Macron kritisiert Merkel – vraiment?
Der französische Präsidentschaftskandidat Macron hat die deutschen Handelsüberschüsse kritisiert und einen Abbau des Ungleichgewichts gefordert. Dafür bekommt er sogar Lob – was steckt dahinter?
Es sei “eine kluge Taktik”, sich von Kanzlerin Merkel abzusetzen, lobt die “Süddeutsche”. Macron müsse aufpassen, nicht wie der Musterschüler der Bundesregierung zu wirken, denn das könne ihm schaden.
Trop tard, möchte man entgegnen. Denn Macron wirkt nicht nur wie Merkels Musterschüler, er sieht aus wie ihr Geschöpf. Sein Slogan “nicht links, nicht rechts” könnte von ihrem Vorturner Altmaier stammen.
Und die Kritik am Handelsüberschuss ist alles andere als originell. Sie gehört zu den Gemeinplätzen bei EU-Kommission, IWF und in der Trump-Regierung. Genauso regelmäßig wird sie von Merkel zurückgewiesen.
Deshalb ist es ein stumpfes Schwert, mit dem Macron da schlägt. Das wissen natürlich auch seine Kritiker und Gegner. Sie setzen – wie der linke Präsidentschaftskandidat Mélenchon – auf schwereres Geschütz.
Mélenchon will die EU-Verträge neu aushandeln und droht, wenn Deutschland nicht mitmacht, mit einem “Plan B”, der zum EU-Austritt führen könnte. Das kommt an – der Linke hat in den Umfragen zu Macron aufgeschlossen.
Der Liebling der (deutschen) Medien wird sich daher etwas anderes überlegen müssen, wenn er die Wahl gewinnen will. Die allzu wohlfeile Kritik an Merkels Merkantilismus dürfte nicht genügen…
hintermbusch
18. April 2017 @ 22:25
Ich kann nicht beurteilen, wofür Macron letztlich steht. Seine Rhetorik ist jedenfalls taktisch ausgeklügelt, um beim französischen Wähler zu punkten.
Wer genauer hinschaut, was der mutmaßliche Liebling der deutschen Regierung und ihrer Medien sagt, wird aber feststellen, dass es mit dem deutschen Merkel-Mainstream auch bei anderen Themen als der Wirtschaft nur sehr bedingt kompatibel ist:
https://hintermbusch.wordpress.com/2017/04/18/macron-ueber-seine-nation/
Macron integriert auch nach rechts in einem Maße, das der deutschen Ausgrenzungskultur eigentlich unangenehm auffallen müsste. Tut es aber nicht, weil das Einheitsdenken mit seinen verbindlichen Wertmaßstäben offensichtlich an der Grenze Brüche akzeptiert.
Alexander
18. April 2017 @ 22:05
Das ist doch von Macron hoffentlich mit der Alternativlosen und dem größten Finanzminister aller Zeiten abgesprochen, dass er sich aus wahltaktischen Gründen auch mal kritisch zum deutschen Wirtschaftsnationalismus äußern muss? Ansonsten: Was erlauben Franzmann?
Peter Nemschak
18. April 2017 @ 17:34
Soll Deutschland die Wettbewerbsfähigkeit seiner Wirtschaft künstlich schwächen nur weil Frankreich weder unter Chirac noch unter Sarkozy und Hollande nicht imstande war sein Sozialsystem reformieren? Die Roten verlangen politisch Unsinniges. Wie wollen Sie das der Mehrheit der deutschen Wähler erklären?
hintermbusch
18. April 2017 @ 22:29
Wir hatten das schon ein paar Mal: die deutsche Politik hatte keine Probleme damit, „ihre“ Wirtschaft mit den Hartz-IV-Gesetzen „künstlich“ zu stärken und damit ihre Probleme komfortabel zu exportieren. Warum sollte solches nicht auch umgekehrt möglich sein? Die Frage ist nur, ob das mit Argumenten erreichbar ist oder ob es dafür faktischen Druck braucht, also beispielsweise ein abruptes Ende des Euro.
Peter Eschke
19. April 2017 @ 13:46
Herr Nemschak, durch unseren gigantischen Außenhandelsüberschuss exportieren wir Arbeitslosigkeit in die Handelspartnerländer. Es ist dann unangemessen, die Problemlösung dem Partner aufzubürden. Es wäre schlauer, über höhere Einkommen die Nachfrage in D zu steigern und so die verabredungswidrigen Überschüsse abzubauen.
GS
18. April 2017 @ 17:04
Ich bin froh, wenn diese Wahl endlich vorbei ist. Diese ermüdend langen Wahlkämpfe mit nichts als heißer Luft…gähn. Da lobe ich mir die Briten. Nur 6 Wochen bis zur vorgezogenen Neuwahl!