Fünfzehn Jahre zu spät
“Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben.” Das sollte Kanzlerin Merkel eigentlich am besten wissen. Doch mit ihrer USA- und UK-Schelte (und den Andeutungen zu Europas Schicksal) kommt sie 15 Jahre zu spät!
Damals, 2002, hätte sie einsehen müssen, dass Bush und Blair, den ehemaligen “Führern” des “freien Westens”, nicht zu vertrauen war. Stattdessen stellte sie sich hinter die Amis und die Briten.
Damals, spätestens aber mit Beginn des Irakkriegs 2003, hätte sie auch etwas für ein Europa tun können, das “sein Schicksal in die eigene Hand nimmt”. Stattdessen hielt sie es mit den “neuen Europäern” und dem Krieg.
Als dann – ausgehend von den USA – die globale Finanzkrise begann, hätte sie etwas tun können, um Europa und den Euro vor den Exzessen der Wall Street zu schützen. Stattdessen gab sie den Opfern in der EU die Schuld.
Um die “Schuldensünder” besser zu bestrafen, holte sie den IWF an Bord – und machte die Eurozone damit von den Amerikanern abhängig. Griechenland leidet noch heute darunter. Auch Frankreich wurde bestraft.
Kaum dass die Rating-Agenturen Frankreich die Top-Bonität entzogen hatten, kehrte Merkel auch Präsident Sarkozy den Rücken – und kungelte mit dem britischen Premier Cameron, um das EU-Budget zu kürzen.
Selbst als Cameron anfing, sein Land zu verzocken, verlor Merkel kein Vertrauen. Stattdessen versuchte sie gemeinsam mit ihrem britischen Buddy, die Wahl von EU-Kommissionschef Juncker zu verhindern.
Last but not least sträubte sich Merkel selbst noch nach dem Brexit-Votum im Juni 2016 gegen eine Stärkung Europas. Dabei setzte sich schon damals ein gewisser Macron für eine “Neugründung” ein…
F.D.
1. Juni 2017 @ 18:43
Lieber spät, als nie.
Peter Nemschak
31. Mai 2017 @ 13:47
@ebo Was ich meine: die Lohnentwicklung in den Ländern der Eurozone darf ceteris paribus nachhaltig nicht über dem Produktivitätsfortschritt im jeweiligen Mitgliedsland liegen, da sonst Spannungen im Währungssystem entstehen. Diese hatten vor Einführung des EURO dazu geführt, dass Währungen abwerten mussten, um die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft eines Landes wieder herzustellen. Eine einigermaßen funktionierende Sozialpartnerschaft ist dafür Voraussetzung. Diese müssten die schwächeren Länder herstellen, was politisch nicht leicht ist, aber für die Stabilität der gemeinsamen Währung notwendig wäre. Sie müssen sich die Frage stellen, warum vor Einführung des EURO Währungsabwertungen passiert sind.
ebo
31. Mai 2017 @ 13:50
@Nemschak Ja, da haben Sie Recht, dass ist die “golden rule” der Währungsunion. Doch der große Sünder gegen diese Regel ist Deutschland – denn dort bleiben die Löhne seit Jahren hinter der Produktivität zurück. Frankreich, um nur ein Land zu nennen, hat sich an die Regel gehalten…
Ute
31. Mai 2017 @ 13:28
@Peter Nemschak: “Eigene Zentralbank heißt eigene Währung”
Ja, das heißt auch: Eine Reform unseres Geldsystems ist überfällig:
https://www.vollgeld.de/geldsystem/
Eine von vielen Forderungen des Bürgerbündnis 2017.
Dieses hat einen “Fahrplan für den nächsten Deutschen Bundestag”
entwickelt. Tolle Idee, dieses *Wahlprogramm der Zivilgesellschaft*.
Einmischen ist angesagt: http://buergerbuendnis2017.de/
http://buergerbuendnis2017.de/wp-content/uploads/2017/05/Fahrplan-Wahlpr%C3%BCfsteine-2017-auf-2-S.quer_.pdf
Ute
30. Mai 2017 @ 12:17
Aufschlussreicher Beitrag über den Politikstil und Wahlkampf der Kanzlerin:
https://www.welt.de/debatte/kommentare/article164993394/Die-neue-Merkel-macht-Wahlkampf-gegen-die-alte-Merkel.html
Klar, das narkotisierende Geschäft um Macht und Einfluss klappt natürlich nur, wenn sog. Leitmedien sich daran mit beteiligen.
Jens Berger setzt sich hier mit “Merkels Geheimplan” auseinander und stellt die Frage ob wir Zeugen einer historischen Zeitenwende sind?
http://www.nachdenkseiten.de/?p=38502,
Winston
30. Mai 2017 @ 21:07
Verstehe da Berger nicht.
Wieso sollte Südeuropa wegen den Staatsschulden Deutschland ausgeliefert sein.
