Merkel kriegt die Krise
Die Bundesbank hat die Konjunkturprognose für Deutschland gesenkt. Statt des versprochenen Aufschwungs werden nun nur noch 0,3 Prozent Wachstum erwartet. Nach den Niederlanden, Finnland und Frankreich hat die Krise damit auch Deutschland erfasst. Wacht Kanzlerin Merkel nun endlich auf?
Jetzt haben wir also französische Verhältnisse. Die 0,3 Prozent sind genau das, was für Frankreich zu Beginn des Jahres erwartet wurde (bevor die Prognosen auch dort nach unten revidiert wurden).
Frankreich wurde damals schon als “kranker Mann Europas” und “Zeitbombe” für den Euro bezeichnet. Nun steht Deutschland auch nicht besser da, zumal auch die Erwartung für 2014 heruntergeschraubt wurde.
Das Wirtschafts”wunder” in ist beendet, jetzt holen uns die Folgen der verfehlten deutschen Wirtschaftspolitik ein. Merkel und Finanzminister Schäuble waren es ja, die ganz Europa gleichzeitig zum Sparen verdonnert haben.
Stabilitätspakt, Fiskalpakt und Schuldenbremse haben jedoch nur eins bewirkt: sie haben die wirtschaftliche Stabilität der Eurozone geschwächt und die Schulden (fast) überall erhöht. Die Schuldenquote wächst, weil die Wirtschaft schrumpft.
Bravo, möchte man rufen, wenn es nicht so schlimm wäre. Über den Umweg wegbrechender Märkte und schrumpfender Exporte erwischt die Krise nun auch endlich ihren Verursacher – und das, obwohl Deutschland bisher am meisten profitierte.
Merkel kriegt die Krise, und das gerade rechtzeitig vor der Bundestagswahl. Wenn nun auch die Arbeitslosenzahlen – wie zu befürchten – noch oben gehen, könnte dies sogar ihre Wahlchancen beeinträchtigen.
Wird sie jetzt endlich umsteuern? Wagt auch die schwarzgelbe Bundesregierung ihr wirtschaftspolitisches Mea Culpa, wie der IWF? Es wäre überfällig, doch ich mache mir keine große Hoffnung.
Denn Merkels alter Buddy, Bundesbankchef Weidmann, sieht das größte Risiko weiter in einer Abkehr vom Konsolidierungskurs. Dabei wäre genau das jetzt gefordert – gerade in Deutschland, das es sich (noch) leisten kann.
SPD-Herausforderer Steinbrück und Grünen-Vormann Trittin müssten nun Weidmann lautstark widersprechen und Merkel öffentlich herausfordern. Ob wir das noch erleben werden?
Jochen
10. Juni 2013 @ 21:28
Immerhin ist der amtlich ausgewiesene Ausbeutersektor noch etwas kleiner als in Lettland, Litauen und dem anderen stolzen Baltenstaat. Deswegen können die jetzt auch den Euro bereichern, die dortigen Anleger warten schon sehnsüchtig um ihre Einlagen umrubeln zu können.Einen Euro nach Hankels Vorschlägen wird es nie geben,dafür sind deutsche Politiker zu dumm und zu feige.
Michael
9. Juni 2013 @ 16:39
Den Unterschied zwischen den deutschen Exportkonzernen (deren Vor- und Halbfabrikate fast ausnahmslos im Ausland gefertigt werden) und Deutschland sollte man schon kennen. Deutschland profitierte weder vom Euro noch von dessen Krise. Es profitierte davon, dass seine eigenen Ersparnisse endlich nicht mehr in anderen Ländern verbraten wurden.
Exportüberschüsse sollten Kapitalexport bedeuten, was heisst, dass in Deutschland selbst nicht investiert wurde. Nebenbei sind die Kredite in Deutschland auch an Industrie, Gewerbe und Dienstleiter ex. Solar/Windmühlen und Finanzierungsgesellschaften von 2008 bis Q1 2013 um 135 Mrd. € GESUNKEN. Es ist nun mal Fakt, dass die Deutschen niemals in der Lage sein können, die Beamtenapparate und Sozialsysteme bankrotter Südländer zu finanzieren.
