Hinterzimmer-Parlament

Die Anhörungen der designierten EU-Kommissare sind beendet. Die meisten Kandidaten konnten Zweifel an ihrer Person und/oder ihrer Eignung nicht ausräumen. Dennoch sollen alle dem neuen Juncker-Team angehören. So will es die GroKo im Parlament. Sie tagt –  na wo wohl?

Hinterzimmer gibt es nicht nur bei den Staats- und Regierungschefs der EU, oder bei den Lobbyisten. Nein, es gibt sie auch im Europaparlament. Am Dienstag Abend waren sie heiß begehrt.

Denn da saßen die Spitzen von Christdemokraten, Sozis und Liberalen zusammen, um das Ergebnis der Anhörungen auszuwerten – und die erste Juncker-Kommission abzunicken.

Wie man hört, sollen alle Kandidaten an Bord bleiben – egal, ob man ihnen nun Interessenkonflikte, Inkompetenz, US-Hörigkeit oder sogar Übergriffe auf Bürger und NGOs vorwerfen kann.

Bloß nicht den Burgfrieden gefährden

Die führenden Hinterzimmer-Parlamentarier – darunter die Deutschen Schulz (SPD) und Weber (CSU)  – möchten nur ein paar kleine Änderungen. Alles andere würde den Burgfrieden gefährden, heißt es.

Ob die Chef-MEPs damit durchkommen? Bei Grünen und Linken grummelt es vernehmlich, auch die AfD hat einige durchaus berechtigte Attacken geritten. Vor allem das Wirtschaftsteam schwächelt.

Juncker hatte ein 300 Milliarden Euro schweres Investitionsprogramm versprochen, um die schwächelnde und von Deflation bedrohte Wirtschaft in der EU anzukurbeln.

Doch der zuständige neue Vizepräsident Katainen konnte nicht erklären, wo das Geld herkommen soll. Man wolle keine neue Schulden aufnehmen, beteuerte der ehemalige finnische Regierungschef.

Genauso vage blieb der designierte Finanzmarktkommissar Hill. Der Brite, der bereits zum zweiten Mal Rede und Antwort stehen musste, lieferte keine Definition der Kapitalmarkt-Union, die Juncker auf den Weg bringen will.

London City Connection

Hill wich auch erneut auf Fragen nach seiner Connection in die Londoner City aus. Die früher sehr innigen Geschäftskontakte habe er vor fünf Jahren aufgegeben.

Auf massive Skepsis stößt auch A. Bratušek, die als Vizepräsidentin für Energiepolitik zuständig sein soll. Auch die Slowenin konnte nicht erklären, wie die geplante neue Energie-Union – die die Abhängigkeit der EU von russischem Gas beenden soll – funktionieren soll.

Den Emissionshandel, eine zentrale Säule der EU-Klimapolitik, erwähnte sie nur am Rande. Den Vorwurf, sie habe sich als ehemalige Ministerpräsidentin selbst für die Kommission nominiert, konnte sie nicht entkräften.

Echte Gurkentruppe

Es ist also eine echte Gurkentruppe, mit der Juncker die EU aus der schlimmsten Krise ihrer Geschichte holen will. Eigentlich dürfte sie nicht durchkommen. Doch in den Hinterzimmern plant man anderes…

Zum Thema “Hinterzimmer-Politik” stelle ich heute (Mittwoch) Abend auch mein neues Buch in Berlin vor. Mehr dazu hier