Politisches Risiko?

An den Märkten dreht sich die Stimmung wieder gegen den Euro. Das “politische Risiko” in Spanien und Italien habe zu Kursverlusten und höheren Spreads geführt, meldet die Finanzpresse. Gemeint ist die “Gefahr” von Neuwahlen – und einer Abkehr vom Sparkurs. Dabei braucht Euroland nichts dringender als das.

Sie nennen es “politisches Risiko”. Es klingt ja auch so einleuchtend: der Korruptionsskandal, in den der spanische Premier Rajoy verwickelt ist, könnte zu seinem Sturz und damit zu Instabilität führen.

Und der Skandal um die älteste Bank der Welt in Italien könnte dem Technokraten-Premier Monti ebenso schaden wie EZB-Chef Draghi. Wenn dann auch noch Berlusconi zurück käme – Gott bewahre!

Nein, auch ich sehne mich nicht nach Berlusconi zurück. Aber der Begriff “politisches Risiko” ist völlig unangemessen. Erstmal sind in die Skandale in Madrid und Rom ja wohl Unternehmen verwickelt, die das Geld für die angeblichen Schmiergeldzahlungen gezahlt haben.

Das wäre für mich ein “wirtschaftliches Risiko” – ebenso wie die brutale Rezession in Spanien, die sich nach den jüngsten Zahlen weiter verschärft. Auch in Italien ist es vor allem die miese Konjunktur, die die Wähler in die Arme Berlusconis treiben könnte.

Vollends absurd wird es aber, wenn Wahlen als “Risiko” für den Euro bezeichnet werden. Jeder Finanzanalyst, der noch halbwegs bei Verstand ist, sollte doch verstehen, dass eine “Sanierung” gegen das Wahlvolk nicht möglich ist.

Wahlen sind nicht nur eine demokratische Notwendigkeit, sie sind auch ein wichtiges Signal für die Wirtschaft, ob der eingeschlagene Kurs die Bürger überzeugt und trägt. Was man vom Sparkurs in Spanien gewiss nicht sagen kann…

Ich bleibe dabei: der brutale Sparkurs gehört derzeit zu den größten Risiken für die Eurozone. Und zwar nicht nur in Spanien, sondern auch in Frankreich und in den Niederlanden, wo die Hütte brennt.

Makroökonomen verlangen seit langem eine Lockerung. Wann hört die Finanzpresse endlich auf, sich auf engstirnige Analysten zu verlassen?