London calling
Eine Woche vor dem britischen EU-Referendum stehen die Zeichen auf Sturm. Wenn nicht noch ein Wunder geschieht, dürfte es zum Brexit kommen. Doch wie ist die Stimmung in London – im Auge des Orkans?
[dropcap]D[/dropcap]as möchte ich selbst erkunden – und bin deshalb in die britische Hauptstadt gereist. Nach meiner Ankunft werde ich live von meinen Eindrücken bloggen (wenn das WLAN mitspielt).
Bevor es losgeht, kann ich noch einen Artikel aus dem „Cicero“ empfehlen. Unter dem Titel „Das schuldige Schweigen der Europäer“ spieße ich dort die Nicht-Reaktion der EU-Politiker auf.
Sie haben sich vom britischen Premier Cameron in eine Falle locken lassen, und stecken nun selber drin. Doch statt Wege und Ziele für den „Tag danach“ zu benennen, geben sie den EU-Gegnern Auftrieb…
LIVE-BLOG, Start ca. 10.00 MEZ, wird regelmäßig aktualisiert – bitte öfter reinschauen…
10.00h, im Eurostar nach London. Wer von Brüssel nach London fährt, taucht in eine andere Medienwelt ein. „Panik bei den Pro-Europäern“, titelt „Le Monde“. Das genaue Gegenteil schreibt der „Telegraph“ : „We’ll do better without Britain, EU leaders claim“, heißt es dort. Allerdings liefert der Autor keinen Beleg. Er zitiert nur eine mysteriöse Source“, die nichtmal hält, was die Headline verspricht. Very British…
12.00h AM Tate Gallery. Hier wird morgen der Neubau eröffnet, heute ist Schultag, closed for public! Egal, the talk of town dreht sich um die kleine Seeschlacht, die sich EU Gegner Farage und EU Anhänger Geldof gestern auf der Themse geliefert haben. And the winner is? Nobody, das war just for show!
13.00h PM Golden Square in Soho. Eigentlich soll hier eine Flugblatt Aktion des Remain Camps stattfinden. Doch davon ist nichts zu sehen, keinerlei Pro oder Contra EU Action. Nur Medien- und Modeleute, die ihren Snack nehmen. London is not burning…
16.00 AM Oxford Circus. Am Eingang zur Tube wird der London Evening Standard verteilt. Er meldet : „Surge for Brexit in dramatic poll. “ Die EU Gegner führen demnach mit sechs Punkten Vorsprung, was kaum noch einzuholen wäre. Aber kann man einem kostenlosen Blatt trauen?
18.00 AM Eben kommt die Meldung, dass die Labour-Abgeordnete Jo Cox erschossen wurde, möglicherweise von einem Rechtsextremen. Wenn das stimmt, könnte das alles ändern… Der Brexit Wahlkampf wurde schon unterbrochen!
GS
18. Juni 2016 @ 11:09
Der Polling Average der letzten Tage sieht Leave bei 48 % und Remain bei 43 %. Da hat sich das UK-Establishment wirklich gewaltig verzockt.
Es ist amüsant zu lesen, wie die Remain-Medien den Mord jetzt ausschlachten. Mich erinnert das an die deutsche Debatte in Bezug auf Einwanderung. Immer wenn etwas passiert, dürfe das nicht von den Skeptikern ausgeschlachtet werden. Es zeigt sich: Das ist alles nur dumpfes Geschwätz aus Angst vor Wählerstimmenverlust. Nichts anderes. Die Gegenseite verhält sich nämlich nicht anders, wenn es ihr in die Karten spielt.
Persönlich hoffe ich, dass die Briten uns mit den Umverteilern in Südeuropa nicht allein lassen, glaube ich aber in der Zwischenzeit nicht mehr.
Winston
18. Juni 2016 @ 11:03
Und nun kommt auch noch Renzi mit seinem Senf, der dämlicher nicht sein kann, zudem auch noch falsch. 🙂
https://twitter.com/advdesk/status/743795670268678144
Winston
18. Juni 2016 @ 10:51
1/4 Billion, nicht 1/2 Billion, sorry.
