„Rezept für neue Eurokrise“
Zum Jahresende hier nun – wie versprochen – der meistgelesene Post aus 2016. Es geht um die neuen Bail-in-Regeln, die eine Banken- oder Eurokrise verhindern sollen – eigentlich. In Wahrheit haben sie aber für massive Turbulenzen an den Finanzmärkten gesorgt, Bankaktien sackten reihenweise ab. Und in Italien haben sie sich als untauglich erwiesen.
REPOST vom 16.02.16
Neue “Bail-in”-Regeln in der Eurozone sorgen für Unruhe. Schon bei den Turbulenzen an den Finanzmärkten der vergangenen Woche wurden sie attackiert – angeblich haben sie den Absturz mit verursacht.
Denn seit Januar müssen Anleger bluten, wenn “ihre” Bank in eine finanzielle Schieflage gerät. Dies habe zum Ausverkauf bei europäischen Bankwerten beigetragen, so die Kritiker.
Eurogruppenchef Dijsselbloem wies die Kritik ebenso zurück wie Finanzminister Schäuble, der sich auch noch auf eine gewagte Verteidigung der offenbar besonders gefährdeten Deutschen Bank verlegte.
Doch Schäuble hat noch einen neuen Bail-In-Plan. Danach sollen künftig auch Halter von Staatsanleihen bluten, wenn ein Staat gestützt werden muss. Damit will er ein Umschuldungsverfahren für Krisenländer schaffen.
Dieser Plan könnte jedoch Länder wie Italien, Spanien oder Portugal destabilisieren. “Es ist der schnellste Weg zur Zerstörung der Eurozone”, zitiert der “Telegraph” den deutschen Wirtschafts-Weisen Bofinger.
Unklar ist, ob und wann Schäuble seinen Plan umsetzen kann. In Brüssel zirkuliert zwar ein “Nonpaper” aus dem BMF, doch offiziell ist davon nichts bekannt.
Aber manchmal reichen schon Gerüchte, um eine neue Eurokrise auszulösen – oder die alte neu anzufachen…
Peter Nemschak
31. Dezember 2016 @ 13:08
Ohne Bail-in Verfahren kann der Markt nicht effizient funktionieren, auch wenn es anfänglich Überreaktionen geben mag. Ein Bail-in italienischer Gläubiger von nachrangigen Anleihen wurde politisch gescheut. Damit kommt es nun zu einer Vermögensumverteilung von den Steuerzahlern zugunsten der Kapitalbesitzer und zur Pepetuierung des moral hazard. Nur wenn Anleger auch bei Staatsanleihen verlieren können, wird sich eine das unterschiedliche Ausfallsrisiko reflektierende Zinsstruktur zwischen den Anleihen der verschiedenen Mitglieder der Eurozone einstellen. Aus politischer Bequemlichkeit werden notwendige Reformen verschleppt. Statt Länder im europäischen Süden auf Dauer in der Eurozone mitzuschleppen, wäre eine geordnete Austrittsmöglichkeit der bessere Weg. Ob die anderen Wirtschaftsweisen die Meinung von Bofinger teilen, wage ich zu bezweifeln. Erkundigen sie sich einmal bei Lars Feld, wie er die Sache sieht. Es gibt eine „rote“ und eine „liberale“ Sicht der Dinge. Dass die „rote“ Sicht nicht notwendigerweise die Armen begünstigt sondern im Fall Italiens vermögenden Schichten, welche die Mehrheit der nachrangigen Bankanleihen besitzen, zugute kommt, soll hier der Vollständigkeit halber angeführt werden.
ebo
31. Dezember 2016 @ 15:58
Komisch, in den USA geht es auch ohne Bail-in…
Peter Nemschak
31. Dezember 2016 @ 16:35
Was ist so schlecht an einem bail-in? Wenn Bankanleihen auch in Zukunft risikolos wären, warum sollten die Banken dann höhere Zinsen als für gesicherte Spareinlagen zahlen? Der Zins spielt in einer Marktwirtschaft eine entscheidende Rolle bei der Kapitalallokation. Deshalb ist die anhaltende Niedrigzinsphase nicht nur für die Altersvorsorge schädlich. Manchmal habe ich den Eindruck, dass Sie der unseligen sozialistischen Planwirtschaft nachweinen. In den USA hat der Staat bei der Bankenrettung sowohl Aktionäre als auch strukturell nachrangige Anleihegläubiger auf der Ebene der Bankholdinggesellschaften enteignet. Das war kein politisches Thema wie im roten Italien. Dass sich die von Ihnen tot gesagte Deutsche Bank ohne Steuerzahlerkapital mittlerweile erholt hat, soll an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben.