Gefangen im Schuldenturm
Die “Euroretter” feiern den Ausstieg Irlands aus dem Rettungsschirm. Doch sie haben die Rechnung ohne die Iren gemacht. Die möchten lieber unter sich bleiben, meldet die “Irish Times”, EU-Offizielle sind nicht willkommen. Zudem bleibt Irland noch auf Jahrzehnte im Schuldenturm gefangen.
Erst 2042 – also in fast 30 Jahren – dürfte das Land die europäischen Hilfskredite zurückgezahlt haben. Davon geht jedenfalls der ESM aus, der Dublin immerhin einige Jahre Zahlungspause gewährt.
Doch selbst dann wird das Land noch unter einer enormen Schuldenlast ächzen. Der Schuldenberg liegt derzeit bei 124 Prozent des BIP, von der Krise waren es etwas über 24 Prozent.
Anders ausgedrückt: Durch den “Bailout” wurde die private Schuldenlast der Banken fast völlig auf den Staat übergewälzt. Die Bankster ließ man laufen, die irischen Bürger müssen noch Jahrzehnte zahlen.
Was wäre eigentlich in Deutschland los, wenn die Bundesregierung 880 Mrd. Euro Schulden von Banken auf sich geladen hätte? So fragt – völlig zurecht – D. Scally von der “Irish Times” in der “Zeit”.
Vor allem, wenn Berlin zur Rückzahlung der Schuldenlast die Sozialleistungen kürzen müsste? Genau das ist die Lage in Irland, doch die neue Bundesregierung stellt sich taub.
Die GroKo hat gerade vereinbart, keinen Schuldentilgungsfonds aufzulegen, um die Iren, Spanier und Griechen aus dem – mit deutscher Hilfe errichteten – Schuldenturm zu befreien.
Finanzminister Schäuble hat zudem alle Versuche der Iren torpediert, einen Teil der Bankschulden auf den ESM abzuwälzen. Nicht eunmal eine vorsorgliche Kreditlinie wollte er gewähren.
Kurz: Deutschland und die übrigen “Euroretter” entlassen Irland zwar aus der Diktatur der Troika. Doch die Ketten im Schuldenturm werden nicht gelöst, nicht einmal gelockert.
Die Iren dürfen sich deshalb auf eine lange Schuldenknechtschaft einstellen. Gleichzeitig dürfen sie ihr fragwürdiges “Geschäftsmodell” (niedrige Unternehmenssteuern, kaum Datenschutz) weiterführen.
Was für ein “Erfolg” der “Euroretter”…
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EuroTanic
16. Dezember 2013 @ 19:24
“Die Iren dürfen sich deshalb auf eine lange Schuldenknechtschaft einstellen.”
Das war doch der Sinn, das ist doch der Sinn aller Kredithudeleien. Die ewige Schuldknechtschaft.
Johannes
15. Dezember 2013 @ 22:01
Haha wie amüsant diese Stelle: “Was wäre eigentlich in Deutschland los, wenn die Bundesregierung 880 Mrd. Euro Schulden von Banken auf sich geladen hätte? …” ja genau deswegen lehnt Merkel es ab, Banknschulden in ESM Steuerschulden umzuwandeln und Steuergelder dafür zu verschwenden.
ebo
15. Dezember 2013 @ 22:04
Lehnt sie ja gar nicht ab, oder was ist der Soffin, und was soll der ESM? Beide sichern Fehl-Investitionen deutscher Banker ab, und zwar mit dt. Steuergeld
GS
15. Dezember 2013 @ 23:40
Dann verstehe ich die Frage erst recht nicht. D hat doch sehr viel Geld in die eigenen Banken gesteckt. Was war los im Volk? Nichts.
Was mich übrigens viel mehr interessiert, ist, was sich Asmussens Rückzug aus dem EZB-Direktorium verbirgt. Warum will der jetzt Staatssekretär unter Nahles werden? Die beiden zusammen im Arbeitsministerium…halleluja.
Peter Nemschak
16. Dezember 2013 @ 17:01
Was in der Diskussion um die Rekapitalisierung geflissentlich übersehen wird ist der Umstand, dass in Europa seit Jahren eine massive Überkapazität im Bankwesen besteht. Mangels natürlichem Kundengeschäfts haben sich viele Banken in spekulative Finanzanlagen geflüchtet und sind daran gescheitert. Die Immobilienblasen in Irland und Spanien hätten bei sachgerechter Aufsicht durchaus verhindert werden können, ebenso die Kredite in Fremdwährung an Private in Zentral-und Osteuropa. So gesehen haben der irische und spanische Staat und Aufsichtsbehörden in Zentral- und Osteuropa durchaus eine moralische Mitschuld am Disaster ihrer Banken. Nicht Rekapitalisierung sondern ein geordneter Kapazitätsabbau muss das Ziel sein.
thewisemansfear
15. Dezember 2013 @ 19:12
Die immer gleichen neoliberalen Konzepte werden nicht funktionieren. Man sollte meinen, dass die sog. Eliten da weiter wären. Eine Senkung des Spitzensteuersatzes zur Ankurbelung von Wachstum und Beschäftigung klingt nur noch hohl. trickle down economics ist ein Instrument der Mächtigen, in die eigene Tasche zu wirtschaften.
Was hier in Deutschland los wäre, wenn ebenso harte Einschnitte ins Sozialsystem bevorstünden? Na wenn Angie Ms “alternativlos”e Propagandamaschinerie erst mal am laufen ist, wird da niemand ernsthaft mehr aufmucken. Alles eine Frage der Verpackung 😉