Winston
18. Juni 2016 @ 10:46
Denke wenn UK aus der EU austritt wird es nur minime Wirtschaftliche Konsequenzen haben, immer vorausgesetzt er findet geordnet statt. Sollte die EU allerdings seine Drohungen war machen, wird UK selbstverständlich reagieren, z.B mit Strafzölle und andere Massnahmen. Sollte es zu einer Krise kommen kann UK wesentlich besser darauf reagieren mit entsprechende Geldpolitische Interventionen, das ist in der EU und hier speziell in der Euro-Zone wesentlich komplexer, siehe Euro-Krise die nun schon seit 8 Jahren vor sich hin köchelt und in einigen Länder gewaltige Volkswirtschaftliche Schäden hinterlassen hat die schlimmer sind als die grosse Depression in den 30er Jahren und das verrückte ist, ein Ende ist nicht in Sicht, im gegenteil, erwarte heftige Turbolenzen im Bankensektor wenn nicht gegengesteuert wird.
Man sollte nicht vergessen das UK ein Netto Importeur ist. UK hat 2015 ein Handelsdefizit von 190 Mrd. € aufgewiesen davon 120 Mrd. allein aus der EU und hier 51 Mrd. allein aus Deutschland. In den letzten 10 Jahren hat UK fast eine halbe Billion € nach Deutschland transferiert in Form von Waren Einkäufe.
Gemäss Lissabon Vertrag Art. 50. abs. 1 kann ein EU Mitgliedstaat jederzeit die EU verlassen. Die Drohungen der EU sind absolut nicht angebracht und sind zutiefst bedenklich. Wieso sollten die Briten teile ihrer Souveränität an Brüssel abgeben die dann für sie entscheiden, weit weg vom demokratischen Prozess Britanniens.
Susanne
17. Juni 2016 @ 22:44
Ich las es im Blog…und noch eine Frage am Rande….verstehen Sie diese EU im Handeln?
Die alte eu war ein Garant für Frieden und sozialer, politischer sowie gesellschaftlicher Teilhabe. In der neuen eu sehe ich da tatsächlich enorme Verluste von Glaubwürdigkeit, was die Interpretation ehemals edler Ziele betrifft.
Ist es für Sie als Politologe eine Eu der Bürger und derem Wunsch nach Frieden? Ist es ein postdemokratisches Gefüge, um den Superstaat zu bilden…und wir müssen einfach mal x Jahre auf demokratische Teilhabe verzichten, um dem Ziel Superstaat näher zu kommen?
Ist diese neue eu auf dem richtigen Weg?
Gute Nacht, eine Pause…viele unbeantwortet Fragen. Auch ein blog kann nicht alles klären…aber, man redet
Peter Nemschak
18. Juni 2016 @ 09:29
Ich kann mir vorstellen, dass Camerons Motiv ein Referendum abzuhalten, schlicht persönlicher Machterhalt und Legitimierung durch das Volk war, nachdem er innerparteilich offenbar Akzeptanzprobleme hatte. Politisch stark hat er nie gewirkt. Tatsächliche und eingebildete Konkurrenten um die Macht finden sich immer. Eigennutz und persönliche Eitelkeit spielen bei den politischen Akteuren, welche an der Macht sind, eine nicht zu unterschätzende Rolle.
Susanne
17. Juni 2016 @ 22:32
Ich frage eigentlich nach dem Sinn und Zweck der cameronschen Übung: wir machen einen Volksentscheid. Er hat sich doch dabei etwas gedacht; er rief in die Welt: die EU muss sich reformieren.
Sie sind vom Studium her Politikwissenschaftler…ist es schwer, diese Frage zu beantworten und noch schwerer in Folge die Unterstützung von Angela Merkel zu transportieren?
Ist die Reformierung der EU nun flach gefallen…gibt es diese m.E. notwendige Reformierung nicht mehr nach dem Referendum?
ebo
17. Juni 2016 @ 22:35
Das ist eine lange Geschichte, dazu steht viel in diesem Blog…
Susanne
17. Juni 2016 @ 22:18
hm…welches Ziel hatte dann Cameron mit dem Ansetzen der Volksbefragung…und wo wo er sich denn mit Merkel einig…über das Ergebnis der Abstimmung?
