Neuer Machtkampf um die Ukraine
Es soll ein „positiver Moment sein“, der zweitägige EU-Ukraine-Gipfel in Kiew. In Wahrheit geht es dem vom Westen „befreiten“ Land schlecht. Und die USA und die Nato machen der EU die Vorherrschaft streitig.
Viel zu feiern gibt es nicht beim Gipfel. Okay, das Assoziierungsabkommen mit der EU steht. Die Visa-Liberalisierung kommt. Doch die von der EU und vom IWF geforderten Reformen kommen nicht voran.
Gerade ist die stellvertretende Leiterin der Anti-Korruptions-Einheit in einen Korruptionsskandal verwickelt. Sie hat für „Peanuts“ Staatsbesitz gekauft, meldet die „Kiev Post“.
Die Vetternwirtschaft ist so schlimm, dass der IWF mal wieder eine Hilfszahlung gestoppt hat. Auch andere Reformen kommen kaum voran. Und die, die umgesetzt werden, haben die Lage kaum verbessert.
Die Chefin der Oppositionspartei „Batkiwschtschina“, Ex-Regierungschefin J. Timoschenko, warnt vor Ausverkauf und Zerfall. Der liberale „Globalist“ sieht die Ukraine in einer „Abwärts-Spirale“.
Angesichts der neoliberalen Schocktherapie kommt das nicht überraschend. Erstaunlich ist allerdings, dass sich EU, Nato und USA nun erneut um das Land streiten – fast wie nach dem Maidan-Umsturz.
„Fuck the EU“, rief damals die US-Diplomatin Nuland aus. Nun hat Außenminister Tillerson die Führung übernommen. Die USA haben sogar erstmals einen Sonderbeauftragten für das Land ernannt.
Auch die Nato buhlt um die Ukraine. Generalsekretär Stoltenberg war gerade in Kiew, um die unverbrüchliche Treue zu schwören. Derweil bereitet sich die Regierung auf den Nato-Beitritt vor.
Und was macht die EU? Sie dürfte auf ihrem Gipfel neue Finanzhilfen freigeben. Mit dem Machtkampf um die neue westliche Einflusszone hat das natürlich nichts zu tun, oder?
Peter Nemschak
15. Juli 2017 @ 09:25
@ebo die sogenannte Mainstream-Version ist etwas für jene, die nicht nachdenken. beide Großmächte versuchen, was nicht neu ist, die EU-Mitglieder gegeneinander auszuspielen. Trotzdem verbindet uns mit den USA mehr als mit Russland.
hintermbusch
14. Juli 2017 @ 09:30
@ Winston
Da kann ich nicht widersprechen. Die Arroganz, mit der Merkel (und fast das gesamte deutsche Establishment, das sie stützt) auch die sachlich berechtigte Kritik aus dem Ausland abtropfen lassen und ihrerseits mit der Moralkeule gegen die halbe Welt (UK, USA, Polen, Ungarn, Russland,) beantworten, weckt einfach ungute Erinnerungen und steht außerdem in eklatantem Widerspruch zu allem, was es noch vor 10 Jahren als alleinseligmachend verkauft hat.
Ich warte inzwischen auf den Tag, an dem Angela Merkel mit einer Pickelhaube auf einem Gipfel auftritt. Diese Frau hat wie kein bundesdeutscher Politiker zuvor alles abgewrackt, was sie offiziell vertreten hat. Möglich war das auch deshalb, weil die Opposition nicht mehr existiert bzw. strunzdumm ist. Es sind nur traditionelle Mitte-Politiker im Ruhestand, die noch fundierte Kritik auf die Beine bringen. Das verträumte Geschwafel der meisten Oppositionspolitiker ist dagegen offen oder durch die Hintertür Wasser auf Merkels Wohlfühl- und Verdummungsmühlen. Einfach gespenstisch.
Winston
14. Juli 2017 @ 05:49
Ein Konflikt zwischen deutsches Europa und den USA wird es demnächst imho nicht nur in Osteuropa geben.
Die Euro-Zone, sprich das deutsche Europa, wird so wie es momentan konzipiert ist kein bestand haben. Im Gegensatz zum friede-freude-eierkuchen sozialisten Hollande scheint das Macron ganz genau zu wissen. Macron ist kein Ökonomischer Laie wie Hollande. Die Interessen Macrons und Merkels laufen diametral auseinander.
