Merkels merkwürdiges Mandat
Kanzlerin Merkel hat Frankreichs Macron versprochen, gemeinsam einen neuen Kampfjet zu entwickeln. Bei der Reform der Eurozone dagegen steht sie auf der Bremse. Die Begründung wirkt vorgeschoben.
Deutschland und Frankreich hätten das gemeinsame Ziel, die Zusammenarbeit in der Währungsunion zu vertiefen, sagte Merkel nach Angaben von SPON bei einem Besuch in Paris.
Allerdings brauche sie für größere Schritte ein Mandat des neuen Parlaments nach der Bundestagswahl. “Das kann ich nicht im luftleeren Raum machen”, so die CDU-Chefin.
Was will sie uns damit sagen? Noch steht die GroKo, und die Sozialdemokraten hätten gewiß nichts gegen einen gemeinsamen Finanzminister oder ein Euro-Busget, wie es Macron fordert.
Das haben Schulz & Co. nämlich schon wiederholt betont. Das Problem liegt offenbar bei CDU/CSU bzw. bei der FDP, die sich vor der Wahl nicht festlegen bzw. (wie die FDP) blockieren wollen.
Merkel hält sich und ihren Freunden eine Hintertür offen. Doch wieso, bitteschön, braucht sie für einen neuen Kampfjet dann kein Mandat? Kann sie, wenn es ums Militär geht, allein entscheiden?
Diese Frage stellt sich auch der grüne Europaabgeordnete R. Bütikofer. Zitat:
„Es ist erstaunlich, dass Frau Merkel mit Präsident Macron schon Verabredungen über die Rüstungspolitik der nächsten Bundesregierung trifft, bevor die Wähler entscheiden konnten, wer diese Bundesregierung bildet und welche Sicherheitspolitik sie verfolgen soll.”
Korrekt. Es sei denn, die Wähler sollen gar nicht (mehr) entscheiden, wer die Regierung bildet und welche Sicherheitspolitik nach der Wahl verfolgt wird…
Siehe auch “Merkels Hidden Agenda” und “Der liberale (Alp-)Traum”
Peter Nemschak
14. Juli 2017 @ 08:49
Die Haltung ist aus ihrer Sicht logisch nichts spricht gegen die Entwicklung eines gemeinsamen Kampfjets, jedoch ist Zurückhaltung geboten bei Maßnahmen, die in Richtung Transferunion (ein linker Wunschtraum) führen. Die Mehrheit der Nettozahler will keinen transnationalen Finanzausgleich zu ihren Lasten. Im schlimmsten Fall muss, wenn manche Länder nicht mithalten können oder wollen, die Eurozone verkleinert werden, was auch kein Schaden ist.
ebo
14. Juli 2017 @ 09:44
@Nemschak Die EU ist von Anfang an eine Transferunion. Die USA sind übrigens eine noch viel größere Transferunion. Deutschland (Länderfinanzausgleich) ist es auch.
Peter Nemschak
14. Juli 2017 @ 14:22
Der Unterschied besteht darin, dass die USA und Deutschland Bundesstaaten sind, während die EU ein Bund unabhängiger Staaten ist. Wer sagt, dass die EU ein Bundesstaat mit bundesstaatlichen Institutionen (2 Parlamentskammern, Bundesregierung) werden will? Für die Eurozone ist eine Transferunion nicht zwingend notwendig. Entweder passen sich die Nettoempfänger strukturell an die Nettozahler an oder scheiden aus der Eurozone – nicht notwendigerweise der EU -aus. Die zukünftigen Nettozahler werden sich gegen eine Transferunion wehren.
Alexander
14. Juli 2017 @ 06:17
„Es sei denn, die Wähler sollen gar nicht (mehr) entscheiden, wer die Regierung bildet und welche Sicherheitspolitik nach der Wahl verfolgt wird…“
Siehe auch diese Sicht der Dinge:
„Die Reformen, die derzeit auf dem Tisch liegen, sind nichts anderes als die finale Etappe eines dreißigjährigen Krieges der europäischen Eliten gegen die nationale Souveränität und damit die Demokratie. Dieser Krieg zielt darauf ab, populäre demokratische Gruppierungen daran zu hindern, Einfluss auf die Wirtschaftspolitik zu nehmen, – und somit neoliberale Maßnahmen durchzusetzen, die auf demokratischen Wege nicht durchsetzbar wären.“
https://makroskop.eu/2017/07/rueckkehr-der-deutsch-franzoesischen-allianz/
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