Susanne
17. Juni 2016 @ 21:47
Herr Bonse, es ist für Sie nicht mehr möglich, ein paar Zeilen zu Ihrem Aufenthalt in GB zu transportieren?
Ich hoffe, Sie sind wohl auf und können uns ein Stimmungsbild durch interessante Gespräche vermitteln.
Ihnen und allen Lesern einen lieben Gruß und ein schönes Wochenende
ebo
17. Juni 2016 @ 21:55
Sorry, aber ich bin schon zurück! Mein Gesamteindruck war, dass London die Abstimmung weitgehend ignoriert. Dort lebt man mit und von der EU, von Mobilisierung ist allerdings auch nichts zu spüren. Viele Londoner ärgern sich, dass Cameron es so weit kommen liess…
Susanne
17. Juni 2016 @ 22:13
Man weiß Sie wohlauf 🙂 Cameron hat m.E. versucht die eu zu reformieren, ein Zeitlimit durch die Abstimmung gesetzt und auf dem Viertel dieser Strecke die Reformierung der eu aufgegeben…das Referendum musste er aber natürlich weiter laufen lassen. Halten Sie das für möglich? Anders kann ich mir die Entwicklung nicht erklären.
Ich glaube, seine politischen Ziele waren gut…aber die Kommission (Merkel) hat ihn auflaufen lassen.
ebo
17. Juni 2016 @ 22:15
Nein Merkel hat ihn nach Kräften unterstützt aber er hat sich verzockt, überzeugt nicht mal seine eigene Regierung!
Skyjumper
17. Juni 2016 @ 18:45
@ S.B.
„Zusammenhang besteht“ wurde gestern in verschiedenen NewsFeeds behauptet, u.a. eben mit den immer wieder zu lesenden Hinweis dass der Täter vor der dem Attentat „Britain first“ gerufen habe. Auch bei N24 wurde diese Meldung kurzfristig verbreitet bevor man auf die Termina „könnte“, „soll“, „vielleicht“ wechselte.
Auch Ihre beiden Quellen sagen im Prinzip ja nur das man nichts genaues weiß.
Von daher würde ich im Moment auch noch Abstand davon nehmen zu sagen: „Die bedauernswerte Tat hat offenbar nichts mit dem Brexit-Referendum zu tun.“
Wir wissen es schlicht noch nicht und sollten daher weder in die eine, noch in die andere Richtung spekulieren. Leider wird hier schon wieder ein Opfer instrumentalisiert.
Susanne
17. Juni 2016 @ 21:56
Ich glaube, Sie verstehen mich da falsch eventuell falsch. Das war ein politischer Mord, wie es ihn in der Geschichte immer gab, und poitische Morde haben neue Herrscher inthronisierten, Kriege auslösten, Gesellschaften formierten usw.
Das dieser Mord möglich war, ist … :nun finden Sie die Worte…welche das Geschehene korrekt definieren.
Mir ist bewusst, dass es die Diskussion in GB beeinflusst. Ich möchte einfach nur aufgrund des Geschehen mich etwas zurücknehmen.
Es ist m.E. eine freie Brexit-Diskussion so in GB nicht mehr möglich. Man hat ein menschliches Opfer, ein verlorenes Leben. Das ist ein ganz tiefer Einschnitt in eine politische Diskussion, welche ich mir eigentlich immer wünsche…welche ich immer gerne führe.
Es ist eine Zäsur.
ebo
18. Juni 2016 @ 16:14
Hier gab es ja Zweifel, ob es sich um einen politischen Mord gehandelt hat. Aber wenn der Täter auf die Frage nach seinem Namen antwortet: „death to traitors, freedom for Britain“, dann ist wohl klar, wes Geistes Kind er ist.
A propos: Den Spruch „XXX ist ein/e Verräter/in“ will ich hier nicht mehr lesen. In UK sehen wir, wohin das führt!
Winston
16. Juni 2016 @ 19:10
https://twitter.com/_FawkesGuy_/status/743477914793041921
R.I.P. Jo Cox 🙁
Susanne
16. Juni 2016 @ 22:35
Alle Fragen, welche ich hier zu dem Brexit gestellt habe, werden so nebensächlich bis unsinnig. Der Preis ist einfach zu hoch. Ich habe mir niemals vorstellen können, dass ein solches Referendum so schreckliche Folgen haben kann.