Sollte Trump in den USA Erfolg haben, sind die Tage des Euros gezählt.
Den Brexit lassen wir mal aussen vor.
Uns was macht Merkel ? Offensichtlich will sie ne weitere EU Erweiterung, sprich ne Anbindung der Balkanstaaten an die EU. Die EU ist ne einzige Baustelle und Merkel denkt über ne weiter EU Erweiterung nach. Ein Geber Land geht, UK und 5 weiter Nehmer Länder kommen hinzu. Wunderbar.
hintermbusch
13. Juli 2017 @ 22:45
Der Besuch Trumps in Polen spricht Bände. Und das alles ist natürlich nicht Trumps persönliche Politik. George Friedmann hat Polen schon jahrelang in den höchsten Tönen gelobt und zur kommenden Macht in Zentraleuropa erklärt.Auch im deutschen Polen-Bashing ist die Moral natürlich nur eine kommode Fassade.
Es spricht weiterhin viel für die These von Emmanuel Todd, dass es in Osteuropa nicht nur einen Konflikt zwischen dem „Westen“ und Russland gibt, sondern auch einen zwischen dem deutschen Europa und den USA. Die Frage ist nur, welcher der wichtigere ist und welcher zuerst ausgefochten wird:
https://hintermbusch.wordpress.com/2017/04/06/ein-deutsch-amerikanischer-konflikt/
Peter Nemschak
14. Juli 2017 @ 16:17
Die USA haben seit eh und je die einzelnen Mitglieder der EU auszuspielen versucht. Das ist nicht neu, auch nicht, dass zwischen Deutschland und den USA in Europa ein Konkurrenzverhältnis besteht
ebo
14. Juli 2017 @ 18:17
Ach ja? Die Mainstream-Version ist, dass die USA die großen Freunde der EU sind, und das Russland versucht, die Mitglieder gegeneinander auszuspielen. Wo steht eigentlich Österreich? Auf Seiten Deutschlands wohl nicht mehr…
Rudi Ehm
13. Juli 2017 @ 18:30
Ein guter Tausch: Großbritanien raus und Ukraine rein. Ein Schnäppchen. Und die Friedensunion hat dann auch eine Friedensgrenze im Osten.
Peter Nemschak
13. Juli 2017 @ 20:16
Davon sind wir meilenweit entfernt. Die Ukraine ist ein Teil der Sicherung des Vorfelds zu Russland. Es geht um die Außengrenze der EU. Mentaltätsmäßig gehört jedenfalls die Westukraine zum Westen. Über den Osten wird man streiten. Es hängt letztlich vom Durchsetzungswillen der EU ab, der meines Erachtens zu wünschen übrig lässt.
Peter Nemschak
13. Juli 2017 @ 17:02
Dass sich die diversen Mächte und Interessengruppen um Einfluss in der EU streiten verwundert nicht. Die wirtschaftliche Situation des Landes hat nichts mit neoliberal zu tun, sehr wohl aber mit dem korrupten Erbe aus Sowjetzeiten, das auch in Russland spürbar ist. In beiden Ländern ist der Weg zu einer liberalen Demokratie noch ein weiter.
F.D.
13. Juli 2017 @ 12:22
„Und was macht die EU? Sie dürfte auf ihrem Gipfel neue Finanzhilfen freigeben. Mit dem Machtkampf um die neue westliche Einflusszone hat das natürlich nichts zu tun, oder?“ – Wäre es Ihnen denn wirklich lieber, die EU gäbe keine weiteren Finanzhilfen frei und hielte sich aus dem beschriebenen Machtkampf heraus? Die USA und die NATO würden sich darüber sicherlich freuen. Gut für EUropa ist das eher nicht so, denn USA und NATO drehen in der Ukraine an der Eskalationsschraube.
Pjotr56
13. Juli 2017 @ 12:13
J. Timoschenko, in der Ukraine liebevoll auch „Gasprinzessin“ genannt, zu zitieren, solltest du dir verkneifen. Zu unseriös und korrupt, die Dame. Als sie 2014 auf die Maidan-Bühne rollte, herrschte Schweigen auf dem Platz.
ebo
13. Juli 2017 @ 12:16
Ok, aber der „Globalist“ sagt im Kern dasselbe…