Keine Einheit gegen Le Pen

In Brüssel wächst die Sorge um Frankreich. Nach dem Fehlstart des liberalen Kandidaten Macron in die 2. Wahlrunde gab es Misstöne bei den 1. Mai-Kundgebungen. Die „Einheitsfront“ gegen Le Pen ist passé.

2002 waren sich die französischen Gewerkschaften noch einig: Gegen den Front National-Führer Le Pen (Vater) organisierten sie eine „Einheitsfront“. „Alle zusammen gegen rechts“, so das Motto.

Fünfzehn Jahre später ist alles anders. Bei den traditionellen Mai-Kundgebungen rufen manche zur Wahl Macrons auf, andere protestieren gegen Le Pen, wieder andere wollen „weder noch“.

Damit steigt die Gefahr eines Le Pen-Siegs. Denn wenn die Gewerkschafter beim entscheidenden 2. Wahlgang am kommenden Sonntag zu Hause bleiben, könnten Macrons entscheidende Stimmen fehlen.

In Deutschland gibt man schon jetzt dem Linken Mélenchon die Schuld. Denn der hat tagelang geschwiegen und nicht zur Wahl Macrons aufgefordert, wie es das deutsche Establishment fordert.

Doch nun stellte Mélenchon klar, dass es ein „schrecklicher Fehler“ wäre, Le Pen (Tochter) zu wählen. Ihm wird man die Schuld für einen möglichen Rechtsruck also kaum geben können.

Das Problem liegt eher in den zersplitterten, schwachen und teilweise sektiererischen Gewerkschaften – und bei Macron selbst. Denn der boxte als Wirtschaftsminister unpopuläre Arbeitsmarktreformen durch.

Dafür wird er zwar in Deutschland gefeiert. Doch in Frankreich brachte er die Gewerkschaften auf die Barrikaden. Das wirkt nun nach – und könnte sich noch bitter rächen...