Weder mit Bankenunion noch Sparerhaftung lassen sich die Deutschen dazu bringen faule Kredite ausländischer Schuldner zu garantieren. Es handelt sich nicht um illiquide Schuldner, sondern um insolvente Kreditnehmer. Da geht nichts zu garantieren und Insolvenzverschleppung ist ein Straftatbestand. Im heutigen Euro gibt es für die betroffenen Länder keine Lösung, die dauerhaftes Elend der Völker verringern könnte. Die Lösung besteht in einer Euroreform nach den Vorschlägen von Hankel.
Die Deutschen sind nicht die Sparschweine Europas und der Welt, das sei deutlich geschrieben.
Jochen
7. Juni 2013 @ 17:24
Wie soll denn jemand aufwachen der Träume für Realität, den Schlafsaal für eine politische Veranstaltung und sowohl EU als auch Euro für alternativlos hält? de Maiziere, (nicht der Drohnenkönig, sondern der Musiker) erzählte mal, weder ihm noch seinen Mit-Demokraten sei es je gelungen der Merkel einen politischen Standort abzuluchsen: sie habe immer nur lächelnd dabeigesessen und geschwiegen. Nur wenn es Posten zu verteilen gegeben habe sei ihr Finger immer sofort in die Luft geschnellt. Daran hat sich nichts geändert und wird es auch nicht. Der Grund dürfte wohl auch darin liegen, dass Merkel schlicht Argumente fürchtet weil sie weiß, sie nicht wechseln zu können. Zu lange ist das Bild der kühl analysierenden Naturwissenschaftlerin in die Köpfe gebrannt worden: die analysiert nicht, die pennt.
ebo
7. Juni 2013 @ 21:27
@Jochen
Nun ja, wenn man einwenig googelt findet man schnell Hinweise darauf, dass es doch kein Wahl-Spaziergang für Merkel wird. Mal scheitert die FDP an der 5-Prozent-Hürde, mal die Linke, mal kommt die AfD rein etc. Miese Wirtschaftsdaten machen es bestimmt nicht leichter. Zumal die Kanzlerin meiner Meinung nach nichts von Volkswirtschaft oder Politischer Ökonomie versteht. Sie verlässt sich da voll auf ihre Berater, die allesamt Juristen sind und auf Verträge und Benchmarks setzen – mit den bekannten Folgen
gordon
7. Juni 2013 @ 15:16
[…]
“statt mageren 0.4% werden nun nur noch enttäuschende 0.3% erwartet”
[…]
Faszinierend.
Die Prognose wurde somit um satte 25% nach unten revidiert, gleichbedeutend mit Zusammenbruch, Hungersnot und anstehender Verelendung.
Aber Vorsicht, wenn die Zahlenkünstler der BuBa-Konjunkturabteilung den “positiven” Nachfrageschock des Hochwassers in ihren Prognosefiltern verwursten, könnten wir nächsten Monat wieder bei sensationellen 0.4% liegen.
Andererseits:
???????????
“Französische Verhältnisse = 0,3 Prozent sind genau das, was zu Beginn des Jahres erwartet wurde,[…] bevor die Prognosen nach unten revidiert wurden”
??????????
Stimmt, La République française steckt jetzt mitten in der Rezession (wenn man die Demographie berücksichtigt ist das Land allerdings bereits seit Ende 2011 in der Rezession). Und das angesichts nicht nachhaltiger Haushalte und untragbarer Defizite. Das alles ist aber bereits seit Beginn des Euros so und bedeutet für Herrn Hollande im Klartext: Sparen und Konsolidieren bis es quietscht!!
[…]
uns die Folgen der verfehlten deutschen Wirtschaftspolitik ein. Merkel und Finanzminister Schäuble waren es ja, die ganz Europa gleichzeitig zum Sparen verdonnert haben
[…]
Äh, nein, eigentlich nicht. Den Südländern traut man aufgrund fehlender Konsolidierungsmaßnahmen und Reformanstrengungen in der Vergangenheit nicht zu, dass sie ihre Schulden vollständig bedienen, was Investoren überhaupt nicht gerne sehen.
