Hollandes erste Erfolge

Paris grüßt Brüssel – und umgekehrt

Frankreichs neuer Präsident Hollande hat seinen ersten Test bestanden: Die Märkte haben gelassen auf den Wahlsieg der Sozialisten reagiert, die von Berlin erwartete “Abstrafung” ist bisher ausgeblieben. Zudem hat Hollande es schon geschafft, Brüssel weitgehend auf Linie zu bringen. Neben einem Wachstumsgipfel bereitet die EU weitere Maßnahmen vor – einige dürften Kanzlerin Merkel gar nicht gefallen.

Das Spiel mit der Angst hat nicht funktioniert. Anders als von Merkel erwartet bzw. herbeigesehnt, haben die Märkte Hollande nicht mit massiven Risikoaufschlägen im Amt “begrüßt”. Im Gegenteil: Die Zinsen für Drei-Monats-Anleihen sind nach der Präsidentschaftswahl sogar gesunken, wie “Le Monde” meldet. Spekulative Attacken können zwar immer noch kommen, doch erstmal kann Hollande gelassen ins neue Amt starten.

Die zweite gute Nachricht ist, dass Brüssel mit wehenden Fahnen zum neuen “starken Mann” aus Paris übergelaufen ist. Kommissionschef Barroso fiel dies leicht, weil die meisten von Hollandes Forderungen – z.B. Projektbonds für Investionen – ohnehin auf seiner Agenda stehen. Auch Parlamentspräsident Schulz musste sich nicht verbiegen, schließlich ist er Sozialdemokrat und mit Hollande seit langem befreundet.

Aber auch der noch von Merkel und Sarkozy geadelte Ratspräsident Van Rompuy geht – zumindest rhetorisch – auf Hollande ein: Er hat am 23. Mai einen “Wachstumsgipfel” einberufen und will dort die alte neoliberale EU-Agenda aufwärmen: Strukturreformen und Strukturfonds sollen die Konjunktur beleben. Das ist zwar nicht viel mehr als ein PR-Gag; doch Hollande kann diese Gelegenheit nutzen, sein Programm zu präzisieren und weiter gehende Schritte vorzubereiten. 

Noch spannender ist, was sich hinter den Kulissen tut. Die EU-Kommission bereitet offenbar eine Lockerung der strikten Defizitregeln vor. Nach einem Bericht von “El Pais” soll Spanien ein Jahr mehr Zeit bekommen, das Defizit auf drei Prozent herunterzufahren. Dies wäre eine gute Nachricht, denn der bisherige Zeitplan für Madrid ist völlig unrealistisch.  

Und nun kommt der Clou: Der Euro-Rettungsfonds soll nun doch eine Banklizenz bekommen. Diese alte, von vielen Ökonomen unterstützte Forderung hat Hollande in einem Interview mit dem Online-Magazin “Slate” bekräftigt; und wie ich in Brüssel höre, wird sie positiv aufgenommen. “Die Banklizenz kommt”, sagte mir ein führender EU-Politiker unter dem Siegel der Verschwiegenheit.

Merkel wird das natürlich gar nicht passen. Doch Hollande macht einen harten Aufschlag: Entweder müsse sie die Banklizenz akzeptieren, oder Eurobonds. Für die Kanzlerin ist dies eine Wahl zwischen Pest und Cholera. Doch hinter Hollande steht, anders als bisher hinter Sarkozy, der gesamte Süden, sowie der IWF (wie überraschenderweise sogar SPON meldet), die OECD, zumindest rhetorisch auch die EZB (siehe mein Eintrag “Dragollande oder was?”)

Sie alle haben sich für eine differenzierte Wirtschafts- und Finanzpolitik ausgesprochen – statt “Austerität für alle” muss es endlich auch wieder Impulse geben!


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