illusion
Wir sind gute Europäer, mit Populismus und Nationalismus haben wir nichts zu tun. Das war bisher das deutsche Mantra. Seit der Landtagswahl ist es überholt – Deutschland ist „normal“ geworden.
[dropcap]F[/dropcap]rankreich hat den Front National, England die UKIP, Holland Geert Wilders. Selbst die Österreicher haben „ihre“ FPÖ. Nur Deutschland war „clean“.
Doch nach den spektakulären Wahlerfolgen der AfD gehört diese deutsche Ausnahme der Vergangenheit an. Auch wir haben nun wieder Populisten und Nationalisten.
Wie passt dass zur „guten“ post-nationalen Identität, die die deutschen Eliten seit dem 2. Weltkrieg gehegt und gepflegt haben? Schlecht. Sehr schlecht.
Nicht die Nation war ihr Mantra, sondern die Globalisierung. In einer globalen Welt gebe es keine nationalen Grenzen mehr, hieß es offiziell in Berlin, als die Flüchtlinge kamen.
Dialektik der Flüchtlingskrise
Schön wär’s. Doch das war nur noch eine post-nationale Illusion. Selbstverständlich gibt es weiter nationale Grenzen – Österreich und Mazedonien haben es bewiesen.
Und selbstverständlich lebt der Nationalstaat weiter. Er erlebt sogar eine Renaissance. Die neoliberale Globalisierung führt weltweit zu nationalen und regionalen Abwehr-Reflexen.
Darüber hinaus erlebt Deutschland gerade eine Dialektik der Flüchtlingskrise. Auch sie stärkt das verdrängte Nationale:
- Die meisten Flüchtlinge wollen nach Deutschland. Auch wenn es Merkel nicht wahrhaben will: Sie streben in das post-nationale Land ohne Grenzen – und werten Deutschland damit als Nation auf.
- Dass Deutschland die Grenzen aufgemacht hat, wird im europäischen Ausland nicht etwa als „europäische Lösung“ gesehen, sondern als nationaler Alleingang – und als deutsches Problem.
- Auch viele Deutsche haben mit dieser Politik ihre Probleme – und suchen ihr Heil im Volk, in der Nation, in der Abgrenzung. Eine vermeintlich post-nationale Politik gebiert so neue Nationalisten.
Deshalb müssen (und sollten) wir aber nicht gleich alle Nationalisten werden. Das hieße ja, der AfD & Co. auf den Leim zu gehen.
Vielmehr geht es darum, Europa neu zu definieren – auf der Basis seiner Nationalstaaten, aber ohne Nationalismus. Das gilt auch und besonders für das „deutsche Europa“.
Bisher kam es selbstgefällig daher – als post-nationale, alternativlose Politik. Wir haben, nein: wir sind die „europäische Lösung“, hieß es in Berlin. Auch damit ist es nun vorbei, oder?
Hella-Maria Schier
31. März 2016 @ 10:54
Es gibt zu jeder starken Bewegung eine Gegenbewegung, insofern musste die Globalisierung, und die Europolitik als ihr Teilbereich, als Reaktion die Nationalismen anheizen. Dies wäre aber weniger der Fall, wenn es so etwas wie die weiter oben genannte soziale Globalisierung gäbe. Die schrittweise Weltrevolution sozusagen. Der eigentliche Platz der Linken! Aber die Genossen sind eher mit Zersplitterung beschäftigt, was aber noch schlimmer ist, sie sind sich, zumindest in Deutschland, nicht mehr über den Gegner einig.
Eine Großzahl hat sich entweder kaufen lassen, weil es im Kampf gegen den Gegner Kapital zu wenig Lorbeeren zu gewinnen gab, oder war tatsächlich so dumm auf die Gehirnwäsche der Eliten hereinzufallen, wenn diese bei jeder Kritik an Finanzsystem und Wallstreet von „verkürzter Kapitalismuskritik“ und „Antisemitismus“ faselte. Natürlich kann man die Kapitalismuskritik bei entsprechendem Anlass jederzeit gerne ausweiten, die „bekehrten Linken“ zogen jedoch lieber den Schluss, sie gleich ganz zu unterlassen (manche glauben naiv und zur Erheiterung der Eliten, das sei nur auf später verschoben und wenn man die Rechten besiegt hätte, käme das Kapital dran, also, wenn das sich global so richtig ausgestreckt hat, dann ..).
