Lame Duck Merkel
WATCHLIST EUROPA 20.11.2017 – Für die „Führerin der freien Welt“, Noch-Kanzlerin Merkel, ist es nicht gerade ein Ausweis von „Leadership“, was sich in den letzten vier Wochen in Berlin zugetragen hat.
Da verhandelten ihre Partei (immer noch die CDU), ihre Schwesterpartei (CSU), ihr Wunschpartner (FDP) und ihr Möchtegern-Partner (Grüne) über eine Koalition, um sie erneut zur Kanzlerin zu machen.
Doch nach Ablauf mehrerer selbst gestellter Fristen waren die Herrschaften immer noch nicht fähig, sich zu einigen. Irgendwann gegen Mitternacht machte sich die FDP vom Acker – Jamaika ist geplatzt.
Noch ist es zu früh, um diesen Vorgang abschließend zu bewerten. Haben die Liberalen von Anfang an den Ausstieg geplant? Oder bereiten sie ein schwarz-gelbes Bündnis vor? Das dürfte sich bald zeigen.
In jedem Fall mangelte es an „Leadership“. Merkel tat die ganze Zeit so, als gehe sie das ganze Gerangel nichts an, als stünde sie über den Parteien, den Politikern, ja sogar über den Inhalten der Politik.
Klar, das ist ihr Erfolgsrezept: So lange warten, bis sich ein Konsens herausschält – und dann so tun, als sei man an der Spitze. Doch diesmal sieht es eher so aus, als habe Merkel die sichere Deckung gesucht.
Das kann man klug nennen, oder auch feige. Fest steht, dass die Kanzlerin nun als „Lame Duck“, als lahme Ente, dasteht. Sie hat nicht geführt, sondern gezögert – und wie es weitergeht, liegt auch nicht in ihren Händen.
Für die EU ist das eine ernüchternde Nachricht. Deutschland ist mit dieser Kanzlerin und dieser Koalition zum Sorgenkind in Europa geworden. Das Problem heißt nicht mehr nur Lindner, es heißt Merkel…
Siehe auch: „Warum schont ihr Merkel? (III)“
WAS FEHLT? – Die Entscheidung über die EU-Agenturen, die wg. Brexit aufs Festland umziehen müssen. Deutschland will alles – die Bankenaufsicht und die Arzneimittelagentur. Doch das „deutsche Europa“ steht nicht mehr unangefochten da, fast alle EU-Länder halten dagegen. Die Entscheidung soll am Nachmittag in Brüssel fallen.
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Baer
20. November 2017 @ 10:22
Zuerst mal grundsätzlich die politisch Abhängigkeit von den USA beenden,dann mit einer vom Deutschen Volk beschlossen Verfassung eine Politik für die Deuschen und die Europäer umsetzen,dann wird ein Schuh draus.Alles andere ist eine Politik,die auf einer falschen Grundthese fußt,und damit an den Bedürfnissen der Menschen vorbei geht.
Ich gehe davon aus, dass diese Entscheidung der FDP einen zusätzlichen Schub verleihen wird.
So ist Demokratie.
Thomas
20. November 2017 @ 10:15
Merkel hat Deutschland Europa in den Abgrund geführt.
Peter Nemschak
20. November 2017 @ 08:36
Es war von Anfang an klar, sollten die Jamaica-Gespräche scheitern, wird der Auslöser dafür die FDP sein, weil sie am wenigsten zu verlieren hat. Der Bürger ist gut beraten sich so aufzustellen, dass sein wirtschaftliches und Seelenheil nicht von einer bestimmten Regierungskonstellation abhängt. Wahrscheinlich denken viele so, die bei der letzten Wahl FDP gewählt haben.
ebo
20. November 2017 @ 09:08
Nanu, bisher hatte ich Sie anders verstanden. Da waren immer die Linke und die Grünen schuld… Dabei ist es in Wahrheit das (rechts-)liberale Lager, das die von Merkel so oft beschworene Stabilität gefährdet (im FDP-Wahlprogramm war es schon abzulesen)…
Peter Nemschak
20. November 2017 @ 15:07
Schuld woran? Wenn wir von Schuld sprechen, dann ist der rechte und linke gesellschaftspolitische Rand der wahre Feind der Marktwirtschaft und einer liberalen gesellschaftlichen Ordnung. Klimaschutz wird es auch ohne die Grünen geben, da bereits eine Dynamik im Wettbewerb zwischen China und der EU um die Technologieführerschaft entstanden ist. Warum soll sich die FDP für eine Koalition hergeben, die sie politisch aus ihrer Sicht nicht mittragen kann? Politische Stabilität wird sich mit oder ohne Merkel wieder einstellen. Inzwischen hilft der schwache Euro der Exportwirtschaft in den EU-Ländern. Deutschland und die EU werden in den nächsten Monaten auch ohne deutsche Regierung überleben. Wegen der deutschen Ereignisse ein wenig aus dem Fokus geraten, kämpft Macron in Frankreich gegen basisdemokratische Alluren seiner von ihm gegründeten „en marche“ – Bewegung. In Italien wird man sehen, ob sich Grillos Version des Populismus halten wird. Podemos in Spanien geht es auf Grund innerer Machtkämpfe nicht viel besser. Dagegen ist Deutschland ein Hort der Stabilität.