Klatsche für Hollande
Wie in Frankreich bei Zwischenwahlen üblich, hat die zweite Runde der „départementales“ eine Niederlage für die regierenden Sozialisten um Präsident Hollande gebracht.
Die Ohrfeige fällt allerdings schlimmer aus als üblich. Die Linke verliert historische Bastionen, vor allem in Nordfrankreich. Gleichzeitig legt die rechte UMP um Ex-Präsident Sarkozy stark zu.
Allerdings heißt dass noch längst nicht, dass „Sarko“ wieder zurück ist, wie viele deutsche Medien frohlocken. Merkels Liebling hat noch nicht ‚mal ein Regierungsprogramm.
Klar ist hingegen, dass der liberale Kurs, den Berlin und Brüssel der Regierung in Paris aufgezwungen haben, Frankreich noch tiefer in die Krise geritten hat… – Mehr hier
Peter Nemschak
30. März 2015 @ 13:49
@ Der Dicke Dass Rentenregelungen, die für Schwerarbeiter gedacht sind, sehr häufig von Beamten, auch von beamteten Führungskräften ausgenützt werden, die weder durch ihren beruf körperlich geschädigt sind noch Jobverlustprobleme dafür aber lange Versicherungszeiten hatten, ist nicht einzusehen. Das dafür aufgewendete Geld wäre besser in Bildung, Forschung und Infrastruktur investiert worden. Man kann den Sozialstaat auch übertreiben.
DerDicke
30. März 2015 @ 14:17
Beamte gehen nicht in Rente sondern in Pension, sie haben auch keine Versicherungszeiten. Wobei man auch als Beamter ohne körperliche Arbeit sehr früh dienstunfähig werden kann, dann eben aus psychischen Gründen. Ich persönlich möchte z.B. nicht bis 67 an einer Berliner Hauptschule unterrichten müssen.
Geld ist übrigens kein endliches Gut, jeder Euro zirkuliert permanent im Geldkreislauf (daher das Wort „Kreislauf“). Der Beamte bekommt sein Gehalt, tankt sein Auto voll – und voilà, plötzlich haben wir zusätzliche Einnahmen aus Mehrwert- und Mineralölsteuer. Diese könnte man z.B. in die Infrastruktur investieren falls man möchte.
Meine Fragen haben sie nicht beantwortet – wem wollen Sie das Vermögen wegnehmen (und warum, so lange wir Waren ans Ausland verschenken gibt es offensichtlich noch genug zu verteilen)? Und warum sollte Konjunkturpolitik kein Wachstum erzeugen können?
Peter Nemschak
30. März 2015 @ 16:14
Jedem Exportüberschuss steht ex definitione ein Kapitalexport gegenüber, der nicht zwingend in schlechte Investitionen (Immobilienblasen) fließen muss. Er könnte produktiv auf der Welt veranlagt werden und z.B. Pensionssysteme erhalten helfen, Beispiel: Norwegen. Wenn man Ihrer Argumentation folgt, sollten wir alle mit 40 Jahren in Rente oder Pension gehen. Wehleidig sind wir in Europa geworden. Das passt nicht zur Ambition, Weltmacht auf Augenhöhe mit den USA und China zu sein.
DerDicke
30. März 2015 @ 22:08
Es wird uns hier nicht anders als der Schweiz gehen – es zieht nie jemand Bilanz, der Grund hierfür dürfte klar sein, es will niemand einen Aufstand… ich zitiere hier einen Absatz von Flassbeck, ich hoffe das ist ok mit Quellenangabe
(Quelle: http://www.flassbeck-economics.de/die-schweiz-braucht-endlich-ein-nachhaltiges-wirtschaftsmodell-2/ )
„Viele finden die Leistungsbilanzüberschüsse jedoch gut, weil sie glauben, damit quasi Konsumreserven für spätere Notfälle anzulegen. Doch diesen Notvorrat gibt es nicht, er löst sich laufend immer wieder auf. Nehmen wir die letzten 20 Jahre. Ende 1994 hatte die Schweiz noch ein Nettoauslandsvermögen von 320 Milliarden Franken. In der Zwischenzeit haben wir Leistungsbilanzüberschüsse von zusammengerechnet 965 Milliarden angehäuft, davon 580 Milliarden durch Kapitalerträge. Doch statt auf fast 1300 ist das Nettovermögen bloss auf gut 400 Milliarden angestiegen. Die laufende Entwertung (valuation losses) hat also nicht nur sämtliche Kapitalerträge weggefressen, sondern auch noch rund drei Viertel der Handelsüberschüsse. Schlechter kann man sein Geld nicht anlegen.“
Das hat überhaupt nichts mit „Wehleidigkeit“ zu tun, sondern mit logischem Denken. Wir verschenken den Wohlstand, mit dem Euro verzichten wir auch auf die Sozialdividente welche die Aufwertung der DM brachte (günstige Importe).
Wenn man meiner Argumentation folgen würde (ich halte mich hier auch an Flassbeck) würden wir die Löhne in Deutschland um 25% erhöhen (notfalls als staatliches Bürgergeld) statt die restlichen EU-Staaten in den Bankrott zu zwingen. Die EU als ganzes braucht keinen Exportüberschuss, sondern einen ausgeglichenen Außenhandel.
Es ist eine Illusion ohne gleichen anzunehmen, man müsste nur genug Kapital exportieren und die restliche Welt arbeitet für einen während man sich im Alter zurücklehnt und dem arbeitenden Kapital zuguckt. Wenn die nämlich genug Kaptial importiert haben sind sie Zahlungsunfähig. Nur ein ausgeglichener Außenhandel kann auf die Dauer bestehen, ist das so schwer zu begreifen? Dauerhaftes Defizit = PLEITE. Dauerhafter Überschuss = massive Verluste durch die Pleite der anderen.
