Mehr Schottland wagen
Schottland wird nicht unabhängig, aus GB wird kein Klein-Britannien. Doch immerhin sollen die Schotten nun erweitere Autonomie-Rechte bekommen – laut “BBC” schon im nächsten Jahr. Auch die EU sollte auf das Referendum reagieren – und endlich demokratischer und sozialer werden.
Jetzt können alle aufatmen: Premier Cameron und sein Buddy Barroso, der mit fragwürdigen Rechtsauffassungen Front gegen die Unabhängigkeits-Bewegung in Schottland gemacht hatte.
Das Abstimmungs-Ergebnis passt allen: Den Schotten, weil sie nun neue Rechte bekommen, aber keine Krise fürchten müssen. Den Briten, weil sie nun weitermachen können wie bisher.
Und natürlich der EU. Sie konnte keine weitere Krise gebrauchen, Deflations-Gefahr und Ukraine-Krieg sind schon mehr als genug. Ein unabhängiges Schottland hätte zudem Nachahmer finden können – von Katalonien bis Transnistrien.
So kann die EU weiter an der Fiktion freier und gleicher Nationen festhalten, die am “gemeinsamen Haus Europa” bauen. Gleichzeitig darf Cameron weiter an den Fundamenten dieses Hauses rütteln.
Dabei gäbe es auch für Brüssel wichtige Lehren aus dem Schotten-Schock:
- Die EU ist auf Autonomie- und Demokratie-Bewegungen immer noch nicht vorbereitet. Es wird höchste Zeit, die Verträge zu entrümpeln und mehr Demokratie zu wagen. Demokratie darf kein GAU mehr sein!
- Gleichzeitig fördert die EU durch ihre fatale Wirtschafts- und Finanzpolitik nationale und regionale Egoismen. Damit muss Schluss sein – die EU muss sozialer werden und wieder für ähnliche Lebensbedingungen sorgen.
- Für Länder und Regionen, die bereits Teil der EU sind, müssen künftig andere Regeln gelten als für Neumitglieder. Es kann nicht sein, dass die Ukraine von der EU besser behandelt wird als Schottland (“Alles fürs Protektorat Ost”)!
Vor allem das Europaparlament sollte die Lektion aus Schottland pauken. Dass ausgerechnet EU-Abgeordnete das EU-freundliche Schottland bestrafen wollten, nährt neue Zweifel an der Legitimität dieses Parlaments…
Tim
19. September 2014 @ 18:09
@ ebo
Zustimmung – mit einer Ausnahme:
Ein regionaler Egoismus liegt vor, wenn eine Region Geld von einer anderen Region haben möchte – nicht, wenn eine Region bestimmte Dinge für sich selbst entscheiden möchte.
Joe Thorpe
19. September 2014 @ 15:09
You must never be afraid of democracy, how can you press others to take the democratic walk through this world if you banish free will, thought, speech & democracy from your own shores?
Peter Nemschak
19. September 2014 @ 13:11
Ich würde nicht zwischen Alt- und Neumitgliedern sondern zwischen assoziierten und Vollmitgliedern unterscheiden. Mehr Subsidiarität täte der EU jedenfalls gut, mehr Zersplitterung wäre für die EU, die jetzt schon nicht leicht regierbar ist, schlecht. So gesehen ist die Haltung mancher EU-Abgeordneter verständlich. Jedenfalls zeigt das Votum, dass der Nationalstaat noch lange nicht überwunden ist.