Kein Zukunftsbudget

Die EU hat ein neues Budget für die Jahre 2014 bis 2020 vorgelegt. In den nächsten sieben Jahren sollen die Ausgaben auf 960 Mrd. Euro begrenzt werden; de facto könnten es noch 50 bis 60 Mrd. Euro weniger werden. Die Differenz sorgt noch für Streit – doch fest steht schon jetzt: die Zukunft gewinnt die EU so nicht.

Was wäre ein Zukunftsbudget für Europa? Diese Frage wurde in den letzten Monaten kaum diskutiert – dabei streiten die 27 EU-Chefs schon seit November um den Haushaltsplan für 2014 bis 2020.

Statt strategische Ziele zu benennen, wurde eine populistische Neiddebatte über Beamtengehälter geführt. Der britische Premier Cameron gab den Ton an – mit seiner „Geiz ist geil“-Kampagne.

Kanzlerin Merkel machte mit – dabei schadet sie auch deutschen Interessen. Denn „mehr Europa“ lässt sich nicht mit weniger Geld aufbauen. Die Kürzungen schlagen auch auf Deutschland zurück, zum Beispiel in strukturschwachen Regionen.

Noch sträubt sich das Europaparlament gegen den Deal. Dennoch ist jetzt schon klar, dass die wichtigsten Elemente für ein Zukunftsbudget fehlen:

  • Die EU bekommt nicht mehr Eigenmittel, sondern hängt mehr denn je am Tropf der Mitgliedstaaten. Dabei sieht der Lissabon-Vertrag die Eigenfinanzierung vor; die neue Finanzsteuer hätte sie ermöglicht.
  • Das Budget wird nicht zum Gegensteuern in der Eurokrise genutzt. Zwar soll es einen neuen Sondertopf gegen die Jugendarbeitslosigkeit geben. Doch insgesamt werden die Kürzungen prozyklisch wirken.
  • Die überkommene Ausgabenstruktur wird kaum geändert. Die größten Posten sind weiter Agrarsubventionen und Strukturhilfen für arme Regionen. Wachstum und Beschäftigung stehen nur auf dem Papier.
  • Dem Streichkonzert dürften vor allem die geplanten Aufstockungen für Forschung, Energie, Entwicklungshilfe und Infrastruktur zum Opfer fallen – also genau die „Zukunftsthemen“, die verbal immer hochgehalten werden.
  • Unangetastet bleiben hingegen die anachronistischen Rabatte. Davon profitiert nicht nur London mit seinem Briten-Rabatt, sondern auch Berlin – mit einem Nachlass auf die Mehrbelastung, die aus dem Briten-Rabatt folgt.

Gekrönt wird das Ganze durch den Umstand, dass die EU-Chefs erstmals unverhohlen mit einem Defizit planen. Sie wollen weniger Finanzmittel bereitstellen, als sie Ausgaben erlauben.

Damit gehen die Chefs nicht nur auf Konfrontation mit dem Europaparlament, das ein Schrumpf-Budget ablehnt. Sie widersprechen sich auch selbst. Denn eigentlich sollten die Defizite heruntergefahren werden…

So hat es Merkel in ihrem Fiskalpakt durchgesetzt. Jetzt ist sie im Begriff, ihre eigene Regel zu brechen – und das alles wegen eines Flirts mit Cameron und seinen Euroskeptikern…

Siehe zu diesem Thema auch „Unser New England“ sowie „Merkels neue Freunde“