„Merkel ist völlig überfordert“
Kanzlerin Merkel lässt sich gern als große Europäerin feiern. Selbst beim letzten EU-Gipfel, bei dem sie ohne eigene Regierungsmehrheit auftrat, zog sie wieder viele Strippen. Doch geholfen hat es nicht – im Gegenteil.
Das meint jedenfalls M. Somm von der „Basler Zeitung“. In einem Kommentar übt er sich in der Disziplin „Merkel-Bashing“. Eigentlich nichts Neues, aber diesmal kommt es aus der neutralen Schweiz.
Der Autor stört sich vor allem daran, dass Merkel den repressiven Kurs des spanischen Premiers Rajoy in Katalonien gestützt hat. Zitat:
Die Verfassung sei einzuhalten, beschied die deutsche Bundeskanzlerin den Katalanen, und stellte sich bedingungslos auf die Seite der spanischen Regierung, die im Begriff ist, ihr Land zu zerstören.
Leider wahr. Doch das ist noch längst nicht alles. Der Autor lässt den geballten Frust über Merkels Europapolitik ab, der sich in den letzten Jahren angesammelt hat.
Da geht es dann um die Personenfreizügigkeit in der Schweiz, um die deutsche Flüchtlingspolitik (natürlich), aber auch um Brexit, Griechenland und eben Katalonien.
Immer wieder, so der Vorwurf, bestehe Merkel auf Einhaltung der Regeln – aber nur, wenn es ihr in den Kram passt. Dazu noch ein Zitat:
Wenn es Merkel nämlich passt, weil sie ans Ende des Aussitzens gelangt ist, dann gelten für sie keine Regeln. Als sie eine Million Einwanderer über Nacht nach Deutschland einreisen liess, ohne ihr Kabinett, die EU oder sonst jemanden zu fragen, sprengte sie kurzerhand das Schengen- und Dublin-Abkommen in die Luft – mit Folgen, von denen sich Europa vielleicht nie mehr erholt.
Da ist was dran, auch wenn vieles in diesem Kommentar überzogen scheint. Dennoch – wer einmal eine scharfe Merkel-Kritik aus einem neutralen Land lesen möchte, wird hier fündig.
Vor allem den Freunden von „Jamaika“ sei dieser Kommentar empfohlen!
Dies ist die überarbeitete Fassung eines Beitrags, den ich für „piqd“ geschrieben habe. Das Original steht hier, dort gibt es regelmäßig ähnliche Empfehlungen!
Thomas
26. Oktober 2017 @ 12:57
Herr Hintermbusch. Wann schreiben Sie wieder was auf Ihrem Blog? Ich warte ungeduldig.
Peter Nemschak
25. Oktober 2017 @ 19:56
@ebo die Ambitionen und Kräfte der anderen politischen Akteure zu manipulieren ist ein durchaus bewährtes und effektives Mittel politischer Führung. Es schont die eigenen Ressourcen und funktioniert so lange als sich die anderen es gefallen lassen. Es gibt dazu eine Analogie beim Reiten: der Reiter soll das Pferd reiten und nicht vom Pferd geritten werden.
kaush
24. Oktober 2017 @ 18:03
@ebo
Volle Zustimmung!
kaush
24. Oktober 2017 @ 16:35
Schön dass Du den von mir verlinkten Artikel hier an prominenter Stelle bringst.
Allerdings kann ich da kein Bashing entdecken.
Es ist eine sehr berechtigte Kritik an Merkel, die sich schlicht an den Fakten orientiert.
Solch eine (hart formulierte) Kritik mag an Merkels Hofstaat als Bashing wahrgenommen werden.;)
ebo
24. Oktober 2017 @ 17:10
@kaush Ok, aber in „Jamaika“ ist sowas schon Hardcore-Bashing! Hintermbusch hat den Kommentar gut eingeordnet, finde ich.
hintermbusch
24. Oktober 2017 @ 11:56
Die Schweiz ist zwar „neutral“, aber Markus Somm hat einen entschiedenen konservativen Standpunkt, der ihn gegenüber Merkel nicht „neutral“ macht, sondern natürlich parteiisch.
Trotzdem lohnt es sich, seine Kritik zur Kenntnis zu nehmen, denn diese Anti-Merkel-Haltungen fressen sich in Windeseile durch ganz Europa und finden Mehrheiten, entweder bereits offen in Wahlen oder vorerst nur in den Kommentarspalten.
Im Gegensatz zu dieser Basiskritik ist das Merkel-Lob aus Regierungszirkeln rein taktisch motiviert. So lobt zwar Macron Merkels Flüchtlingspolitik über den grünen Klee, denkt aber keine Sekunde daran, sie zu kopieren. Mehr als 10000 symbolische Flüchtlinge hat er nicht im Sinn.