Der neue Hauptgegner ist nun, zu Erleichterung des Weltkapitals, das dabei nachgeholfen haben dürfte, der Nationalismus! Beseitigt ist erstmal die schlafstörende Vision eines Revolutions-Heeres vor der Tür der Superreichen. Unsere neuen Linken werden sie schützen – als „bedrohte Minderheit“ mithilfe des entworfenen „Toleranz-Gesetzes“ der EU.
Dazu noch helfen sie jetzt bei der Globalisierung, d.h. bei all dem Mist und den Verbrechen an anderen Völkern, den sie früher verurteilt haben. Halt besser profitgierig als deutsch völkisch, sagen sie sich und flugs ist auch der Nationalstaat an sich auf einmal „Nazi“!
Norwegen oder die Schweiz, nicht mal EU, z.B. kamen mir bisher gar nicht so braun und übel vor. Hingegen würde dieses Eliten-Europa viel eher ein Verbrechensstaat.
Auch kommt ihnen – man ist ja, pfui, kein „Verschwörungstheoretiker“ – anscheinend nicht der Gedanke, dass der Rechtsruck zusätzlich künstlich angeschoben sein könnte, um ein Gefahrenszenario darzustellen, das von der wirklichen Gefahr ablenkt, Euro- und EU-Kritik wurde jedenfalls über Jahrzehnte mittels aufwändiger Propaganda Brüssels als ewig gestrig, versponnen, linksradikal aber vor allem rechts-anrüchig diskreditiert. Linke oder gemäßigte Kritiker verstummten darauf hin weitgehend, um ihren Ruf besorgt. Wirkliche Rechte hingegen schlossen sich an. So kann man eine rechte Bedrohung auch aufbauen. Kritik an der EU-Zentralmacht war so nicht mehr politisch korrekt und die Rechten konnten sich formieren. Dass bei denen über Verfassungsschutz und BND mächtige Interessen mitwirken, wurde ja schon mehrfach ersichtlich.
Was könnte eine rechte Partei machen, was die herrschenden Kräfte nicht wollen??. .
Diese wollen aber die EU und nicht die Nationalstaaten. Ich frage mich, wie es dann überhaupt zu dem gefürchteten tatsächlichem Nationalismus in Europa kommen soll, wenn das den globalistischen Eiltenzielen im Wege stehtl
Schäuble sagte mal, er sei nicht beunruhigt, die Rechten würden wieder versacken. Er weiß es vermutlich. Auf jeden Fall geben sie derzeit den perfekten Gegner für die Linken ab, die man ansonsten nicht mehr fürchten muss, deren Mithilfe man so gewinnt im Kampf gegen die gefährlichen. bösen Nationalstaaten .
Christoph Wagner
24. März 2016 @ 09:57
Deutschland ist normal geworden? Dieser Satz stört mich etwas. Denn es gab immer rechte oder rechtsextreme Parteien in Deutschland: die Republikaner, die NPD und andere, kleinere Gruppen. Insofern ist dieser Satz nicht ganz richtig. Deutschland war immer normal und durch die CDU/SPD ist es nun noch normaler, i.e. noch rechter geworden.
kaush
16. März 2016 @ 18:32
@badboy
Man schaue sich mal an, wie sich die Handelsbilanzen von Deutschland / Frankreich entwickelt haben. Na, fällt da was auf? Vielleicht Euro-Einführung?
https://i.swisscows.ch/?link=http%3a%2f%2fwww.nachdenkseiten.de%2fupload%2fbilder%2flaender_050809_12059.gif
Oder die Entwicklung von Löhnen und Unternehmensgewinnen in Frankreich und in Deutschland.
http://www.jjahnke.net/index_files/12199.gif
Dämmert’s?
Wenn ein Land massiv vom Euro profitiert hat, dann Deutschland. Plus Lohn- / Sozialdumping. Wir Leben massiv unter unseren Verhältnissen.
Es hätte längst die Troika in Berlin einreiten müssen und sagen: So liebe Freunde, ihr erhöht jetzt mal die Renten und Löhne um 10%. Dieses Jahr. Und nächstes Jahr nochmal 10%.
Denn ihr müsst intern aufwerten, weil der Euro viel zu schwach für euch ist.
kaush
15. März 2016 @ 22:48
@winston
Ich glaube nicht, dass das mit Frankreich lustig wird. Vor allem nicht für Deutschland:
„…Wenn Sie bei der französischen Präsidentschaftswahl 2017 gewählt werden sollten, wollen Sie dann wirklich zuallererst aus dem Euro aussteigen?
