Müssen wir diesen Club lieben?
Die EU leidet unter einem massiven Vertrauensverlust, Experten sehen sie vor der Europawahl auf der Kippe. Doch Ratspräsident Van Rompuy scheint dies nicht zu stören. Die „Liebe“ zur EU sei zur „Notwendigkeit“ geworden, sagt er in einem Interview mit der „Süddeutschen“. Wie bitte?
Van Rompuy ist der Mann, der den Rat leitet und die Gipfel organisiert – über die Köpfe der Bürger hinweg (gewählt ist er nicht). Die „SZ“ macht aus diesem wenig glamourösen Strippenzieher-Job etwas ganz Tolles.
Ein Philosoph und Löwendompteur sei Van Rompuy, heißt es im Begleittext zum Interview. Die Löwen sind offenbar die Staats- und Regierungschefs, die er im Zaum hält. Die Philosophie ist wohl die des Sisyphos.
Denn an keiner Stelle des ganzseitigen Interviews kommt Begeisterung oder gar Leidenschaft für Europa und die EU zum Ausdruck. Im Gegenteil: „Es gab niemals Leidenschaft“, räumt Van Rompuy ein.
„Nicht länger positiv“
Die meisten Menschen sähen EUropa „nicht länger positiv“, fügt er lakonisch hinzu. Aber das sei normal. Schließlich sei die EU in unseren Alltag übergegangen, und da werde es eben „immer schwieriger“.
Dennoch seien wir gezwungen, die EU zu lieben, wenn wir nicht all ihre Errungenschaften verlieren wollen – Abschaffung der Zölle, Wegfall der Grenzen, freie Märkte etc. pp.
Es ist also eine Einsicht in die Notwendigkeit, die uns der Westentaschen- Philosoph da schmackhaft machen möchte. Doch bei ihm klingt es wie eine selbst geschaffene Unmündigkeit.
Denn Van Rompuy, der von Kanzlerin Merkel eingesetzt wurde, zeigt an keiner Stelle demokratische oder freiheitliche Perspektiven auf. Er zieht auch keine Lehren aus Finanz- und Eurokrise, im Gegenteil.
„Die Märkte waren mit im Raum“
„Am Anfang der (Euro-)Krise hatten wir oft den Eindruck, die Märkte seien mit im Raum gewesen“, sagt Van Rompuy – und lässt es einfach so stehen, ohne einen Gedanken darauf zu verschwenden, ob sich dies ändern ließe.
Die Vertrauenskrise möchte der Flame lösen, indem die proeuropäische Parteien die EU „vehement verteidigen“. Doch wie kann man ein Gebilde verteidigen, das sich den Märkten unterwirft?
Und wie kann man eine Union lieben, die nur noch um ihr selbst willen weitermacht – weil es eben so sein muss, auch wenn sie „nicht länger positiv“ erscheint?
Meine Antwort ist klar: Nur wenn Van Rompuy und seinesgleichen endlich abtreten und wahrhaft überzeugte (und überzeugende) Europäer das Ruder übernehmen, lässt sich die EU (vielleicht) noch retten…
Siehe auch: Niemand liebt diesen Binnenmarkt
Andres Müller
23. April 2014 @ 20:08
Was die Bürger vieler EU-Staten anbetrifft, so weiss ich nicht recht ob jemand etwas lieben kann das nicht demokratisch gewählt wurde -aber plutokratisch elitär von einer handvoll transatlantischen Politiker geschaffen und dann eilig verordnet wurde.
Ich weiss nur dass ich als Schweizer Europa als Idee zuerst sehr liebte, dann aber von deren eher antidemokratischen Konstituierung überrascht war, dann die Mitgliedschaft der Schweiz demokratisch leider dankend ablehnte (wer will schon freiwillig auf sein Stimmrecht verzichten oder freiwillig die diversen Maastricht Verstösse zugunsten reicher Finanzmarkt -Banditen ignorieren müssen)
anamprema
22. April 2014 @ 23:43
NEIN, ich muss doch keine künstliche Institution lieben?
Wenn ich liebe, dann die Menschen, die Natur, Gott.
Die EU ist von ANFANG an nicht legal gewählt,
sie ist ein künstliches Konstrukt und wird
(lieber) früher als später zusammenbrechen.