Jetzt gibt es eben die Quittung, Kredite werden teurer und Südland ist gezwungen besser zu haushalten. Marktwirtschaft in Aktion würde ich das mal nennen.
Hat mit Merkel und Schäuble also rein gar nichts zu tun.
ebo
7. Juni 2013 @ 15:51
@gordon
Stimmt, von 0,4 auf 0,3 klingt erstmal nicht so dolle. Aber zum einen hat die Buba auch die Erwartung für 2014 heruntergeschraubt. Zum anderen ist – ich bleibe dabei – Deutschland jetzt ungefähr da, wo Frankreich vor ein paar Monaten war. Und da wurde FR als neue “Zeitbombe” für den Euro bezeichnet (Economist). D hingegen ist natürlich trotz allem weiter “powerhouse”, nicht wahr? Träum weiter…
rugay
7. Juni 2013 @ 14:17
Sicherlich wäre zu begrüssen, wenn Merkel nun – und direkt vor den Wahlen – ihre “Packung” bekommen würde, doch ich glaube der stinknormale Durchschnittsbürger interessiert sich nach wie vor (und komplett D-zentriert) nur für das Gezänk & Kleinklein vor seinem Fernseher, auf seinem Bankkonto, an seinem Arbeitsplatz und läßt sich nur allzugern weiterhin von Merkelschen Allgemeinplätzen a la “Deutschland geht es gut” sedieren. Schaut man eine Ebene höher und auf hinreichend kolportierte Pläne weltumspannende Krisen (Ordnung durch – inszeniertes – Chaos) einzusetzen um die bisherige “Weltordnung” umzukrempeln, dann ist die Regierung Merkel auf dem besten Wege ihren Beitrag dazu zu leisten.
Spielt man diese Option durch wäre der forcierte Zusammenbruch der Kopfgeburt “EU” z.B. einer der Dolchstösse die benötigt würden um nach dem “Problem-Reaction-Solution” Fahrplan zum Zeitpunkt größter Verunsicherung und größtmöglich anzurichtendem Chaos der Weltbevölkerung schrittweise den Strohhalm anzubieten, an den sie sich, entsprechend dem Grad irrationaler u. “internationaler” Hysterie, dann klammern dürfte.
Damit will ich keinesfalls den herrschenden Europa-Wahnsinn schönreden oder verteidigen sondern nur anmerken, dass er durchaus Methode haben dürfte…
Von da aus betrachtet ist höchste Wachsamkeit mehr denn je geboten um an jenem Tag eines (noch fiktiven) “Zusammenbruchs” bisheriger “Weltensysteme” die Weichen in die richtige Richtung zu stellen.
Die Frage ist für mich lediglich ob all dies (von Seiten unserer Regierungen) aus völliger Ignoranz/ Dummheit (und daran gekoppelt die Angst vor Macht-/Gesichtsverlust), aus Vorsatz oder aus vorauseilendem Opportunismus/Gehorsam geschieht.
Als kaltschnäuzig-hochrangiger Politiker zumindest wäre mir ein Plan bei dem ich hinterher (mit erneut geweißter Weste) möglicherweise als stilisierter Weltenretter dastünde wesentlich lieber, als einer, der meine Existenz als willfähriges Vehikel undurchschaubarer(“Übergeordneter”) Interessen ein für allemal beenden würde auch wenn dies nur eine weitere (Lebens-)Lüge wäre um mich von meiner eigenen Wichtigkeit und Existenzberechtigung zu überzeugen…was dann folgerichtig auch für alle anderen Wasserträger gilt die um ihre Pfründe zittern.
Baer
7. Juni 2013 @ 13:06
Die Schuldenquote wächst sicherlich ,aber nicht ausschließlich wegen des fehlenden Wachstums.
Schulden wachsen wegen des Zinseszins
+ benötigen deshalb immer mehr “irrsinniges
Wachstum.Wann wird man das endlich zugeben , oder schlimmer noch begreifen ?
Keine Bankenregulierung sondern Bankenentmachtung muß die Devise lauten.
PropagandaOpfer
7. Juni 2013 @ 13:46
Monetative heißt das Schlagwort!