Nachruf auf die Bankenunion (II)

Bekommt Europa doch noch eine Bankenunion? Kurz vor dem EU-Gipfel zeichnet sich eine Einigung nach deutschen Vorgaben ab. Doch die „Union“ kommt erst in 10 Jahren. Zudem werden wohl neue Verträge fällig – was als Rezept gegen die Krise gedacht war, schafft neue unkalkulierbare Risiken.

Auch die Bankenunion spricht deutsch. Dies zeichnet sich nach einer Mammutsitzung der EU-Finanzminister in Brüssel ab, aus der der deutsche Kassenwart Schäuble als strahlender Sieger hervorgegangen ist.

Man habe sich auf ein „allgemeines Verständnis“ über die Grundzüge der Bankenunion geeinigt, sagte Schäuble nach stundenlangen Beratungen sichtlich erleichtert. Zuvor hatte er die Bedingungen diktiert.

In dem zehnseitigen Entwurf heißt es etwa, dass nicht wie zunächst geplant die EU-Kommission das letzte Wort über die Schließung einer Bank hat, sondern im Zweifelsfall die EU-Staaten, also Berlin.

Schäuble schützt deutsche Banken

Genau das hatte Schäuble gefordert. Er weigert sich, die Kontrolle über die deutschen Banken abzugeben – selbst wenn sie massiv im EU-Ausland engagiert sind und sich dort verzockt haben.

Zudem fallen nicht alle 6000 Eurozonen-Banken unter die Kompetenz einer neuen Abwicklungsagentur, sondern nur die etwa 380 größten Geldhäuser. Damit werden die deutschen Sparkassen ausgenommen.

Im Gegenzug musste Schäuble sich zwar mit der Schaffung eines neuen Abwicklungsfonds abfinden. Die Banken sollen rund 55 Mrd. Euro einzahlen, um für neue Krisen gewappnet zu sein.

Der Abwicklungsfonds ist viel zu klein

Der Steuerzahler sollen nicht mehr den Kopf hinhalten müssen – wie noch in Irland und Spanien, wo deutsche Banken besonders große Risiken eingegangen waren (und von Berlin rausgehauen wurden).

Doch auch der neue, unterdimensionierte Fonds (er erreicht 2023 gerade mal ein Prozent der bisher bewilligten Bankenhilfen) ist nicht wirklich europäisch, er untersteht wohl nicht einmal EU-Recht.

Vielmehr soll er aus nationalen Töpfen aufgebaut werden. Erst in zehn Jahren soll aus diesem Netzwerk ein Gemeinschaftsfonds entstehen. Vorher sollen die beteiligten Staaten aber noch einen neuen Vertrag schließen.

Schon wieder neue Verträge

Nach dem umstrittenen Fiskalpakt würde Berlin damit zum zweiten Mal eine wackelige zwischenstaatliche Vereinbarung schaffen – EU-Kommission und Europaparlament blieben außen vor.

Unklar ist noch, ob alle EU-Staaten diesem Kompromiss zustimmen. Während sich Frankreich zufrieden zeigte, haben Italien und Spanien noch Bauchschmerzen.

Sie wollten das gefährliche Band zwischen Banken und Staaten sofort zerschneiden, und nicht erst in zehn Jahren. Stattdessen wird es nun erstmal gestärkt.

Auch EZB-Präsident Draghi hat vor einer „Renationalisierung“ des Bankensektors gewarnt. Die Entscheidung soll nun auf einer Sondersitzung fallen – kurz vor dem EU-Gipfel Ende nächster Woche.

Eine gefährliche Mogelpackung

Fest steht aber schon jetzt: Dies ist eine Mogelpackung. Auch künftig bleibt ein „präventives“ Bailout auf Kosten der Steuerzahler möglich. Und das „Bail-In“ hat sich in großem Stil noch nirgendwo bewährt.

Zudem fehlt der „Backstop“ für den Fall, dass Eigner, Gläubiger und Staaten mit einer Bankenkrise überfordert sind. Die geplante Rekapitalisierung durch den Rettungsfonds ESM ist verschwunden.

Eigentlich war die Bankenunion als Versicherung gegen die Bankster und ihre riskanten Geschäfte gedacht. Statt dessen lässt sich die EU nun auf ein Experiment mit ungewissem Ausgang ein – Schäuble und die SPD sei dank…

Siehe zu diesem Thema auch „Schäuble & SPD = Nationalismus“ sowie „Nachruf auf die Bankenunion“ (Teil 1)