Le Pen: Ich werde alle meine Energie darauf verwenden, die anderen europäischen Länder davon zu überzeugen, dass man nicht so weitermachen kann. Dass der Euro ein Kadaver ist, den man versucht, mit Milliardenkosten künstlich am Leben zu halten. Deshalb ist es in unserem Interesse, diesen Ausstieg aus dem Euro zu organisieren und im Rahmen einer internationalen Absprache zu den nationalen Währungen zurückzukehren. Für alle Länder ist der Euro ein Fehlschlag. Deutschland zieht daraus zwar auch Nutzen, aber wie viel kostet die Rettung des Euro? Wie lange wird Deutschland noch akzeptieren, für die Gemeinschaftswährung zu zahlen? Diese Fragen dürfen nicht tabu sein.
(…)
Glauben Sie nicht, dass die Probleme Frankreichs in Wirklichkeit hausgemacht sind? Zum Beispiel, was die Wettbewerbsfähigkeit der französischen Unternehmen angeht?
Le Pen: Deutschen fällt es leicht, so etwas zu sagen. Wenn wir die nationalen Währungen wieder einführen würden, wäre die Mark deutlich stärker als der Franc, und das wäre natürlich für unseren Export äußerst hilfreich. Heute müssen wir mit einer Währung leben, die 20 bis 30 Prozent zu teuer ist für unsere Wirtschaft, da liegt das Problem. Wenn Sie in Deutschland dann auch noch billige Arbeitskräfte aus Osteuropa beschäftigen, dann ist es eben kein Wunder, dass deutsche Unternehmen wettbewerbsfähiger sind als französische…“
http://www.rp-online.de/politik/ausland/wir-duerfen-uns-deutschland-widersetzen-aid-1.4700345
Keine so schönen Aussichten für den Exportweltmeister. Dann werden die Karten neu gemischt.
Peter Nemschak
16. März 2016 @ 07:24
…..wenn das Wörtchen wenn nicht wäre…..
badboy
16. März 2016 @ 08:20
@kaush
>Keine so schönen Aussichten für den Exportweltmeister. Dann werden die Karten neu gemischt.<
Da frag ich mich, wie konnte Deutschland bereits vor der Einführung des Euro´s bereits Exportweltmeister sein?
Da gab es noch die "harte D-Mark" und trotzdem lief der Export auf Hochtouren, im Gegenteil zu jetzt.
Es gibt genügend finanzwissenschaftliche Studie die ermittelt haben, dass bei einer Rückkehr zur D-Mark die Exporte sich im unteren einstelligen Bereich verteuren könnten, weil die Preise für notwendige Importe sich linear verbilligen würdem.
Deutschland als rohstoffarmes Land ist nämlich auch einer der Importweltmeister!
Skyjumper
16. März 2016 @ 15:33
„Da gab es noch die „harte D-Mark“ und trotzdem lief der Export auf Hochtouren, im Gegenteil zu jetzt.“
Sind Sie sich sicher dass Sie das wirklich so gemeint haben? Alle anderen Aussagen von Ihnen sehe ich auch so, aber das obige Zitat ist schon weit hergeholt. 1999 (vor der Euroeinführung) lag der deutsche Aussenhandelsüberschuss bei 65 Mrd. €. 2015 haben wir mit 268 Mrd. das vierfache dessen erzielt (vor der Verrechung der Minus 31 Mrd. im Dienstleistungsverkehr).
Gesund ist das nicht. Weder für die anderen, aber auch nicht für DE. Überspitzt ausgedrückt müssen wir den Käufern unserer Waren nämlich auch gleich das Geld mitliefern damit sie unsere Rechnungen überhaupt bezahlen können.
winston
15. März 2016 @ 19:44
Die Staaten der Euro-Zone haben ihre Geld und Fiskalpolitische Hebel (Währung und Zentralbank) an das Zentralkomitee in Brüssel abgeben. Somit können die Staaten bei Externen Shock’s oder Systemkrisen nicht gezielt für ihre Volkswirtschaften intervenieren, wie das z.B in UK oder USA passiert ist und überall auf der Welt üblich ist. Somit sind die Staaten komplett den Marktkräften ausgeliefert. Märkte sind alles andere als rational. So, was soll das nun sein, wenn nicht Neoliberalismus in seiner reinster Ausprägung.
Richtig im Zentralkomitee Brüssel herscht tiefer Sozialismus, aaaaaber nur für das eine %, Banken, Grosskapital und Grossindustrie, für den Rest gilt strenger Sozialdarwinismus und Neoliberalismus.
@ Ich kenne kein einziger Linke der den Euro abwickeln will, KEINER!!
Alle wollen die Euro-Zone umkrempeln, Austerität abschaffen, gemeinsamer investionsfond, gemeinsame Arbeitslosenkasse, Eurobonds und und und. Das wollte auch Holland, er ist gescheitert, missachtete dann schliesslich trotzdem die 3% Defizit Grenze. Er wird noch sein blaues wunder erleben. Tsipras wollte den starken Mann spielen und die Austerität abschaffen, am Schluss gab’s noch strengere Austerität als vorher, nix hat er eingehalten was er versprochen hat und so sein Volk verraten und verkauft. Die Linken arbeiten auch nicht an einem Plan B (Euro-Exit).
Nochmals
Es gibt nur 2 Möglichkeiten Handelsungleichgewichte auszugleichen:
a) Durch Abwertung.
b) Durch Lohnkürzungen und Sozialabbau. (Austerität)
Was Renzi und Holland wollen will Merkel nicht und vice versa. Der Euro kann nicht funktionieren.
Er wird sich vermutlich nach TTIP Unterschrift auflösen. Europa mutiert dann als ganzes zur Peripherie der USA. Dann schauen wir weiter.
Skyjumper
16. März 2016 @ 15:17
Hallo @winston,
um meine Antwort nicht allzu ausufernt zu fassen lassen Sie mich nur festhalten, dass ich mit Bedacht das Wort „Liberal“ verwendet habe und nicht „Neoliberalismus“ gebraucht habe. Der Neoliberalismus ist alles, nur nicht Liberal im ursprünglichen Sinne des Wortes. Der Begriff wurde gekapert und ist auch nur eines von vielen Opfern orwellsch’en Neusprechs. Insofern sind wir eventuell gar nicht so weit voneinander entfernt.
Nicht richtig, bzw. unvollständig, ist meiner Auffassung nach folgende Aussage von Ihnen:
„Es gibt nur 2 Möglichkeiten Handelsungleichgewichte auszugleichen:
a) Durch Abwertung.
b) Durch Lohnkürzungen und Sozialabbau. (Austerität)“
Die beiden Möglichkeiten die Sie beschreiben wären die Möglichkeiten für die Staaten die eine negative Handelsbilanz aufweisen. Das ist aber nur die eine Seite der Medaille. Zur Handelsungleichheit gehört aber auch die Seite mit dem Aussenhandelsüberschuss, also z.B. Deutschland und China. Und von der Seite aus betrachtet gibt es natürlich weitere Optionen:
a1) Aufwertung (im Euroverband natürlich leider nicht möglich)
b1) Kaufkraftsteigerung (Binnenkonsum) durch Lohnsteigerungen, Steuersenkungen und alle weiteren denkbaren Wege die Geld in die Tasche der Verbraucher bringt.
winston
15. März 2016 @ 17:27
Nochmals.
Die Regionalwahlen in Deutschland haben eins unmissverständlich klar gemacht,
es gibt in Europa schon längst keine Rechte oder Linke Parteien mehr. Es gibt nun 2 Lager das Pro-Euro und EU Lager, ich nenne es die Einheitspartei des Euros und der EU und die EU und Euro Gegner.
Eins sollte mittlerweile jedem klar sein, EU und vor allem Euro sind abgrundtiefe Neoliberale und antidemokratische Konstrukte. Groteskerweise sind gerade die Linken die grössten Befürworter dieses Konstruktes, sie haben sich damit komplett dem Kapital verkauft und ihre Wählerschaft verraten. Den Rechten ist nichts vorzuwerfen, sie sind im ihrem Element, weniger Staat, der Staat am besten gleich abschaffen und mehr Markt am besten gleich nur noch Markt. IMHO kann Kapitalismus ohne Staat nicht funktionieren, das ist in der Euro-Zone klar ersichtlich. Draghi kann machen was er will, er wird nichts reissen können. Egal wehr an der Spitze der EZB sitzt, er wird nichts reissen könne. Mir wäre fast lieber es stünde Weidmann an der stelle Draghis, dann würde das ganze ganz schnell kollabieren.
In Frankreich dürfte es in den nächsten 12-36 Monate lustig werden. Denen steht die Italienische Rosskur noch bevor, denn auch für Frankreich ist der Euro klar überbewertet und sie müssen zwangsläufig diese Überbewertung ausgleichen, das geht nur über Lohn-Pensions-Sozial Kürzungen. Andernfalls wird Frankreich massiv an Wettbewerbsfähigkeit verlieren. Alternative Euro-Exit, aber so weit sind wir nicht. „NOCH NICHt“.
Skyjumper
15. März 2016 @ 18:37
Bevor ich mich für heute aus dem Netz der Netze verabschiede noch ein klein wenig Wattebäuschenwerferei:
„Groteskerweise sind gerade die Linken die grössten Befürworter dieses Konstruktes,….“
Wieso groteskerweise? Die real existierende EU ist doch der feuchte Traum eines jeden Linken. Kein anderer sozialistischer Staat hat die Planwirtschaft bisher so konsequent und weitgehend widerstandsfrei umgesetzt wie die EU.
„EU und vor allem Euro sind abgrundtiefe Neoliberale und antidemokratische Konstrukte“
Grotesk finde ich dagegen in einer Umschreibung der real existierenden EU das Wort „Liberal“ zu lesen. Liberal, und auch das nur im Sinne von Freizügig, ist in der heutigen EU allenfalls der Umgang mit Steuermitteln und bürgerlichen Freiheiten.
ebo
15. März 2016 @ 18:44
Unsinn. Fragt mal eure linken Europaabgeordneten, dann erfahrt ihr, wie es wirklich ist.
OXIgen
15. März 2016 @ 16:34
Es ist genau diese neoliberale Globalisierung im ausschließlichen Interesse der Eliten, die die normalen Bürger vollends zu unmündigen Lohnsklaven degradieren und sie dauerhaft ihrer politischen und sozialen Selbstbestimmung berauben will. Eine soziale Globalisierung gibt es schließlich nicht.
Bestes Beispiel dafür sind die TTIP-Verhandlungen, bei denen der Souverän nicht mitreden darf. Hier zeigt sich die Arroganz der Macht in einer neuen Qualität: das Recht auf demokratische Mitbestimmung wird ignoriert, selbst Millionen europäischer Bürger haben einfach nichts mehr zu melden und gefälligst hinzunehmen, was die Eliten beschließen. Während TTIP & Co. jedoch für den größten Teil dieser Bürger noch immer etwas Abstraktes ist, findet die „Flüchtlingskrise“ direkt sichtbar und fühlbar vor ihrer Nase statt.
Merkels Grenzöffnung war ein Coup, mit dem sie gleich drei (oder mehrere) Fliegen mit einer Klappe schlagen wollte: erstens ihr durch ihren brutalen Umgang mit Griechenland weltweit angeschlagenes Image aufzupolieren, zweitens den Kriegsherren in den USA einen Gefallen zu tun und Syrien massenhaft junge wehrpflichtige Männer zu entziehen (nebst dem Kapital, das sie außer Landes brachten) und drittens der deutschen Industrie eine weitere Dimension des Lohndumpings zu eröffnen. Womit sie nicht rechnen konnte, war die Sylvesternacht in Köln, nach der das Willkommen in Empörung umgeschlagen ist und nach der selbst das liberale Schweden seine bisher vertuschten Migrationsprobleme offen angepackt hat. Dass sie nun versucht, ihr eigenes Versagen den anderen europäischen Staaten aufzuhalsen und auf den Despoten vom Bospurus setzt, ist so typisch für sie, dass man das nicht weiter kommentieren muss.
Die Renaissance des Nationalstaates in Europa ist eine logische Konsequenz, wenn eine elitäre globale Minderheit versucht, die Mehrheit der Bürger eines ganzen Kontinents dauerhaft zu entmündigen. Jede Bevölkerung hat das Recht, selber darüber zu bestimmen, wie und vor allem mit wem sie innerhalb ihrer Landesgrenzen leben möchte. Das nennt man Demokratie und die muss wieder hergestellt werden, indem man dieses unselige Gebilde namens EU abschafft. Und nein, weder Deutsche noch Franzosen, weder Österreicher noch Spanier oder Italiener werden sich danach wieder gegenseitig die Köpfe einschlagen, denn dafür sind wir schon viel zu lange wirklich gute Freunde.