Er lobt und hilft Merkel, um sie gegen den deutschen Volkszorn zu stützen und als Gegenleistung für Frankreich Entgegenkommen von ihr zu erhalten. Das ist legitim und aus seiner Rolle verständlich, aber man muss es als Bürger dieses Landes richtig einordnen, ohne Naivität und Sentimentalität.
Merkels Zeit ist abgelaufen. Sie muss abgelöst werden, je schneller, desto besser. Lange genug hat sie ihre unfassbar schlechte, Auf-Kurze-Sicht-Politik betrieben, in wessen Interesse auch immer,
Peter Nemschak
24. Oktober 2017 @ 21:53
Totgesagte leben oft länger als ihren Gegnern lieb ist. Würde sich die Politik ohne Merkel im Fall einer Jamaikakoalition grundlegend ändern? Was erwarten Sie sich eigentlich vom Nachfolger bzw. einer Nachfolgerin? Manchmal hat man den Eindruck, als würden jene, die hier posten, in einer Anti-Merkel fixierten Parallelwelt leben. Ehrlicher wäre es klar zu sagen, warum den Merkel-Kritikern ein gemäßigt rechtsliberaler Kurs, wie ihn das deutsche Bundestagswahlergebnis nahe legt, nicht gefällt. Was ist so falsch an Rajoys Kurs? Immerhin wird er auch von der spanischen Opposition unterstützt. Jetzt wäre der schlechteste Zeitpunkt mit den Separatisten zu verhandeln. Der spanische Staat darf sich nicht von einer Minderheit erpressen lassen und eine verfassungsmäßig legitimierte starke Position jetzt aufgeben. Er vertritt das gesamtstaatliche gegenüber den regionalen Interessen, und das nicht nur gegenüber Katalonien. Die Staatswerdungstraditionen sind sowohl in Spanien wie auch in Italien, aber auch in der Schweiz, andere als in Deutschland. Italien, um ein Beispiel zu nennen, wurde nach französischem Muster eines Zentralstaats im 19.Jhdt. aufgestellt während Deutschland einen anderen Weg ging.. Faktum ist weiters, dass sich in der EU auf Grund der Krise der Schwerpunkt von der supranationalen auf die intergouvernmentale Ebene verlagert hat. Das wird sich so schnell nicht ändern, mit oder ohne Merkel oder den vom Neoliberalismus zur Sozialdemokratie konvertierten Macron.
hintermbusch
25. Oktober 2017 @ 08:30
Angela Merkel vergiftet das politische Klima in Deutschland so sehr, dass die Politik in diesem Land gefährlich eskaliert. Beispielsweise hat sie den Aufstieg der AfD machtpolitisch ganz kühl durchkalkuliert:
http://www.tagesspiegel.de/politik/streit-um-angebliche-cdu-strategie-afd-als-chance-fuer-die-union/20431448.html
Es fällt inzwischen vielen rationalen Menschen auf, dass ihre Äußerungen (und die vieler getreuer Journalisten) der AfD die Wähler geradezu in die Arme getrieben haben.
Gleichzeitig ließ und lässt sie die Linke, angeführt von ihrem Justizminister Heiko Maas, eine völlig unverhältnismäßige Gegenhasskampagne gegen AfD-Anhänger aufführen und im Nebengang die Meinungsfreiheit (für alle übrigens, nicht nur für Rechte) massiv einschränken.
Diese Frau organisiert Hass und Unterdrückung zur Sicherung ihrer Kanzlerschaft. Sie hat mehrere große Baustellen in einen desolaten Zustand gebracht, mindestens eine (die „Energiewende“) völlig willkürlich und unnötig und gegen ihr eigenes Programm.
Wenn Sie dieses Gesamtbild nicht überzeugt, dann schauen Sie sich doch wenigstens einmal einige Fotos von ihr persönlich an, u.a. hier:
http://www.spiegel.de/spiegel/warum-die-afd-angela-merkel-nutzt-a-1174044.html
Das Gesicht ist genauso monströs wie ihre Politik, wie einem bösen Märchen entsprungen. Das Tyrannische ist inzwischen auf allen Ebenen klar erkennbar.
