Neue deutsche Frage

Für Kanzlerin Merkel ist es ein ganz normaler Antrittsbesuch in Brüssel. Doch für Kommissionschef Juncker und viele Beobachter geht es um mehr: um die Macht in Europa. Wer regiert die EU – Brüssel oder Berlin?

Meine Position ist klar: Berlin ist längst zur (un-)heimlichen Hauptstadt Europas aufgestiegen. In Berlin, nicht in Brüssel, wurde der Streit mit Athen geregelt, zu deutschen Bedingungen.

Zwar haben Merkel und Finanzminister Schäuble ein paar Konzessionen gemacht, vor allem beim griechischen Primärüberschuss. Doch zuvor haben sie Junckers Deal durchkreuzt.

Merkels Besuch in Brüssel ist daher weniger ein Antritts-, als eine Art Kontrollbesuch: “Ich wollte mal sehen, ob alles nach unseren Regeln läuft”, könnte Mutti zu Jean-Claude sagen.

Dass da ein Machtkampf läuft, sieht neuerdings sogar die “tagesschau”. Zitat:

Der Besuch ist ein Test für beide Seiten. Mit Kommissionspräsident Juncker ringt Merkel in Europa um die Macht.

Auch “Libération” beschäftigt sich mit der neuen deutschen Frage. “Deutschland, die Ungeliebte in Europa” heißt J. Quatremers lesenswerter Beitrag.

Darin weist er darauf hin, dass für Berlin vor allem die Regeln zählen, die eingehalten werden müssten. Dass sie – angefangen beim Lissabon-Vertrag – in Berlin formuliert wurden, sagt er nicht.

Das habe ich jedoch in einer langen Analyse in den “Blättern für deutsche und internationale Politik” herausgearbeitet. Titel: “Europa tickt deutsch” – der Text steht hier.