GS
30. März 2015 @ 12:57
Ich denke, Hollande hat keine Chance auf Wiederwahl, solange es nicht in Wahlnähe zu einem Event kommt, dass die Stunde der Exekutive schlagen lässt. Ansonsten wirkt er einfach zu plan- und ideenlos, wie ein echtes Leichtgewicht.
Peter Nemschak
30. März 2015 @ 12:37
@ ebo Trotzdem wird die Erholung im Norden, auch in den Niederlanden und Finnland, schneller greifen als im Süden. Was soll Staaten veranlassen, ihr nationales Interesse hinter das Gemeinschaftsinteresse stellen? Das Hemd ist den Nationalstaaten nach wie vor näher als der Rock der Gemeinschaft. Die europäische Identität ist eine subsidiäre. Daran wird sich so schnell nichts ändern, außer alle Mitglieder der EU können davon überzeugt werden, dass dem nationalen Interesse am besten durch Verfolgung des Gemeinschaftsinteresses gedient ist. Halten Sie das für realistisch, außer nach einer großen gemeinsamen Katastrophe?
Peter Nemschak
30. März 2015 @ 09:44
Frankreich ist nicht noch tiefer in die Krise gerutscht, aber seine Linke ist es. Der Kurs Hollandes war seit seinem Amtsantritt alles andere als geradlinig: vom Kapitalistenschreck zum mäßig überzeugten Kooperationspartner der Wirtschaft. Es ist eine Frage der Glaubwürdigkeit. Die französische Linke ist jedenfalls nicht mit der sozialdemokratischen SPD vergleichbar. Eine Koalitionsregierung der französischen Linken mit den Konservativen wäre undenkbar. Ideologische Scheuklappen statt weltoffener Pragmatismus sind ihr Markenzeichen.Im Grunde bleibt Frankreich ein politisch gespaltenes Land, links wie rechts konservativ.
ebo
30. März 2015 @ 09:52
Hier geht es nicht nur um eine politische Krise. Hier geht es auch um eine Wirtschafts- und Sozialkrise, die durch falsche europapolitische Entscheidungen (Austerität vor Wachstum, Ost- vor Südeuropa etc.) verschärft wurde. Hollande zahlt nun den Preis dafür, dass er sich nicht gegen Merkel durchsetzen konnte. Sarko ist dies übrigens zuletzt auch nicht mehr gelungen…
Peter Nemschak
30. März 2015 @ 10:12
Die Keynesianer glauben durch Konjunkturpolitik Wachstum erzeugen zu können und vergessen, dass eine schrittweise Entschuldung und tiefgreifende schmerzhafte Reformen notwendig sind, angefangen mit einer Umschichtung von den Alten zu den Jungen. Eine Politik der perspektivenlosen Bequemlichkeit, es jedem recht machen wollend, ist der falsche Weg in die Zukunft. Mark Lilla hat in seinem jüngsten Beitrag in der NZZ vom 23.3. „Eine Weltordnung ohne Europa“ recht, wenn er den Mangel an europäischem Selbstbewusstsein hervorhebt, der Europa daran hindert zur Weltmacht zu werden.
ebo
30. März 2015 @ 10:24
Ich spreche nicht von Konjunkturpolitik sondern von einem anderen policy mix. Bereits bei der Wahl Hollandes war absehbar, dass der Merkel_Mix nur Deutschland, Österreich und meinetwegen der Slowakei und Polen nützt, nicht aber dem Gros der Eurozone. Die Niederlande und Finnland sind seither weit mehr abgeschmiert als Frankreich, Italien wird zunehmend hoffnungslos.
DerDicke
30. März 2015 @ 11:56
Mann Peter…
1. warum sollte Konjunkturpolitik kein Wachstum erzeugen? Unter dem Strich ist es egal, vom wem Waren und Dienstleistungen nachgefragt werden. Oder wo liegt der Unterschied ob Siemens ein Bürogebäude oder der Staat ein Finanzamt sanieren lässt genau aus der Sicht des Fliesenlegers, der für seine Beschäftigten ein halbes Jahr lang eine sichere Arbeit hat? Der Staat ist einer von vielen Marktakteuren.
2. Entschuldung = Abbau der Vermögen. Die Summe der Schulden = Die Summe der Vermögen. An wessen Vermögen wollen Sie genau ran, und warum? Warum sollen „die Alten“, die dieses Land aufgebaut haben nun um die Früchte ihrer Arbeit betrogen werden? Ich bin persönlich eher einer von „den Jungen“, sehe aber nicht ein, warum mein Vater nach 45 Jahren harter körperlicher Arbeit nicht seinen verdienten Ruhestand genießen soll. Zumal wir mehr als genug produzieren um alle mitzuversorgen, wir produzieren sogar so viel, dass wir einen guten Anteil davon ans Ausland verschenken müssen (die Forderungen ans Ausland sind wertlos, siehe auch Importe und Exporte – ohne Importüberschuss Deutschlands muss sich das Ausland permanent bei uns neu verschulden).
Peter Nemschak
30. März 2015 @ 20:18
Zugegeben, den Griechen geht es wirtschaftlich nicht gut, aber immerhin um einiges besser als den Rumänen und Bulgarien. Vielleicht könnten Sie ihre sozialpolitischen Ambitionen auf alle in Frage kommenden Gruppen in der EU ausdehnen, um sich den südeuropäischen Bias-Vorwurf zu ersparen.