Jetzt noch schnell Spanien und Portugal strafen
Mitten in der neuen Brexit-Bankenkrise will die EU-Kommission Sanktionen gegen die “Defizitsünder” Spanien und Portugal verhängen. Sie folgt damit Druck aus Deutschland – und könnte eine Kettenreaktion auslösen.
Die Sanktions-Entscheidung stehe unmittelbar bevor, sagte ein Sprecher der Brüsseler Behörde. Sie steht schon seit Wochen auf der Agenda, war wegen des Brexit-Votums aber aufgeschoben worden.
Vor allem Bundesfinanzminister Schäuble und seine CDU fordern, endlich in Madrid und Lissabon durchzugreifen. Am liebsten würden sie Milliardenstrafen verhängen – eine Premiere in unruhigen Zeiten.
Denn zum einen haben Portugal und Spanien in Wahlen gegen den deutschen Sparkurs gestimmt. Zum anderen könnten Strafen die wacklige Erholung beider Länder gefährden, auch Bankpleiten sind möglich.
Aber das schert Schäuble nicht. Ihm geht es darum, “die Regeln” durchzusetzen. Wenn die Kommission nicht spurt, so droht er, soll sie entmachtet und durch eine neue, “unabhängige” Behörde ersetzt werden.
Währungskommissar Moscovici hat also die Wahl zwischen Pest und Cholera. Da nützt es ihm auch nichts, dass er nach dem Rücktritt des britischen Kommissars Hill mehr Macht erhalten soll…
Peter Nemschak
7. Juli 2016 @ 13:35
Wenn man den finanziellen Saustall der Stadt Rom mit über 12 Milliarden Euro Schulden und unbezahlten Rechnungen, die bis in die 60-iger Jahre zurückreichen, betrachtet, vergeht einem endgültig die Lust auf eine Transferunion zu unseren Lasten. Ohne europäischen Bundesstaat mit strenger Gebarung – unwahrscheinlich in unserer Generation – ist Umverteilung zwischen den Mitgliedsländern der EU Wunschdenken von politischen Wirrköpfen. In Griechenland streiken die Rechtsanwälte seit Monaten und legen das Justizsystem lahm. Da muss es heißen: getrennte Kassa erhält die Freundschaft, was ein Ausscheiden von mentalitätsmäßig Ungeeigneten aus dem Euro nahe legt.
Johannes
6. Juli 2016 @ 16:57
Bisher wurden genau bei diesem Thema immer alle Augen in Brüssel zugemacht. Ganz ehrlich, wer glaubt denn ernsthaft, dass es dieses mal anders sein wird? Beide Länder werden nicht bestraft werden. Das ist die EU-Kommission.
Ihr macht euch alle unnötig Sorgen. Schäuble muss eine nette Show für uns Deutsche abziehen. Sowas würden Politiker in Griechenland oder Portugal ja nie machen, oder???
Wie beim Grexit:
Merkel will keinen Grexit (offiziell), um die deutschen Bürger ruhig zu halten, steigt Schäuble ein und will den Grexit. Ich weiß, viele können sich nicht vorstellen, dass Merkel und Schäuble aus ein und der selben Partei, die zusammen regieren, sich absprechen würden für so ein nette Show.
luciérnaga rebelde
6. Juli 2016 @ 15:29
Was will denn Deutschland noch? Die Finanz, Waffen und Grossindustrie hat ja schon alles, bis zur Knute. Wirft langsam sehr unangenehme Erinnerungen auf…
ebo
6. Juli 2016 @ 15:47
Tja, als nächstes ist die Londoner Börse dran 🙂
Max Florido
6. Juli 2016 @ 15:01
Spanien,Portugal Griechenland sowie die Balkan Länder,hatten nie eine Chance.Der einzige Gewinner der Eu ezt ist wie immer Deutschland.es wurde alles auf lügen aufgebaut…das System ist gescheitert.Wieder einmal strebt Deutschland die Macht über ganz Europa an.
Hella-Maria Schier
7. Juli 2016 @ 07:46
Wer importiert noch, wenn alle, wie Deutschland, Exportüberschüsse machen sollen? –
Unsere Regierung macht nicht weniger auf deutsche Selbstherlichkeit als die AfD – nur über Brüssel, da nennt man das international und weltoffen. Man könnte es ehrlicher erweiterten Nationalismus nennen.
