Märkte gegen Mélenchon
Bisher kannten wir das nur aus den Ländern der Eurokrise. Doch nun reagieren die Märkte auch auf den Wahlkampf in Frankreich: Der Aufstieg des linken Kandidaten Mélenchon sorgt für Unruhe.
Mélenchon hat den konservativen Kandidaten Fillon hinter sich gelassen und belegt in den Umfragen schon Platz drei – hinter FN-Führerin Le Pen und dem sozialliberalen Medien-Liebling Macron.
Wenn das so weiter geht, könnte er auch noch Macron abhängen. Ein Duell Mélonchon – Le Pen wäre jedoch ein „schwarzes Szenario, das die Märkte zittern lässt“, titelt das Wirtschaftsblatt „Les Echos“.
Der Spread zwischen deutschen und französischen Staatsanleihen sei „brutal“ um 70 Basispunkte gestiegen, meldet die Zeitung. Japanische Anleger hätten Anleihen im Wert von 13,6 Milliarden Dollar abgestoßen.
Allerdings reicht das nicht, um eine neue Eurokrise auszulösen. Es zeigt erstmal nur, dass sich die Anleger selbst Angst machen – und dass sie mit demokratischen Wahlen nicht viel am Hut haben, im Gegenteil.
Jede Wahl in einem Euroland wird danach bewertet, ob sie sie den deutschen „Goldstandard“ in Politik und Wirtschaft bestätigt – oder nicht. Alles, was Deutschland herausfordert, ist per se schlecht.
Dabei hat der Brexit gezeigt, dass ein Bruch mit dem deutschen EUropa nicht zu Verwerfungen führen muss. Im Gegenteil: die britische Wirtschaft brummt, einige Anleger flüchten aus dem Euro ins Pfund.
Nur in der Eurozone läuft das nicht – denn der Euro wirkt wie früher der Goldstandard: Er macht jede Abweichung zum Problem, und er definiert Demokratie zum „politischen Risiko“…
Winston
13. April 2017 @ 20:31
Glaube es wird ein Rennen zwischen Le Pen und Mèlenchon.
Macron gebe ich keine Chancen. Ex Bänker, Ex Minister unter den in Ungnade gefallenen Hollande und oben drauf Wunschkandidat Schäubles.
Peter Nemschak
12. April 2017 @ 16:57
Macrons Einstellung zu Multikulti teilen viele Franzosen außerhalb der Intellektuellenszene, welche sich von den Nordafrikanern und anderen Zuwanderern gestört fühlen.
hintermbusch
12. April 2017 @ 20:20
Ich weiß das und wollte Macrons Aussage auch gar nicht bewerten, sondern nur feststellen, dass der Lieblingskandidat auch der meisten deutschen Medien damit eine Position vertritt, die sie in Deutschland nicht positiv kommentieren würden.
Es ist auch so, dass die PS die Partei des Multikulti in Frankreich war, seitdem Mitterand 1983 seine Wirtschaftswende hingelegt hat und ein linkes Ersatzthema brauchte. Heute unterstützen große Teile des PS-Establishments Macron, der sich von diesem Multikulti distanziert. Das zeigt doch, in welchem Ausmaß sich die PS auflöst und die Ära Mitterand beendet, der die Partei gegründet hatte. Unter der Oberfläche eines Schulterschlusses des Establishments um Macron und gegen Le Pen ist ein Umbruch im Gange, bei dem sich die Inhalte auf den FN zubewegen.
hintermbusch
12. April 2017 @ 14:27
Eine Stichwahl zwischen Mélenchon und Le Pen wäre natürlich ein Schock für viele. Ich würde schon gerne sehen, welches Übel dann wer als das kleinere ansehen würde. Rein aus Interesse natürlich nur.
Ansonsten muss mal gesagt sein, dass es teilweise erschreckend ist, in welchem Maße Ausländer für einen Kandidaten Partei ergreifen, von dem sie nichts kennen als ihre eigene Hoffnung, er möge ihren Interessen dienen.
Macron hat im aktuellen ‚Causeur‘ Einsichten in sein Bild von Frankreich erlaubt, die manchen Fan in Deutschland eigentlich ins Grübeln bringen müssten über seine eigene Vision für die Zukunft. So sagt Macron zum Beispiel: „Frankreich war nie ein multikulturelles Land und wird es niemals sein“. Welcher Spitzenkandidat könnte in Deutschland einen solchen Satz sagen, ohne seine Karriere zu riskieren? Praktisch nur ein AfD- oder noch ein CSU-Kandidat.
Er lobt auch Houellebecq als großen Schriftsteller, der unbedingt zu Frankreich gehöre, weil er Ängste und Sorgen der Bürger hervorragend zu Papier bringe. So viel Freiheit und Liberalität bei der Debatte auch über Befürchtungen würde ich mir mal für Deutschland wünschen! Natürlich ist Macron ein Fuchs, der sagt, was gesagt werden muss, damit er gewählt wird. Aber diese Logik gilt grundsätzlich auch in Deutschland. Trotzdem werden Schriftsteller, die angesichts von Migration und Islamisierung keine rosaroten Visionen haben, eher mit der Verbannung in die Hölle bedroht als für ihre schriftstellerischen Fähigkeiten gelobt. Schade eigentlich, dass wir in Deutschland so viel intoleranter und illiberaler sind als die Franzosen.
Leon
12. April 2017 @ 12:43
Das war ja nur eine Frage der Zeit bis eine Kampagne, sollte sein Auftieg weiter gehen ein wahrer Sturm, gegen Melenchon ausgelöst wird. Wäre Hamon wahrscheinlich ähnlich gegangen. Spätestens 2022 wird dann aber sicherlich keine noch so große Kampagne gegen Le Pen helfen, wenn Macron den französischen Sozialstaat nach deutschem Vorbild geschleift und die Spaltung der Gesellschaft weiter vorangetrieben haben sollte. Nicht, dass ich mir das wünsche, aber wer heute Macron für seine Pro-EU-Haltung lobt schießt sich selbst ins Bein.
Peter Nemschak
12. April 2017 @ 09:14
Was haben demokratische Wahlern mit dem Renditeinteresse der Anleger zu tun? Anleger wollen Schutz ihres Eigentums und keine kalte Enteignung. Hinter den Anlegern stehen nicht die von den Linken verteufelten bösen Kapitalisten sondern Fonds, welche die Pensionsvorsorge der breiten Bevölkerung verwalten. Melanchon propagiert Diebstahl am Eigentum der arbeitenden Bevölkerung, einen Angriff auf die bestehende Eigentumsordnung der Gesellschaft. Demokratie im Sinne eines Melanchons führt letztlich in die Diktatur des realen Sozialismus, wie wir ihn seit dem 20.Jhdt. kennen. Wer sich zum Handlanger dieser Ideologie macht, macht sich mitschuldig.