S.B.
15. März 2016 @ 15:18
Die post-nationalen Identität ist eine Illusion der irren Globalisierungs-„Eliten“ in Richtung Otto-Normal-Bürger. Ziel ist es, den Menschen die grenzenlose Eine-Welt-Story zu verkaufen, damit die Eliten per Globalisierung abzocken können. Otto-Normal-Verbraucher hat von der Globalisierung rein gar nichts, denn sie entzieht im auf allen Ebenen die (demokratische) Kontrolle über das Geschehen. Dieser Umstand wird den Bürgern so ganz allmählich bewusst und so ist die Renaissance des Nationalstaates nur folgerichtig und systemisch konsequent.
„Deshalb müssen (und sollten) wir aber nicht gleich alle Nationalisten werden.“ – Müssen nicht, aber können. Warum auch nicht?
„Vielmehr geht es darum, Europa neu zu definieren – auf der Basis seiner Nationalstaaten, aber ohne Nationalismus. Das gilt auch und besonders für das „deutsche Europa“. – Wir hatten dieses Europa der Nationalstaaten ohne Nationalismus bereits: vor EU und Euro. Dahin muss Europa wieder zurück, denn es war am besten geeignet, die nationalen Interessen zu wahren und in einen Einklang zu bringen, der allen Beteiligten gerecht wurde. EU und Euro dagegen bedeuten quasi zentralstaatliche Diktatur.
Skyjumper
15. März 2016 @ 15:49
„Wir hatten dieses Europa der Nationalstaaten ohne Nationalismus bereits: vor EU und Euro. Dahin muss Europa wieder zurück, denn es war am besten geeignet, die nationalen Interessen zu wahren und in einen Einklang zu bringen, der allen Beteiligten gerecht wurde.“
Also „ohne Nationalismus“ bestimmt nicht. Ich persönlich würde es daher nicht in dieser absolutistischen Formulierung ausdrücken wollen. Die Vielfalt der Nationalstaatlichkeit in Europa beschränkt sich ja nun nicht ausschließlich auf die Phase zwischen Ende WK2 und Lissabonvertrag, sondern umfasst auch die Zeit zwischen 1750 und 1945. Und in dieser Phase hat die Bildung und die Konkurrenz der vielen Nationalstaaten in Europa viele gewaltsame Auseinandersetzungen und die beiden umfänglichsten Kriege hervorgebracht die unser Planet bisher erlebt hat.
Ich würde daher sagen dass ein Europa der Nationalstaaten am besten geeignet sein KANN. Aus dem können wird erst dann ein sein wenn niemand anfängt eigene Interessen zu Lasten anderer zu verfolgen. Um das zu fördern ist eine Institution schon ganz hilfreich. Man sollte das Kind nicht mit dem Bade ausschütten und jegliche Überstaatlichkeit pauschal ablehnen.
@Peter Nemschak sagte weiter oben:
„Wer unbedingt die Nation als emotionalen „Haltegriff“ benötigt, soll sich Europa als Nation vorstellen.“
Dieser Satz ist nicht verkehrt. Die heutigen Nationalstaaten in Europa (Frankreich vielleicht mal etwas aussen vor gelassen) sind auch nicht wie Kay aus der Kiste gesprungen. Italien, Spanien, Deutschland …….. das sind lange Wege gewesen bis die heutigen Nationalstaaten aus vielen Zwergstaaten entstanden sind. Das könnte man durchaus auch als Vorbild für einen europäischen Gesamtstaat reklamieren. Nur wozu? Warum immer alles gößer und mächtiger und umfassender?
S.B.
15. März 2016 @ 16:37
@skyjumper schreibt: „Das könnte man durchaus auch als Vorbild für einen europäischen Gesamtstaat reklamieren. Nur wozu? Warum immer alles größer und mächtiger und umfassender?“
Genau das ist die Frage: Wozu? Noch besser: wem nützt es und wem nicht? Dazu habe ich oben schon geschrieben.
kaush
15. März 2016 @ 13:39
Willy Brandt in seiner Regierungserklärung 1969:
„…Meine Damen und Herren! Diese Regierung geht davon aus, daß die Fragen, die sich für das deutsche Volk aus dem zweiten Weltkrieg und aus dem nationalen Verrat durch das Hitlerregime ergeben haben, abschließend nur in einer europäischen Friedensordnung beantwortet werden können.