Sie ist unehrlich, sie ist korrupt, sie ist entwürdigend, etc. etc.
und EINS ist sie eben nicht
LIEBE.
LIEBE kann NIEMALS per ZWANG verordnet werden,
liebe IST
FREI und SOUVERÄN!!!
NemschakPeter
23. April 2014 @ 11:03
Was unterscheidet die Nationalstaaten von der EU hinsichtlich der von Ihnen erwähnten negative Eigenschaften? Sind Nationalstaaten gewählt oder vielmehr Ergebnis einer historischen Entwicklung? Das Wort Liebe ist überhaupt unpassend, was Institutionen betrifft. Was Van Rompuy möglicherweise meinte: Fühlen Sie sich als Europäer(in) oder als bloße Angehörige(r) eines Nationalstaates oder als beides? Mehrere Identitäten sind nicht ungewöhnlich und nichts Schlechtes.
Peter Nemschak
22. April 2014 @ 09:17
Damit Investoren fälschlicherweise Euro-Staatsanleihen als risikolos betrachten, bedarf es keines Beschlusses der Eurogruppe. Sehr wohl haben die Regierungen der EU-Mitglieder zugelassen, das der Euro trotz massiver Konstruktionsfehler eingeführt wurde. Was soll eine eigene Ratingagentur? Wird davon die Einschätzung der Investoren besser? Es würde reichen, standort- und wachstumsfreundliche Bedingungen in der EU zu schaffen. Wachstum lässt sich weder dekretieren noch durch Schulden oder Protektionismus gegenüber den aufstrebenden Entwicklungsländern erzeugen.
Tim
21. April 2014 @ 20:09
Doch wie kann man ein Gebilde verteidigen, das sich den Märkten unterwirft?
Bitte nicht vergessen: Die EU-Krise begann, als dieses Gebilde beschloß, sich eben NICHT den Märkten zu unterwerfen, sondern den großen Finanzakteuren unwiderstehliche Angebote zu machen.
Würden die EU-Staaten marktwirtschaftliche Prozesse auch bei ihrer eigenen Finanzierung akzeptieren und zudem das Subsidiaritätsgebot wirklich leben, gäbe es heute keine Vertrauenskrise.
Die ganze heutige EU-Struktur müßte eigentlich schnellstmöglich weg auf den Müllhaufen der Geschichte, aber leider gibt es bei weitem zu viele Nutznießer.
ebo
21. April 2014 @ 20:18
Die Krise begann doch wohl in Griechenland Ende 2009, sowie mit den Wetten gegen die PIGS (Portugal, Italien, Griechenland, Spanien). Was waren denn da die „unwiderstehlichen Angebote“?
Tim
21. April 2014 @ 21:05
Äh, nein. Die Krise begann in dem Moment, als die weise Euro-Gruppe beschloß, daß Euro-Staatsanleihen für Investoren nicht als Risiko zu betrachten sind. Ein unwiderstehliches Angebot für Haifische aller Art.
ebo
21. April 2014 @ 23:27
Kann man so sehen. Es gab dazu aber keinen Beschluss der Eurogruppe. Meines Wissens haben die Ratingagenturen so entschieden, also die Leithammel der Märkte. Und das sind von der EU unabhängige Amerikaner. Eine eigene Ratingagentur hat die EU ja bekanntlich nicht hinbekommen…
Tim
22. April 2014 @ 09:38
Doch, in der EU-Eigenkapitalrichtlinie von 2006 wurde genau dies beschlossen. Ich meine, auch vorher gab es schon einen entsprechenden Beschluß der Euro-Gruppe, aber auf die schnelle habe ich nichts dazu gefunden.
rundertischdgf
21. April 2014 @ 17:15
Es funktionieren weder die EU, noch Deutschland, noch unsere Abgeordneten, sonst würden sie diesen Landraub unterbinden! http://rundertischdgf.wordpress.com/2014/04/21/landgrapping-eine-goldgrube-fur-landpiraten-finanzhaie-und-oligarchen/
Claus
21. April 2014 @ 15:49
Schickt diese undemokratischen Leute wie Barroso und van rompuy endlich in die wüste.