Peter Nemschak
7. Juli 2016 @ 10:54
Sie übersehen, dass Deutschland nicht nur exportiert sondern sehr viel importiert, weiterverarbeitet, veredelt und reexportiert. Deutschland ist eine nach beiden Seiten offene Wirtschaft und steht weltweit im Wettbewerb mit anderen Wirtschaften, erfolgreicher als so manche andere. Auch andere Mitgliedsländer haben mehr oder minder offene Wirtschaften. Protektionismus hat der wirtschaftlichen Entwicklung von bereits hochentwickelten Industriestaaten empirisch nachweisbar stets geschadet. Dass die EU in vielen Dingen zu bürokratisch ist, heißt nicht, dass sie nicht reformierbar wäre. Allerdings dürfen die Mitgliedsländer sich nicht darauf verlassen, auf den Goldregen der Gemeinschaft zu warten, sondern müssen selbst Initiativen ergreifen. Schließlich betragen die nationalen Staatsbudgets ein Vielfaches des Budgets der EU.
CHS
6. Juli 2016 @ 14:53
Wann werden “die Regeln” endlich gegenüber Deutschland durchgesetzt?
Johannes
6. Juli 2016 @ 16:51
Das kann man gerne machen. Ich bin dafür, aber dann müssen gleichzeitig alle Regeln beim Euro eingehalten werden. Bitte sofort umsetzen und Deutschlands Handelsüberschuss senken.
Peter Nemschak
6. Juli 2016 @ 20:12
Wozu senken? Die anderen sollten ihre Ausfuhren erhöhen. Vielleicht liegt es an derem Warenkorb, der zu gegebenen Preisen nicht attraktiv genug ist.
Skyjumper
6. Juli 2016 @ 23:47
“Wozu senken? Die anderen sollten ihre Ausfuhren erhöhen.”
Ihnen ist aber schon klar, dass der deutsche Handelsüberschuss genau dann sinkt wenn die anderen ihre Ausfuhren erhöhen, oder? Die globale Handelsbilanz ist zwingend Null. Was der eine als Überschuss hat, hat ein anderer als Minus.
Und es ist für DE auch alles andere als ein Vorteil dass wir einen solch großen Aussenhandelsüberschuss haben. Wir müssen den Minusbilanzierern (mit Ausnahme USA) nämlich die Kredite geben um ihre Rechnungen bezahlen zu können. Der Überschuß bleibt daher leider nicht in DE. Wir können daher auch leider gar nicht soviel bei den anderen einkaufen wie wir müßten um auf dem hohen Exportniveau Deutschlands zu einem Ausgleich zu kommen. Wir schaffen es ja nicht einmal unseren Binnenkonsum auf ein vernünftiges Level zu bringen.
DE kannibalisiert derzeit seine Handelspartner. Möglich ist dies durch sehr gute Qualität in Verbindung mit niedrigen Preisen. Die niedrigen Preise bezahlen wir mit einem ansteigenden Niedriglohnsektor, zunehmenden Fachkräftemangel und verfallender Infrastruktur. Man könnte auch lapidar sagen wir verfrühstücken gerade der Oma ihr klein Häuschen. Was die Nachkriegsgenerationen 1. und 2. an Infrastruktur aufgebaut haben verschleudern wir gerade. Das wird nicht ewig gut gehen.
bluecrystal7
7. Juli 2016 @ 04:52
Zitat Wikipedia (ja, ausnahmsweise mal):”Ein Leistungsüberschuss, der über der Grenze liegt, gibt Anlass zu einer Prüfung, und bei einem dauerhaft erhöhten Leistungsbilanzüberschuss kann es zu einem Strafverfahren kommen.[8]”
Und genau das trifft auf Deutschland auch zu. Deshalb muss er gesenkt werden.
Peter Nemschak
6. Juli 2016 @ 14:41
Unter der realistischen Annahme, dass es aus politischen Gründen zu keiner Transferunion kommt, bieten sich nur zwei Alternativen an: a) die Regeln einhalten oder b) Austritt aus dem EURO. Werden die Regeln nicht eingehalten, und Spanien und Portugal verbleiben im EURO, wird Deutschland zum Dauerfinanzier (stetig wachsende Target-Salden, siehe Professor Hans-Werner Sinn) des strukturschwachen Südens der EU. Wollen wir das und warum sollten wir es wollen? Daher: eine Austrittsmöglichkeit aus dem EURO für jene Länder schaffen, die mit dem EURO nicht mithalten wollen oder können. Sonst gibt es zunehmenden politischen Widerstand gegen das herrschende politische System, sei es im Norden oder im Süden Europas.
Pique Dame
6. Juli 2016 @ 14:24
Ich erlaube mir mal, das Ansinnen der EU-Bosse, Portugal und Spanien mit Strafen zu überziehen, im Jargon meiner oberbayerischen Heimat zu kommentieren: Denen hams doch ins Hirn gschissen.
Sorry, musste sein.