Niemand kann uns jedoch ausreden, daß die Deutschen ein Recht auf Selbstbestimmung haben, wie alle anderen Völker auch…“
Und schloss seine Regierungserklärung mit:
„Wir wollen ein Volk der guten Nachbarn sein und werden im Inneren und nach außen.“
Wie sieht es heute aus? Sind wir im Inneren ein Volk? Gute Nachbarn?
Die Realität heute ich doch leider so, dass heftig polarisiert wird und zwar von den (ehemaligen?) Volksparteien.
Wenn die Meinung oder die Sorgen mancher Bürger nicht in den Kram passt, sind sie Dunkel-Deutsche, oder Pack.
Dazu noch ein Zitat aus o.g. Regierungserklärung:
„…Unser Volk braucht wie jedes andere seine innere Ordnung. In den 70er Jahren werden wir aber in diesem Lande nur so viel Ordnung haben, wie wir an Mitverantwortung ermutigen.
Solche demokratische Ordnung braucht außerordentliche Geduld im Zuhören und außerordentliche Anstrengung, sich gegenseitig zu verstehen.
Wir wollen mehr Demokratie wagen.
Wir werden unsere Arbeitsweise öffnen und dem kritischen Bedürfnis nach Information Genüge tun.
Wir werden darauf hin- wirken, daß nicht nur durch Anhörungen im Bundestag, sondern auch durch ständige Fühlungnahme mit den repräsentativen Gruppen unseres Volkes und durch eine umfassende Unterrichtung über die Regierungspolitik jeder Bürger die Möglichkeit erhält, an der Reform von Staat und Gesellschaft mitzuwirken…“
Wie weit sind wir davon heute entfernt…
Merkel macht genau das Gegenteil. Sie will durch-regieren, eine Kanzler-Diktatur. Marktkonform.
Skyjumper
15. März 2016 @ 11:09
„Vielmehr geht es darum, Europa neu zu definieren – auf der Basis seiner Nationalstaaten, aber ohne Nationalismus. Das gilt auch und besonders für das „deutsche Europa“.“
Eigentlich braucht man gar nicht neu zu definieren. Es würde reichen sich daran zu erinnern was bereits früher definiert wurde. Von denen die es unter dem Eindruck der Leiden aus dem 2. Weltkrieg angepackt hatten trotz aller Ressentiments ein friedlicheres Miteinander zu gestalten. De Gaulle und Adenauer schwebte ein Europa der Vaterländer vor, kein Moloch ala Brüssel.
Sicher kann man die Vorstellungen dieser Politikergeneration nicht mehr 1:1 übernehmen. Dafür hat sich in der Welt zuviel verändert. Auf die Globalisierung, auf den Aufstieg ehemaliger Entwicklungsländer, sollten die europäischen Nationalstaaten eine schlüssige und zeitgemäße Antwort finden. Aber ich bezweifel sehr stark dass „Vereinigte Staaten von Europa“, eingeführt durch die Hintertür, die Lösung sein kann. Das mutet mir viel zu sehr nach dem 4. Reich an.
Peter Nemschak
15. März 2016 @ 12:34
Ein föderaler europäischer Bundesstaat hätte zweifellos Vorteile, vor allem im Hinblick auf die Position Europas in der Welt. Wer unbedingt die Nation als emotionalen „Haltegriff“ benötigt, soll sich Europa als Nation vorstellen.
Skyjumper
15. März 2016 @ 14:12
@Peter Nemschak
Zwar stimme ich Ihnen hinsichtlich der Vorteile eines europäischen Bundesstaates in Bezug auf die Position in der Welt zu, allerdings impliziert dieser Wunsch den Anspruch einer Machtposition in der Welt. Um es nicht so negativ zu konotieren können wir es auch gerne als internationales Einflußnahmegewicht bezeichnen. Denn eine „Position“ benötige ich sinnvoll nur wenn ich Interessen auch ausserhalb meines eigenen Gebietes durchsetzen möchte.
Da ich genau diese Machtausübung (natürlich nicht nur seitens der EU, sondern auch der anderen global players) allerdings ablehne, ist bereits das ein Grund für mich der weiteren Integration der Nationalstaaten in eine EU skeptisch gegenüber zu stehen.
