Nach dem ESM

Während Deutschland noch über die Folgen des ESM-Urteils in Karlsruhe diskutiert, schafft die EU schon neue Tatsachen. EU-Kommissionspräsident Barroso plant eine “Föderation der Nationalstaaten”, Binnenkommissar Barnier legte seinen Entwurf für die Bankenunion vor. Gleichzeitig beruft Eurogruppenchef Juncker den ESM-Gouverneursrat ein. Ab sofort soll alles ganz schnell gehen.

Juncker und die anderen Euro”retter” haben es eilig. Sie wollen den ESM einsetzen, und zwar so schnell und so flexibel wie möglich. Aus dem Euro-Rettungsfonds soll nicht nur das Geld für die bereits beschlossene Stützung spanischer Banken kommen.

Der ESM soll bald auch Staatsanleihen kaufen – und dann gemeinsam mit der Europäischen Zentralbank den Spekulanten an den Finanzmärkten die Stirn bieten. Außerdem soll der ESM künftig angeschlagenen Banken unter die Arme greifen – sobald die neue Bankenunion steht, die die EU-Kommission gestern vorgeschlagen hat, soll es losgehen.

Dass Deutschland seine Haftung auf 190 Mrd. Euro begrenzen will, könnte bei diesen hochfliegenden Plänen hinderlich sein. Auch dass das Bundesverfassungsgericht in der noch ausstehenden Hauptverhandlung die Rolle der EZB beleuchten will, dürfte manchen Euroretter stören.

Denn aus Brüsseler Sicht sind ESM und Fiskalpakt längst nicht mehr die zentralen Grundsteine einer neuen „Stabilitätsunion“, als die sie Kanzlerin Angela Merkel noch im Frühjahr gepriesen hat. Sie sind nur noch kleine Puzzlestücke in einem viel größeren Bauwerk.

Wohin die Reise gehen soll, hat Kommissionschef Barroso in einer Grundsatzrede vor dem Europaparlament umrissen: Er will die EU zu einer „Föderation der Nationalstaaten“ umbauen und dazu die EU-Verträge ändern.  Die EU-Kommission würde dabei natürlich eine zentrale Rolle einnehmen.

Auch die EZB würde mehr Macht bekommen, da sie die Bankenunion überwachen soll. Und was wird aus dem ESM? Er könnte eines Tages zu einem Europäischen Währungsfonds mutieren – wenn Karlsruhe weiter mitspielt. Das ist allerdings, folgt man dem Herdentrieb, alles andere als sicher.  

Nach dem ESM richtet sich der Fokus nun also auf die EZB – und auf den Umbau der EU. Die große Gefahr ist, dass die Demokratie dabei ein weiteres Mal auf der Strecke bleibt…