Merkel allein in EUropa

Offiziell vertritt Kanzlerin Merkel bei ihrem Besuch in der Türkei die EU-Position zur Flüchtlingskrise. In Wahrheit ist es jedoch ein gewagter Alleingang – ohne Mandat aus Brüssel. Und es ist nicht der einzige.

Wer sich bei den deutschen Medien informiert, wird viele gute Gründe dafür finden, warum Merkel den türkischen Präsidenten Erdogan hofiert. Laut SPON ist das sogar ein “notwendiges Übel”, also alternativlos.

Tatsächlich ist die Reise eine Folge des “grandiosen Scheiterns” der Kanzlerin (so ihr CSU-Freund Seehofer). Weil Deutschland am tiefsten in der Krise steckt, ist Merkel nun zur Flucht nach vorn gezwungen.

Es ist nämlich keineswegs so, dass sie bei Erdogan die abgestimmte EU-Position vertritt. Merkel fährt nicht mit einem Mandat des EU-Gipfels, sondern außer schierer Not – und mit fragwürdigen Absichten.

So erklärte sie beim Gipfel in Brüssel, Erdogans Forderung nach 3 Mrd. Euro Finanzhilfe sei nachvollziehbar: Die Türkei habe 7 Mrd. für die Flüchtlinge bezahlt, die EU wolle 1 Mrd. geben, den Rest könne man sich teilen.

Das sieht allerdings nur die Kanzlerin so. Die meisten anderen EU-Länder fanden Erdogans Forderung unverschämt. Ähnlich steht es um die Visaerleichterungen, die Berlin gewähren will. Paris ist strikt dagegen.

Dabei ist Merkels Kniefall vor Erdogan nicht einmal der einzige europapolitische Alleingang. Weitgehend unbemerkt, prescht die Kanzlerin auch bei der Abschottung der deutschen Grenze vor .

Statt wie üblich maximal zwei Monate sollen die Kontrollen jahrelang gelten – Schengen hin, Dublin her. Es dürfte nicht das letzte Wort sein. Die Polizeigewerkschaft fordert sogar schon einen Zaun zu Österreich!

Alleingang Nummer drei trifft die Eurozone: Merkel hat beim EU-Gipfel die geplante gemeinsame Einlagensicherung vom Programm streichen lassen – und damit der Bankenunion den Gnadenstoß gegeben.

Merke: In der Eurokrise ist mit dieser Kanzlerin keine Lösung mehr zu machen. In der Flüchtlingskrise hingegen müssen wir uns auf neue deutsche Abenteuer einstellen…