Wenn alle Staaten sich primär darauf beschränken würden ihr Gedankengut von Gut und Böse im eigenen Stall umzusetzen und nicht auch noch die „Nachbarn“ überall in der Welt damit zwangsbeglücken zu wollen, dann hätten wir erheblich weniger Auseinandersetzungen und Stellvertreterkriege in der Welt. Daraus resultierend hätten wir auch weniger Folgewirkungen dieser Auseinandersetzungen zu beherrschen.
Für meine Begriffe ist die heutige EU zu einem recht erheblichen Teil damit beschäftigt Probleme teuer zu lösen die es ohne eine EU heutiger Prägung gar nicht gäbe. Und „teuer“ meint in diesem Zusammenhang nicht nur das rein finanzielle.
Nationalstaatlichkeit, oder sagen wir lieber der Wunsch nach kleineren Einheiten, hat eben entgegen der gerne geschwungenen Keulen nicht zwingend etwas mit ewig gestrigen Gedankengut und dem Wunsch nach „Weltherrschaft“ zu tun. Ich wünsche mir das eigentlich genau aus den gegenteiligen Gründen. „Ich“ (als Teil Deutschlands) möchte niemanden in seine Belange reinreden, und ich möchte nicht das „mir“ andere dreinreden. Nicht mehr und nicht weniger. Mit einem emotionalen Haltegriff hat das nichts zu tun. Das ist selbstverständlich eine Grundsatzeinstellung die total konträr zur Grundsatzeinstellung „one world, no borders“ steht.
Peter Nemschak
16. März 2016 @ 08:47
Vergessen Sie nicht: Macht ist allgegenwärtig, im privaten wie öffentlichen Raum – ein Faktum, das Sie nicht weg reden können.
Skyjumper
16. März 2016 @ 16:06
@ Peter Nemschak
Stimmt. Ich möchte auch gar nicht erst versuchen das „wegzureden“. Mein Ansatzpunkt ist ein anderer. Es ist ja nicht zwingend schädlich dass es so etwas wie Macht gibt. Die Machtausübung KANN dagegen sehr wohl schädlich sein. Und der Schaden kann um so größer sein desto größer die Konzentration der Macht ist..
Und da gilt: Je grösser die Einheit, desto größer die Machtkonzentration.
Johanna Holms
15. März 2016 @ 11:05
„Vielmehr geht es darum, Europa neu zu definieren – auf der Basis seiner Nationalstaaten, aber ohne Nationalismus.“
Diesen Satz müsstest du genauer ausführen, übrigens ist es genau das was die AfD will.
ebo
15. März 2016 @ 11:28
@Johanna Was die AfD will, ist doch sehr nebulös. Mir geht es um den alten Gedanken, den schon Adenauer und De Gaulle hatten, als sie eine „Europa der (gleichberechtigten) Nationen“ forderten. Dieser Gedanke ist in allen EU-ländern selbstverständlich, nur in Deutschland nicht. Hier werden knallharte deutsche Interessen immer mit post-nationaler Rhetorik bemäntelt – siehe Merkels „europäischer Lösung“, die auf eine deutsch-türkische Achse hinausläuft.
Peter Nemschak
15. März 2016 @ 11:41
Unvermeidlich und strukturbedingt, dass in einem Staatenbund die Nationalstaaten ihre Interessen durchsetzen wollen. Die Kleinen müssen sich, um entsprechendes Gewicht zu haben, zusammentun oder sich bei einem Großen anlassbezogen anhängen.
Reinard
15. März 2016 @ 10:15
…und wir stehen am Anfang…! Ich mag mir nicht vorstellen, wie er sich weiter verändert, dieser Kadaver Europa.
Peter Nemschak
15. März 2016 @ 10:55
Warum sollte Deutschland vom Rechtspopulismus verschont bleiben? Entscheidend wird sein, wie die europäischen Eliten insgesamt in Zukunft damit umgehen werden. Wer diese Art von Populismus rechts überholen will, hat schon verloren, ebenso jene, die in Schockstarre verfallen. Die demokratische Auseinandersetzung mit ihm kann der Demokratie nur gut tun. Im übrigen scheint der Unmut auf die herrschenden Eliten (Establishment) bei den Globalisierungs- und Modernisierungsverlieren weltweit verbreitet zu sein. Anders ist der kometenhafte Aufstieg von Trump nicht zu erklären. Ein attraktives politisches Alternativprogramm fehlt da wie dort.