Vertrauen verspielt II

Zwei Wochen nach Beginn der umstrittenen Freihandelsrunde mit den USA denkt die EU auch ‚mal an die Bürger. Doch deren Vertrauen ist durch die Spionage-Affäre längst erschüttert. Selbst die Industrie macht sich langsam Sorgen.

Vergesst Prism und die Internet-Überwachung, freut Euch über neue Wachstumschancen: Unter diesem Motto hat die EU-Kommission eine Charmeoffensive zum umstrittenen Freihandelsabkommen mit den USA gestartet.

Doch nach einem ersten Treffen in Brüssel zeigten sich Umweltschützer, Gewerkschafter und Menschenrechtler unzufrieden: Die Industrielobby dominiere die Agenda, die EU sei nicht zu Garantien beim Verbraucherschutz bereit.

„Der Chlorhühnchen-Streit ist noch lange nicht gegessen“: So fasste J. Knirsch von Greenpeace seinen Eindruck nach dem Treffen der Kommission mit der Zivilgesellchaft zusammen.

An der illustren Runde hatten am Dienstag mehr als 150 Vertreter von Nichtregierungs-Organisationen (NGO) teilgenommen. Die meisten kamen aus der Industrie, Umwelt- und Verbraucherschützer waren in der Minderheit.

Die Brüsseler Behörde habe sich die Sorgen der NGO-Vertreter zwar angehört, so Knirsch, jedoch nur ausweichend geantwortet. Dabei hatten die Umwelt- und Verbraucherschützer ihre Forderungen bereits im Juni formuliert, also vor dem Start der Gespräche.

Das Importverbot von chlorbehandelten Hühnchen made in USA ist dabei nur einer von vielen Knackpunkten.

Die EU-Kommission kündigte zwar an, die europäischen Verbraucherschutz-Standards zu wahren und das Vorsorge-Prinzip zu achten. Doch verbindliche Zusagen machte sie nach Angaben von Teilnehmern nicht.

Dabei waren bei der ersten Freihandelsrunde in der vergangenen Woche in Washington alle sensiblen Themen auf den Tisch gekommen – auch der Verbraucherschutz. Die ausweichenden Antworten nähren nun das Misstrauen der Experten.

Man werde nur nachträglich informiert und habe – anders als in den USA – keinen Einfluß auf die Verhandlungen, klagten die Vertreter der Zivilgesellschaft.

Die Vertrauensschwund sorgt mittlerweise sogar die Industrie. Mittelbar wirke sich die Überwachung durch die NSA auf die Freihandelsrunde aus, so ein BDI-Vetreter in der „FAZ“.

Vielleicht hätte man doch besser auf Grüne, Linke und Sozialdemokraten m Europaparlament gehört – die hatten eine Verschiebung bis zur Aufklärung der Spionageaffäre gefordert…

Siehe auch „Es ist noch nicht zu spät“ und Vertrauen verspielt“ (Teil 1)