S.B.
17. Juni 2016 @ 08:33
Die bedauernswerte Tat hat offenbar nichts mit dem Brexit-Referendum zu tun. Wollen wir also nicht in voreilige Gefühlsduselei abgleiten und dadurch das eine unzulässig mit dem anderen verbinden.
Skyjumper
17. Juni 2016 @ 10:09
@S.B.
Bitte eine Quelle für den „Nicht-Zusammenhang“ nennen. Ich habe bisher nur Quellen für „Zusammenhang besteht“ und für „Zusammenhang unklar“ gelesen.
S.B.
17. Juni 2016 @ 11:19
@skyjumper: Hier die Quelle für „das Motiv ist ungewiss“: http://www.spiegel.de/politik/ausland/jo-cox-bruder-des-tatverdaechtigen-spricht-von-psychischen-problemen-a-1098113.html
Im Nachgang wird nun die Nazi-Karte gegen den Täter gezogen (nicht nur Deutsche sind Nazis, wenn Sie gegen den EU-Wahnsinn sind ;-)) http://www.spiegel.de/politik/ausland/jo-cox-taeter-soll-an-neonazis-gespendet-haben-a-1098136.html
Man beachte in beiden Meldungen das „soll“. Nichts Genaues weiß man nicht…
Welche Quelle berichtet denn, dass ein Zusammenhang besteht?
Skyjumper
16. Juni 2016 @ 18:09
Wie ich bereits vor etwa 1 Woche an anderer Stelle in diesen Blog schrieb halte ich die Panikstimmung der EU-isten für übertrieben. Zwar würde ich persönlich mir einen Brexit wünschen, aber danach sieht es weiterhin nicht aus.
Die meisten Umfragen sehen nach wie vor ein enges Kopf-an-Kopf Rennen mit etwa 10 % unentschlossenen von denen erfahrungsgemäß der größere Teil für „lieber keine Experimente“ stimmen wird.
Die einzige Umfrage mit einem deutlichen Vorsprung (19%) für den Brexit war insoweit ein Fake als die Fragestellung dahinter lautete „wie würden sie stimmen WENN Großbritannien austreten und trotzdem im Binnenmarkt bleiben würde“. Die Umfrage mit dem nächstgrößeren Vorsprung für einen Brexit (5%) war tatsächlich ein Fake wo irgendwer die Website des Meinungsforschungsinstituts gehackt hatte. Von daher ist also noch alles offen.
Und wie nicht anders zu erwarten verschärfen sich nun die Warnungen vor den wirtschaftlichen Folgen drastisch. Was ich gleichfalls hier schon vermutete ist auch langsam erkennbar:
Die Spannungen zwischen England einerseits, und Wales, Nordirland und insbesondere Schottland andererseits werden als Last-Minute Argumentation ins Gefecht geworfen. Besonders Sturgeon macht immer unverblümter klar, dass Schottland für den Fall eines Brexits ein neues Verfahren für eine Abspaltung von Großbritannien anpacken wird. Das packt die Engländer emotional.
Das heute eine pro-EU Abgeordnete mit den Worten „Britain first“ angeschossen und schwer verletzt wurde, wird den Brexit-Befürwortern auch wenig Sympathien eintragen.
Kurzum: Ich vermute die Wettbüros mit ihren Quoten behalten am Ende Recht.
Winston
16. Juni 2016 @ 14:08
Der Grexit stand bei Syriza nie zur Debatte, genau gleich sieht es bei Podemos aus.
Varoufakis und Tsipras sind stramme Euro Befürworter.
Es wurde nicht über den Euro Austritt Griechenlands abgestimmt, sondern um die Abschaffung oder Minderung der Austerität. Podemos ist genau die gleiche Luftnummer wie Syriza. Man will im Euro bleiben und gleichzeitig keine Austerität, man wird genau gleich gegen die Wand fahren wie Syriza.
Austeritäts Verhandlungen ohne einen Exit Plan in der Tasche zu haben machen keinen Sinn.
