Korporatismus? Korruption!

Die Millionenspende der Familie Quandt an die CDU hat auch in Brüssel für Schlagzeilen gesorgt. Zwar halten sich die EU-Politiker zurück. Doch hinter vorgehaltener Hand stellen alle den Bezug zur deutschen Blockade bei CO2-Grenzwerten für Neuwagen her. Wie soll man den Fall bewerten?

Man stelle sich einmal vor, der britische Premier Cameron hätte eine Reform der EU-Bankenaufsicht verhindert – und dann käme raus, dass seine Partei eine Großspende von der Londoner City erhält.

Der Aufschrei wäre groß, von Bestechlichkeit wäre die Rede. Womöglich würden die EU-Chefs die Reform einfach ohne die Briten machen – genau, wie es Kanzlerin Merkel bei ihrem Fiskalpakt vorexerziert hat.

Doch nun, da es um den Klimaschutz und deutsche Luxuskarossen geht? Um eine Millionenspende der Quandt-Familie an die CDU? Wobei noch dazu herauskommt, dass diese Spende von langer Hand eingefädelt war und bewusst im Wahlkampf verschwiegen wurde?

Die Reaktion fällt sehr verhalten aus – vermutlich, weil alle in Brüssel wissen, wo der Hammer hängt: in Berlin. Sogar die deutschen Europaabgeordneten, die den von Merkel gekippten Kompromiss ausgehandelt hatten, schweigen.

Auch diese Omerta ist leicht zu erklären: Im Europaparlament war die SPD federführend, und die verhandelt in Berlin gerade über eine große Koalition. In Wahrheit geht es um eine ganz große Koalition – bis nach Europa.

Auch in Deutschland hält sich die Empörung in Grenzen. In dem einflussreichen Blog “wiesaussieht” macht sich F. Lübberding sogar über den Skandal lustig – und behauptet, es gehe um ganz gewöhnlichen Korporatismus.

Doch das ist falsch. Denn Merkel hat nicht mit der gesamten deutschen Autoindustrie gekungelt (einen Corpus gebildet), sondern nur mit BMW, Daimler, vielleicht Audi. Der größte deutsche Autobauer VW hingegen war für die Reform.

Wir haben es hier mindestens mit einem schweren Fall von Klientelpolitik, vermutlich aber sogar mit Korruption zu tun.

Dabei behaupte ich nicht, dass Merkel sich persönlich bereichert hätte. Ich behaupte auch nicht, dass sie erst durch die Quandt-Spende zu ihrer EU-Blockade bewegt worden wäre. Das war vermutlich nicht nötig.

Klar ist jedoch, dass Merkel massiven Druck auf EU-Partner gemacht hat, um die Interessen weniger privater Unternehmen in Deutschland durchzusetzen, und dass hinterher Geld an ihre Partei floss.

Selbst wenn sich kein direkter Zusammenhang nachweisen lässt, nennt man das Korruption. Nicht im engeren Sinne von Bestechung, sondern von Vorteilsgewährung und Vorteilsnahme.

Oder nach der Definition von Transparency International: Corruption is operationally defined as the misuse of entrusted power for private gain.

Nun weise mir mal jemand nach, dass Merkel nicht in privatem, sondern in öffentlichem Interesse gehandelt hat. Dieser Beweis dürfte ziemlich schwer fallen.

Wie gesagt, VW, Deutschlands größer Autobauer, war nicht mit im Boot. Und das Gemeinwohl liegt ja wohl eher beim Klimaschutz, in Deutschland wie in Europa…

Siehe zu diesem Thema auch “Wie sich die Deutschland AG schützt”