Es ist doch genau Merkels Austeritätspolitik die die Staatsschulden erhöhen. Italien hat seit den 80er Jahren hohe Staatsschulden, weder gabs damals den Euro noch war Italien Deutschland ausgeliefert.
Wennschon ist Südeuropa der EZB ausgeliefert und das auch nur weil sie keine eigene Zentralbank haben.
Hätte Südeuropa Souveräne Zentralbanken wäre die EZB überflüssig.
Und wieso soll Frankreich von Deutschland abhängig sein. Frankreich ist 2 grösster Handelspartner Deutschlands, Deutschland Handelsüberschuss mit Frankreich beträgt ca. 40 Mrd. €. 40 Mrd. die viele Arbeitsplätze in Deutschland schaffen und in Frankreich vernichten. Glaube da ist eher das gegenteil der Fall.
Peter Nemschak
31. Mai 2017 @ 09:13
Eigene Zentralbank heißt eigene Währung. Euro heißt, das deutsche Wirtschafts- und Sozialmodell übernehmen oder aus dem Euro ausscheiden.
ebo
31. Mai 2017 @ 09:22
@Nemschak Jetzt gehen Sie aber zu weit. Das deutsche Wirtschafts- und Sozialmodell kann und will niemand übernehmen. Wie soll das denn gehen, wenn alle 8 Prozent Überschuss machen – wollen wir unsere Produkte auf dem Mond verkaufen? Und so tolle Sachen wie ein Müttergeld für bayerische Hausfrauen kann sich niemand leisten, der keine CSU in der Regierung hat 🙂
ebo
31. Mai 2017 @ 09:24
@Winston Das ist eine spannende Perspektive. In der Tat könnten Italien und Frankreich massiven Druck auf Deutschland machen, indem sie ein Ende des chronischen Leistungsbilanz-Überschusses fordern – oder damit drohen, die “Stabilitäts”-Regeln zu sprengen…
Ein Europäer
30. Mai 2017 @ 12:16
Wir sind nun gut dabei die politische Ereignisse jenseits der deutsche Grenzen zu Misinterpretieren und das kann wiederum nicht immer gut gehen. Lesen Sie einfach die Kommentaren auf Politico und auf andere angelsächsischen Medien. Die Menschen dort glauben hier braut sich was zusammen. Ich mache mich wirklich sorgen um Deutschland und um Europa. Lieber Ebo kämpft bitte weiter, das Land braucht dringend Journalisten wie Sie.
Ein Europäer
30. Mai 2017 @ 12:16
Hallo Ebo, warst du ein Engländer, so wärst du bei der DT, oder die Guardian tätig Warst du ein Ami, so wärst du wahrscheinlich bei der NYT oder die WT tätig. Wieso sage ich das? Weil ,wer die deutsche Leitmedien verfolgt bekommt dort eine sehr einseitige Interpretation und Berichterstattung der politische Ereignisse. Kritik und das anders denken werden dort ausgeblendet, oder als unseriös dargestellt und ich finde es wirklich besorgniserregend. …
Peter Nemschak
30. Mai 2017 @ 08:39
Im nachhinein wollen es alle gewusst haben. Vietnam, Irak und Afghanistan waren amerikanische Fehleinschätzungen, Libyen eine Fehlentscheidung der Europäer, bei der die Amerikaner nur widerwillig mitgezogen sind. Die obergescheiten moralisierenden französischen Linksintellektuellen waren damals Feuer und Flamme für die Beseitigung des libyschen Revolutionsführers. Im übrigen ist es naiv, von der Allmacht der Politiker Geschichte zu gestalten auszugehen. Gerne wird übersehen, dass Politiker aus dem Strom der Geschichte entstehen und in ihm wieder verschwinden. Der Gang der Geschichte ist nicht vorhersehbar, egal wie viel Geld für Geheimdienste und Prognosen von Think Tanks aufgewendet wird. Unser Denken ist linear, die Geschichte das Ergebnis des Wirkens endogener und nichtlinearer Kräfte. Das macht sie so faszinierend.
Siegfried Schuler
30. Mai 2017 @ 09:12
Bewundernwert, ich bin ein richtiger Fan von Ihnen, kein Thema zu dem sie nicht einen zum Besten geben.
Claus
30. Mai 2017 @ 06:07
Hier vermisse ich die abschließende Frage: Hat dies alles Frau Merkel geschadet? Nein! Wird diese Art der Politik dazu führen, sie, anders als Erich Hocker, aus dem Amt zu befördern? Nein! Wird es irgendwelche Auswirkungen aus der Bundestagswahl im September haben? Sehr unwahrscheinlich! Ich befürchte, CDU / CSU werden sich aus ganz schnödem Machterhalt noch ein Weilchen hinter ihr versammeln, denn Mutti ist ja inzwischen ganz allein im Haus!