Ohne Exit Plan wird die EZB immer das letzte Wort haben, immer. Sobald es der EZB zu Bund wird, wird sie kurzerhand den Geldhahn zu drehen und das wars dann mit verhandeln. Es bleiben dann 2 Möglichkeiten:
a) Austreten (ohne Exit Plan nicht möglich)
b) Nachgeben mit evtl. noch schlimmere Austeritäts Auflagen, wie in Griechenland passiert.
Die Linke steht geschlossen hinter dem Euro, das ist das Ass Merkels.
Die Linken sind bereit für den Euro Erhalt alles zu opfern, wenn ich sage alles meine ich wirklich ALLES, auch Menschenleben. Was zur Zeit in Europa passiert ist nur noch Grotesk und Surreal.
UK ist eine ganz andere Geschichte, schon deshalb weil UK nicht in der Euro-Zone ist. UK hat ihre eigene Währung und ihre eigene Zentralbank, deshalb kann man UK nicht unter Druck setzen, bzw. nur Medial unter Druck setzen, dies funktioniert nicht immer, wie wir man in Griechenland gesehen haben und evtl. auch in UK sehen werden. Ein Exit eines Euro Landes hätte für die Euro-Zone wesentlich schlimmere Konsequenzen als ein Brexit, egal welches Land austritt, auch wenn nur Zypern ist.
Peter Nemschak
17. Juni 2016 @ 05:12
Allerdings wäre, wie der Economist schreibt, der Austritt Großbritanniens in Zeiten eines Donald Trump ein schwerer Schlag gegen die liberale Ordnung, welche die Grundlage unseres Wohlstands in Europa ist. Das wird von kleinkarierten Nationalisten, deren Horizont an der Stadtgrenze ihres Wohnorts endet, geflissentlich übersehen. Die soziale Lage der Benachteiligten würde sich dadurch eher verschlechtern als verbessern, wenn insgesamt weniger zu verteilen ist.
S.B.
17. Juni 2016 @ 08:29
@Peter Nemschak: Warum mit „kleinkarierten Nationalisten“ die liberale Ordnung, die wir gar nicht haben, untergehen sollte, ist wohl Ihr spezielles Geheimnis. Die verbohrten Globalisten, denen jeglicher marktwirtschaftlicher Horizont abhandengekommen ist, übersehen nämlich, dass wir keine liberale, sondern eine globale neoliberale Ordnung haben. Die nützt den Benachteiligten nicht nur nichts, sondern sie schadet ihnen und nicht nur ihnen. Durch diese neoliberale Ordnung werden ganze Gesellschaftsschichten (insbesondere auch die Mittelschicht) zerstört, da sich die Umverteilung von unten nach oben immer weiter verstärkt. Es ist eben schlecht, wenn man die Augen vor den offensichtlichen Fakten verschließt, um seine Ideologie zu rechtfertigen.
Skyjumper
17. Juni 2016 @ 10:27
@Peter Nemschak
Bitte den Beitrag von S.B. mehrfach lesen und verinnerlichen. Die heute immer wieder (leider nicht nur von den Globalisten, sondern auch von den Sozialisten) vorgenommene Gleichsetzung von Globalismus/Neoliberalismus einerseits, und echten Liberalismus andererseits, ist vollkommener Humbug. Das eine hat mit dem anderen in etwa so viel zu tun wie Dampfkraft mit Atomkraft.
Wenn die Mittelschichten in den Industriestaaten das endlich mal kapieren würden, und im Ergebnis aufhören würden die Konzernsozialisten ala CDU zu wählen, dann wäre schon viel gewonnen.
Der Neoliberalismus verkauft sich immer als Deregulierung. Nichts wäre falscher. Tatsächlich haben sich die Großkonzerne in einen Kokon von Regelwerken eingesponnen der den Mittelstands- und Kleinunternehmer wirksam aussperrt. Und Konzerne schaffen weder Wohlstand noch Arbeitsplätze.
