Eine Identitäts-Krise

Was steckt hinter dem Konflikt in Katalonien? Geht es um einen alten, historisch und kulturell bedingten Nationalismus? Um ökonomischen Egoismus? Harmlosen Regionalismus? Oder steckt mehr dahinter?


Diese Frage kam bei der TV-Debatte in der Phoenix-Runde auf, an der ich für „Lost in EUrope“ teilnahm. Sie ist nicht leicht zu beantworten, denn die Katalanen wissen es offenbar selbst nicht so genau.

Sie präsentieren sich als pro-europäische, friedliebende Menschen, die einfach die Schnauze voll haben vom autoritären und korrupten spanischen Zentralstaat, der das Franco-Erbe immer noch nicht überwunden hat.

Auch ihre Sympathisanten in Europa helfen kaum weiter. Die Grünen und Linken setzen auf das Recht zur Selbstbestimmung und den Schutz der Minderheiten. Das ist wichtig, aber keine Erklärung.

Und dann sind da noch die Intellektuellen vom Schlage U. Guérots, die von einem vereinten „Europa der Regionen“ träumen. So, als ob es zwischen Regionen und Staaten keinen Wettbewerb gäbe…

Gewinner gegen Verlierer

Ich denke, die Sache ist komplexer. Sie erschließt sich leichter, wenn man nicht nur Katalonien, sondern auch andere abtrünnige Regionen wie Flandern betrachtet – und einen Blick über den Atlantik wirft.

Dort wird spätestens seit der Trump-Wahl über neue Trennlinien und Konflikte diskutiert. Nationalisten und Protektionisten gegen Globalisten und Freihändler, Wohlstands-Gewinner gegen Verlierer.

Die Katalanen zählen zu den Gewinnern. Ihre Bewegung hat deshalb auch etwas von ökonomischem Egoismus. Dies ließe sich aber durch einen Finanzausgleich mit Madrid lösen, in Deutschland geht es ja auch.

Gegen den „Kontrollverlust“

Es muss also noch mehr dazukommen. Ich denke, das Stichwort Identitäts-Krise trifft es am besten. Es geht darum, eine regionale bzw. nationale Identität gegen Globalisisierung und „Kontrollverlust“ zu verteidigen.

Das erleben wir auch in Deutschland, Stichworte CSU und AfD-Ost. Es ist eine Gegenbewegung zur rein ökonomistischen, mit juristischen Waffen bewehrten Argumentation der Status-Quo-Politiker.

Die große Frage ist, wie eine pro-europäische Identitäts-Politik aussehen könnte. Ein einfaches „back to the roots“, eine simple Basisdemokratie der Regionen ist sicher nicht die Antwort.

Forcierte Globalisierung

Eine forcierte Globalisierung mit immer tieferen Eingriffen in Wirtschaft und Politik, wie sie die EU und die Eurogruppe in Spanien durchexerziert hat, aber offenbar auch nicht…