Die Frage ist längst nicht, warum Merkel weg muss, sondern warum sie unbedingt bleiben muss, obwohl alle anderen europäischen Länder ihre Regierungschefs regelmäßig ersetzen können, wie es sich gehört.
ebo
25. Oktober 2017 @ 09:54
@hintermbusch Von derlei Theorien halte ich nicht viel. Ich glaube nicht an einen „großen Plan“. Ixh glaube auch nicht, dass die Physikern Merkel alles genau „berechnet“ und „abwägt“. Merkel ist eine große Aussitzerin, genau wie ihr Ziehvater Kohl. Der große Unterschied ist, dass sie keinerlei europapolitische oder sonstige Überzeugungen mitbringt, sondern sich von Umfragen um vom „Meinungsklima“ leiten läßt, also von einer Handvoll Chefredakteuren und täglichen Umfragen. In normalen Zeiten kann das gut gehen, so bleibt man populär. In Krisenzeiten hingegen riskiert man mit einer solchen Politik Kopf und Kragen – vielleicht nicht den eigenen, aber den der „Partner“. Wie viele EU-Regierungschefs hat Merkel schon „ausgesessen“ oder weggemobbt, wie viele Parteifreunde vergrätzt, wie viele Koalitionspartner zu Tode umarmt?
hintermbusch
25. Oktober 2017 @ 11:27
@ebo
Man kann immer darüber streiten, wie groß ein Plan ist, wo er angefangen hat. Ich habe mich jedenfalls am 3. Oktober 2015 mit einem Freund zerstritten mit der Prognose, dass ihre Politik zu 20% AfD führen wird, wenn sie nicht bald gestoppt wird. Niemand kann mir erzählen, dass sie und ihre Berater das nicht auch gesehen und diese Politik für „nachhaltig“ gehalten haben: „ist jetzt eben so. bleibt jetzt eben so. ts“
Jedenfalls ließ sie sich spätestens im Frühjahr 2016 dann gerne flüstern, dass ihr die AfD nützt. Ein Jahr später hat sie ihren unsäglichen Justizminister Maas von der Kette gelassen, um die (absehbaren) Konsequenzen ihrer eigenen Politik zu unterdrücken, vorgeblich nur die strafbaren, ohne Strafverfahren, mit einem Mausklick.
Merkel ist die größe Plage, die seit 1945 im Kanzleramt gesessen hat, die Mutter der AfD, die ihren illegitimen Balg mit öffentlicher Abneigung und geheimem Zucker füttert und als Killer-Drohne gegen alles einsetzt, was ihr im Weg ist. Dass dieser Balg seine Mutter auch hasst, ist normal und beweist gar nichts.
ebo
25. Oktober 2017 @ 11:42
Wenn Du es so siehst, machst Du ihr ein Riesen-Kompliment: Du stellst sie in eine Reihe mit Mitterrand. Denn Mitterrand hat genau das gemacht – die Rechte gespalten und mit dem „Front National“ gespielt, um sich an der Macht zu halten…
hintermbusch
25. Oktober 2017 @ 11:55
Mitterand ist ein wirklich interessanter Vergleich, aber kein Kompliment:
https://hintermbusch.wordpress.com/2016/10/01/ein-grosser-politiker-und-ehrenmann/
Mitterand hat nicht nur die Rechte gespalten, sondern auch die französische Linke fundamental betrogen. Dieser Vergleich ist kein Kompliment, aber sehr, sehr gut. Danke.
Chixie Dique
25. Oktober 2017 @ 12:57
Was wäre die AFD heute ohne Pegida 2014? Wieso stauten sich Sendewagen aus der ganzen Republik auf sächsischen Autobahnen um aus der Nähe vom Phänomen „berichten“ zu können, während später 250000 gegen TTIP Demonstrierende höchstens auf Seite 42 im Feuilleton einer z.B. SZ mal knapp erwähnt wurden? Was lief da genau zwischen sächsischem Verfassungsschutz und den frühen Pegida-Organisatoren? War da nicht auch Geld geflossen? Und war zu der Zeit nicht Tillichs CDU am Ruder? War es nicht schon immer so, daß rechte Regierungen noch rechtere ‚Trupps‘ nicht nur gewähren ließen, sondern diese unterstützten, sobald man den Analysen Linker argumentativ schlicht nicht mehr beikam und gar „Stimmungswechsel“ unter Wählern ausgemacht werden konnten? (Anm: ‚links‘ im alten, unmodernen Sinn. Nix ‚PC‘, ‚Antideutsch‘, ‚Neue Antifa‘, ‚Amadeu Antonio‘ und ‚eigentlich tief drinnen neoliberal‘. Auch bei diesen Gruppen wäre eine klandestine Unterstützung des Merkelschen Tiefenstaates alles andere als eine Überraschung). Da trifft eher DDR auf Mussolini und Skull&Bones-Empire auf Sachsensumpf. Das Merkel keinen eigenen „großen Plan“ hat ist schlüssig, bei der Kamarilla der Staatssekretäre wird die Sache schon trüber..