Merkels Agenda muss warten
Der neue Wettbewerbspakt für die Eurozone ist auf unbestimmte Zeit verschoben worden. Derzeit gebe es dafür keine Mehrheit, heißt es in Brüssel. Beim Juni-Gipfel soll stattdessen der schon fast vergessene Wachstumspakt wiederbelebt werden – Merkels neoliberaler Masterplan muss warten.
Wachstum statt Wettbewerb – so sieht die neue EU-Agenda aus. Den Wachstumspakt hatte Frankreichs Präsident Hollande vor einem Jahr angestoßen, den Wettbewerbsfähigkeitspakt hat Merkel im Dezember nachgeschoben.
Eigentlich wollte sich die Kanzlerin nicht mehr mit dem Wachstumspakt beschäftigen. Sie hatte ihn von vornherein entschärft und dafür gesorgt, dass kein frisches Geld bereit gestellt wird – am Ende blieb nur eine leere Hülle.
Doch angesichts der Rezession in Euroland, die nun sogar den Kern erfasst, haben sich die Prioritäten verschoben. Erst hat die EU die Sparziele gelockert, nun will man das alte Wachstumsprogramm recyclen.
Sogar ein deutsch-französischer “New Deal” gegen die Jugendarbeitslosigkeit ist geplant. Das ist zwar – genau wie der Wachstumspakt – vor allem Symbolpolitik zur Beruhigung der tief verunsicherten Europäer.
Dennoch ist es eine Niederlage für Merkel. Sie konnte sich mit ihrem Plan, eine Agendapolitik für alle Euroländer einzuführen, nicht durchsetzen. Dafür gebe es derzeit keine Mehrheit, sagte ein EU-Diplomat.
Vor allem Frankreich stellte sich quer. Hollande will den umstrittenen Regeln für mehr “Wettbewerbsfähigkeit” nämlich nur zustimmen, wenn Merkel im Gegenzug neue Hilfen für reformwillige Staaten bewilligt.
Ein Euro-Budget als Grundstein für eine europäische Arbeitslosenversicherung, heißt eine französische Idee. Investitionen sollen aus dem Budgetdefizit herausgerechnet werden, fordern die Italiener.
Doch dazu ist die Kanzlerin nicht bereit. Vor der Bundestagswahl möchte sie sich keine Blöße geben. Doch danach könnte alles ganz schnell gehen. Die Agendapolitik für Europa ist nur aufgeschoben – aber nicht aufgehoben.
Bis dahin kann es auch Merkel nicht schaden, das Image der eisernen Lady mit ein bisschen Sozialrhetorik aufzubessern. Schließlich ist Wahlkampf, und da ist jede Stimme recht, sogar aus dem linken Lager…
Siehe auch “Gegen eine neue Agendapolitik” (zum Merkel-Plan) und “Das Phantom der Euroretter” (zur Wettbewerbsfähigkeit)
GS
17. Mai 2013 @ 10:35
Europäische Arbeitslosigkeitsversicherung, das hat uns natürlich gerade noch gefehlt. Ob der Vorschlag wohl auch kommen würde, wenn die Arbeitslosigkeit in Deutschland bei 15 % läge?
H.Ewerth
19. Mai 2013 @ 10:40
Da Deutschland an der Arbeitslosigkeit im Euroraum, nicht ganz unschuldig ist, wäre so ein Schritt nur konsequent! Denn Deutschland hat durch sein massives Lohn und Sozialdumping erst alles im Euroraum niederkonkurriert. Die riesigen Überschüsse Deutschlands, welche in Brüssel liegen, könnten auch mit dazu verwendet werden.
Damit Deutschland endlich begreift, dass der sog. Exportweltmeister für die Folgen seiner egoistischen Politik auch mit gerade zu stehen hat. Er kann nicht als zweites China in Europa auftreten, und dann den kleinen Ländern in der Eurozone alleine die Schuld geben, sie seien nicht „Wettbewerbsfähig“ das ist nur noch zynisch, denn Deutschland sorgt selbst dafür dass diese Länder nicht Wettbewerbsfähig werden konnten und können. Deutschland hätte seine Binnennachfrage stärken müssen, damit die kleinen Länder gegenüber Deutschland überhaupt eine Chance hätte haben können, und nicht umgekehrt. Aber das weiß Deutschland, und hält deshalb daran fest. Wieso werden Überschüsse nicht bestraft?