Ist EUropa noch zu retten? (III)

Ist EUropa noch zu retten? Diese Frage stellen sich immer mehr Menschen in der EU. Eurokrise, Griechenlandkrise und Flüchtlingskrise haben das Vertrauen nachhaltig erschüttert, 2016 wird zum Schicksalsjahr. – Teil 3 einer dreiteiligen Serie.


[dropcap]V[/dropcap]or allem Kanzlerin Merkel braucht im neuen Jahr dringend Erfolge. Die anderen EU-Chefs wissen das nur zu genau. Sie könnten die Flüchtlingspolitik nutzen, um Merkel unter Druck zu setzen.

„It’s paytime“ – jetzt wird abgerechnet – heißt es schon seit Wochen in Brüssel. Einige EU-Politiker wollen Merkel ihre fehlende Solidarität in anderen Fragen – etwa beim Euro – heimzahlen.

Die große Abrechnung

Die große Abrechnung könnte aber nicht nur Deutschland treffen. Auch die Osteuropäer müssen sich warm anziehen. Wenn sie den Bogen überspannen und sich völlig verweigern, droht ihnen der Entzug von EU-Hilfen.

Österreichs Kanzler Faymann hat schon mit der Kürzung von Subventionen für Osteuropa gedroht. EU-Parlamentspräsident Schulz könnte sie auf die Tagesordnung setzen, wenn das EU-Budget überarbeitet wird.

Ein Subventionskrieg ist allerdings das Letzte, was Europa jetzt noch braucht. Er würde den letzten Rest von Gemeinschaftsgeist zerstören. Die große Abrechnung könnte für die EU zugleich die letzte sein.

Es hätte nicht so weit kommen müssen

Dabei hätte es nicht so weit kommen müssen. Wenn man der EU eigene Finanzmittel gegeben hätte, wie dies im EU-Vertrag vorgesehen ist, könnte sie die Krise viel besser meistern. Brüssel könnte selbst für die Versorgung der Flüchtlinge aufkommen, Berlin müsste nicht alles allein machen.

Doch genau das Gegenteil ist eingetreten. Gemeinsam mit Cameron hat Merkel 2013 das EU-Budget zusammengestrichen.  Obwohl damals schon absehbar war, dass neue Aufgaben auf Brüssel warten, wurden die Mittel gekürzt. Das rächt sich nun – und es könnte noch schlimmer kommen.

Die nächste neoliberale Rosskur

Denn wiederum gemeinsam mit Cameron will Merkel der EU eine neue Diät verordnen. Um den „Brexit“ zu vermeiden, sollen die Sozialleistungen für EU-Bürger eingeschränkt werden. Außerdem sollen alle EU-Staaten auf das oberste Ziel der „Wettbewerbsfähigkeit“ verpflichtet werden.

Europa würde damit noch kälter und unsozialer. Die neoliberale Ideologie hätte gesiegt, die Solidarität verloren. Doch das ist der Plan für 2016. Kein Wunder, dass sich immer mehr Menschen von dieser EU abwenden.

Diese Serie beruht auf einem Leitartikel, den ich für die “taz” geschrieben habe. Das Original steht hier. Teil 1 hier, Teil 2 hier