OXIgen
17. Juni 2016 @ 14:41
Sie haben es perfekt auf den Punkt gebracht! Die eruopäische Linke hat komplett versagt, indem sie das Festhalten am Euro als Beruhigungspille unter ihren Wählern verteilt hat. Dass dies nur ein Placebo ist, wissen die wenigsten der Empörten und die, die es wissen, hüten sich, sich die Wahrheit zu sagen. Solange die Linke auf der Klaviatur des Neoliberalismus mitspielt, ist das nicht nur grotesk und surreal, sondern im höchsten Masse erschreckend. Und es ist nicht verwunderlich, wenn linke Euro-Gegner en masse – und vorrübergehend – ins rechte Lager abwandern, weil sie nur dort eine Chance sehen, dem EU-Spuk ein Ende zu bereiten. Solange bei den europäischen Linken nur verlogene Worte und mal ein paar Torten fliegen, wird sich gar nichts ändern und Merkel kann beruhigt schlafen.
A propos schlafen: wer sich mit Hunden ins Bett legt, muss sich nicht wundern, wenn er mit Flöhen aufwacht. Altes Sprichwort. Passt.
Andres Müller
16. Juni 2016 @ 12:14
Nur als Ergänzung:
Könnte das Referendum zu Gunsten eines Brexit übergangen werden durch die Politik?
Antwort auf BBC:
„The answer is that technically MPs could block an EU exit – but it would be seen as political suicide to go against the will of the people as expressed in a referendum. The referendum result is not legally binding – Parliament still has to pass the laws that will get Britain out of the 28 nation bloc, starting with the repeal of the 1972 European Communities Act.“
Da bin ich etwas anderer Meinung, falls die Briten nur sehr knapp für einen Austritt abstimmen (wenn Brexit= Ja nur knapp angenommen würde).
Ich denke das in diesem Fall nochmals mit der EU gefeilscht werden könnte. Ein Suizid wäre es bei knapper Mehrheit nur wenn die Politiker nach der Abstimmung (Referendum in England = Empfehlung des Volkes an die politischen Entscheidungsträger) sofort an die Arbeit mit der Verhinderung zur Umsetzung machen würden. Stattdessen halte ich es für am wahrscheinlichsten das zuerst einmal nichts geschieht, nachdem der erste Pulverdampf verflogen ist. Es soll sowieso mindestens 2 Jahre dauern bis die Briten und die EU den Austritt geregelt abwickeln könnten.
Lediglich bei hoher Zustimmung zum Brexit erscheint es mir in England (in der Schweiz wäre das anders) der Austritt unvermeidlich.
Den Griechen wurden ja vor Kurzem sogar trotz hoher Zustimmung und Stimmenanteil das Resultat der „Grexit“ Gläubiger Verhandlungen verwehrt. Dahinter dürfte die seit Jahren zunehmende Macht der globalen Gross-Investoren stecken, die im Fall eines Brexit ebenfalls geschädigt werden könnten.
Peter Nemschak
16. Juni 2016 @ 14:09
Eine kluge und sehr schweizerische Sicht. Für die Griechen wird eine teilweise Schuldenentlastung wahrscheinlich nach der nächsten Bundestagswahlen kommen. Akut notwendig ist sie nicht.
Susanne
16. Juni 2016 @ 11:02
Ein spannendes Projekt.
Wie stehen die Bürger zu der Aussenpolitik der EU, gerade auch nach der Warnung des brit. Botschafters und der Anmerkung von Sarkozy über Merkels Mandat?
Fühlen sich die Bürger demokratisch mitgenommen durch die eu?
Wollen die Briten Merkels Umverteilungsplan akzeptieren?
Halten die Briten die „Griechenlandrettung“ für einen Erfolg?
Sehen die Briten einen Sinn in den ganzen Verordnungen…der Spiegel verwies 2014 auf dem „klarstellenden Charakter“ der in die eu eingebrachten „Klopapierendrollenentsorungsverordnung“. Der Schenkelklopfer schlechthin. Alles deutsch geregelt.
Eine Frage an die Briten: was halten diese von der deutschen Dominanz in der eu. Würden diese bleiben, wenn Merkel sich zurückziehen würde?
Peter Nemschak
16. Juni 2016 @ 14:05
Spannend für Sie und eine Minderheit der Bürgerinnen und Bürger. Ich fürchte, der Mehrheit sind Ihre Fragen egal, solange es nicht um die Bedrohung der eigenen Existenz geht. Die Klopapierendrollenentsorgungsverordnung ist für SUN und BILD als Anti-EU-Beweismittel höchst relevant, egal ob sie nun der ISO-Norm entspricht oder nicht. Ich hoffe, ich habe Sie nicht desillusioniert.
Claus
16. Juni 2016 @ 10:18
Schöner Beitrag im „Cicero“, Der Tag nach einem Brexit? Ganz im Sinne eines früheren britischen Wetterberichtes: „Fog in Channel – Mainland cut off!“ wird der patriotische Brite vermutlich sehr gelassen sagen: „Britain independent – EU cut off!“ (Eventuell begleitet von „Thank God!“. Ich glaube nicht, dass allzu viele Engländer über einen Brexit traurig wären – sieht man mal ab von den City Boys, die den lieben langen Tag im Nanosekundentakt mit der zigtausendsten Variante eines derivativen Finanzinstrumentes auf Euro, Pfund Sterling oder Dollar dealen, oder Unternehmen filetieren und verscherbeln, also realwirtschaftlich sehr begrenzt nützlich sind. Dann vielleicht noch jüngere Menschen, die es irgendwie praktisch finden, Berlin, Paris, Rom oder Mallorca mit den gleichen Geldscheinen in der Tasche zu bereisen, und denen größere Zusammenhänge egal sind oder die sie nicht verstehen. Aber sonst?
Bin gespannt, wie es ausgehen wird!
Peter Nemschak
16. Juni 2016 @ 08:30
Selbst unter den Studenten ist nur eine Minderheit bereit, sich sachlich mit den Vor- und Nachteilen eines Brexit auseinanderzusetzen. Die Menschen scheinen andere Prioritäten zu beschäftigen als die Frage, ob Großbritannien in der EU bleiben soll oder nicht. Politik ist heute Teil eines Medienspektakels, in dem ein Aufreger den nächsten jagt: Politik als langweiliges Berieselungskino. Im Grunde ist das Interesse der meisten Menschen an Politik enden wollend, die persönlichen Pläne für das herannahende Wochenende haben eindeutig Priorität gegenüber Ereignissen mit Langzeitwirkung, die ohnedies niemand voraussagen oder beeinflussen kann. Die Aufregung ist bei den unmittelbar Betroffenen, den Politikern, Finanzinvestoren und Journalisten naturgemäß am größten.
ebo
16. Juni 2016 @ 08:44
Das kann ich teilweise bestätigen. Zumindest in Deutschland interessiert der Brexit nicht wirklich, kein Vergleich mit dem Grexit – Drama letztes Jahr…
Peter Nemschak
16. Juni 2016 @ 11:06
…wegen des Euro, vielleicht auch wegen des medialen Interesses für einen potentiellen Grexit, obwohl vom politischen und wirtschaftlichen Gewicht Großbritannien ungleich bedeutender für die EU als Griechenland ist.
Skyjumper
16. Juni 2016 @ 09:50
„Im Grunde ist das Interesse der meisten Menschen an Politik enden wollend, die persönlichen Pläne für das herannahende Wochenende haben eindeutig Priorität……..“
Vor dem Phänomen kapituliere ich auch immer wieder erstaunt. Andererseits ist das auch richtig. Schließlich sollte Politik eigentlich „nur“ die möglichst konstanten Rahmenbedingungen für das wirkliche Leben setzen. Und das wirkliche Leben der der meisten findet nunmal rund um den Wohnsitz und die Arbeitsstelle statt, und nicht in Berlin, Brüssel oder London. Den Kopf schüttel ich trotzdem immer wieder fassungslos. Denn wichtiger als die nächste Grillwurst ist der Rahmen allemal.
Doch davon abgesehen haben sehr viele Menschen auch genügend damit zu tun im täglichen Run durchs Hamsterrad nicht ins Stolpern zu kommen. Es ist Luxus (sofern nicht Beruf) die zeitliche UND geistige Muße zu haben sich so intensiv mit Politik beschäftigen zu können dass man es wenigstens halbwegs versteht.