Neoliberales Rollback

In Brüssel kehrt langsam wieder Business as usual ein. Die Eurokrise scheint abgehakt, neue EU-Gesetze sind wegen der ablaufenden Legislatur kaum noch zu erwarten. Ohne die neue Regierung in Berlin läuft ohnehin nichts, oder? Irrtum! Brüssel ist Schauplatz eines gigantischen Rollbacks.

Im Kalten Krieg bezeichnete „Rollback“ den Versuch des Westens, den Einfluss der Sowjetunion zurückzudrängen und der westlichen „Freiheit“ Bahn zu brechen.

Ähnliches ist derzeit in der EU im Gange. Was früher die Sowjetunion war, ist heute der Sozialstaat, und was früher der Westen war, ist heute ein Bündnis der Neoliberalen.

Nur die Rhetorik hat sich nicht geändert. Immer noch gilt es, Bürokratie und „Planwirtschaft“ zu beseitigen und der „Freiheit“ Bahn zu brechen – natürlich nur der wirtschaftlichen.

Das neoliberale Rollback findet auf drei Ebenen statt:

  1. Eurozone: Im Namen von „Konsolidierung“ und „Wettbewerbsfähigkeit“ findet ein massiver Sozialabbau statt. Nachdem er bisher „nur“ die Krisenländer betraf, sollen nun alle Euroländer dran glauben – mit Merkels „Reformverträgen“ (siehe: Angies verflixte Agenda).
  2. Freihandel: Im Namen von „Wettbewerb“ und „Wachstum“ wollen die US und die EU alle „unnötigen“ Barrieren niederreißen. Das bringt nicht nur Sozialstandards in Gefahr, sondern – über Investorabkommen – auch die Demokratie (siehe: Gemeinsam die Welt regulieren).
  3. Bürokratieabbau: Im Namen der „Freiheit“ der Unternehmen hat der britische Premier Cameron eine Initiative gestartet, die die EU auf eine „Pro-business-Agenda“ festlegen soll. Hauptziel: die (ohnehin unzureichenden) EU-Sozialgesetze (siehe: Soziales Europa adé).

All dies findet hinter dem Rücken der nationalen Parlamente und der Bürger statt. Nichts davon steht zur Debatte oder gar zur Wahl, alles geschieht mit Hilfe und auf ausdrücklichen Wunsch von Kanzlerin Merkel.

Noch vor der Europawahl im Mai möchten Cameron, Merkel & Co. Fakten schaffen. Vor allem beim Freihandel haben sie es eilig. Schon im Frühjahr soll die neoliberale Agenda stehen, am Ende ist eine weltweite Deregulierung geplant.

Und was setzen die EU-Abgeordneten dem entgegen? Bisher verdammt wenig. Gerade erst haben sie einem Sparbudget für die EU zugestimmt. Es war bisher der größte Triumph für Cameron

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