Merkel, May und der Mainstream
Heute soll die neue britische Premierministerin May in Downing Street einziehen. Sie wird nicht nur mit Merkel verglichen, sondern von Mainstream-Medien sogar in ein “Führungsduo” mit der Kanzlerin gesetzt.
“Sie müssen retten, was zu retten ist”, titelt Bild über das “neue Duo”, das da angeblich entsteht. “Merkels kühle Botschaft”, schwadroniert “SPON” über angebliche Ansagen Merkels an May.
Beides ziemlicher Quatsch. Merkel übt nämlich keinerlei Druck auf May aus, ganz im Gegenteil: “Kanzlerin will London Zeit zum Nachdenken über Verhältnis zur EU geben”, meldet AFP. Zitat:
“Und je nachdem wie die britische Regierung sich entscheidet, werden dann auch die Austrittsverhandlungen laufen”, fügte die Kanzlerin hinzu. “Und insofern geben wir jetzt der britischen Regierung die Zeit, sich das genau zu überlegen.”
Eine “kühle Botschaft” klingt anders. Noch idiotischer das neue “Führungsduo”, das “Bild” herbeiphantasiert. Die Briten sind raus aus der EU, sie führen gar nichts mehr – es sei denn, Merkel lässt sie auf den Fahrersitz.
Und genau das ist meine größte Sorge – dass Berlin versucht, den Brexit zu verschleppen, und in der Zwischenzeit mit London gemeinsame Sache macht, gegen Paris, Rom, Athen, Brüssel…
kaush
13. Juli 2016 @ 12:45
Was soll man zu den Deutschen MS-Medien sagen? Sie machen sich so lächerlich, so gut sie halt können.
Vor wenigen Tagen wurde noch das Ende von Großbritannien herbei gesungen.
Tja, jetzt muss der Untergang der Insel abgesagt werden. Sorry.
SPON sollte sich weiter mit den Schuhen von Theresa May beschäftigen. Da ist die Radaktion intellektuell nicht so überfordert.;)
http://www.spiegel.de/stil/theresa-may-britische-premierministerin-ist-eine-stilikone-a-1102461.html
Peter Nemschak
13. Juli 2016 @ 11:20
Ein etwas liberaleres Europa, unterstützt von Deutschland und Großbritannien, kann doch nicht schaden. Im übrigen wird es in Zukunft weniger europäische Zwangsbeglückungen geben sondern eine differenzierte Zusammenarbeit zwischen Staaten, die wirtschaftskulturell am gleichen Strang ziehen. Frankreich wird sich entscheiden müssen zwischen mehr Integration mit den strukturstarken Staaten oder Anführer der notorisch strukturschwachen Mitgliedsstaaten zu sein. Ersteres erscheint mir attraktiver als letzteres zu sein.
ebo
13. Juli 2016 @ 11:24
Erstmal wird sich Österreich entscheiden müssen. Anfang Oktober könnte Ihr Land den nächsten Warnschuss abgeben…
Peter Nemschak
13. Juli 2016 @ 11:40
Durchaus möglich, was aber noch lange nicht bedeutet, dass Strache Bundeskanzler wird. Die italienischen Sparer hatten lange genug Zeit sich von ihren Bankanleihen zu trennen. Die “neuen” Regeln sind nicht so neu und sollten jedem halbwegs intelligenten Zeitungsleser und Fernsehzuschauer oder Internetbenutzer längst bekannt sein. Wer Geld anlegt, muss wachsam sein und sich informieren. Sonst führt sich der Begriff “mündige Bürger” ad absurdam. Weil ich an der Urteilsfähigkeit vieler Zeitgenossen Zweifel habe, bin ich gegenüber direkter Demokratie skeptisch.
S.B.
13. Juli 2016 @ 13:21
“Wer Geld anlegt, muss wachsam sein und sich informieren. Sonst führt sich der Begriff “mündige Bürger” ad absurdam.” – Prinzipiell richtig. Ad absurdum hat aber nicht der Bürger sich selbst geführt, sondern er hat sich aus Bequemlichkeit von der Politik dahin führen lassen. Schuld hat er letztlich trotzdem selbst, wenn auch die Verar…e sehr subtil gemacht ist. Es ist deshalb richtig, dass der Bürger für die Auf- und Abgabe seiner Verantwortung zahlen muss.
“Weil ich an der Urteilsfähigkeit vieler Zeitgenossen Zweifel habe, bin ich gegenüber direkter Demokratie skeptisch.” – Ich würde die (nicht vorhandene) Urteilsfähigkeit in finanziellen Dingen, nicht auf politische Sachverhalte übertragen. Dafür muss man nur wissen, was man will und was nicht. Und ich denke, die meisten Menschen wissen in grundsätzlichen Dingen gut darüber Bescheid bzw. haben das richtige “Bauchgefühl”.