Hat Brüssel wirklich dazu gelernt?

„Ein gutes Abkommen“ – fragt sich nur, für wen

Der Hilfsplan für das hoch verschuldete Portugal sieht auf den ersten Blick weniger harte Einschnitte vor als in Griechenland. Das 78-Mrd.-Euro-Paket umfasst nach den in Lissabon bekannt gewordenen Informationen zwar auch Privatisierungen, Einschnitte bei der Arbeitslosenhilfe und einen Einstellungsstopp im Öffentlichen Dienst. Aber die Einsparziele sind nicht ganz so drastisch wie in Athen.

So muss die Drei-Prozent-Hürde für die Neuverschuldung nun erst 2013 und nicht wie geplant schon 2012 erreicht werden.

Allerdings ist ein entscheidendes Detail – der Zinssatz für den Hilfskredit – noch nicht durchgesickert. Er werde unter dem Satz Irlands liegen – also etwas unter fünf Prozent – heißt es in Brüssel. Damit würde die EU von Portugal aber immer noch mehr Zinsen verlangen als der IWF. Dabei ist Portugal Mitglied der Europäischen Währungsunion – von der man eigentlich mehr Solidarität erwarten dürfte als vom US-dominierten Währungsfonds.

Nachdenklich stimmt auch, dass die EU bereits jetzt damit rechnet, dass der von ihr verordnete Sparkurs die Rezession verschärft. Portugals Hauptproblem ist aber just die Wachstumsschwäche. Sie hat die Löcher in den Haushalt gerissen, und nicht etwa unsolides Wirtschaften wie in Athen oder eine Bankenkrise wie in Dublin.

Völlig ignoriert wird in Brüssel, dass es in Lissabon keine Mehrheit für den harten Sparkurs gibt. Obwohl Premier Socrates an seinem letzten Sparprogramm gescheitert war, wird es einfach neu aufgelegt. Formal wurden an den Verhandlungen mit der EU, dem IWF und der EZB zwar auch die Oppositionsparteien beteiligt. Sie dürfen heute sogar „offen“ sagen, was sie von dem Programm halten.

De facto haben die portugiesischen Parteien jedoch keine Wahl, als das Diktat aus Brüssel zu schlucken. Andernfalls wäre das Land pleite.   

Vielleicht ist das auch der Grund, warum Socrates den EU-Plan so begeistert begrüsste. „Wir haben ein gutes Abkommen erzielt“, sagte der Sozialist im Fernsehen. Portugal werde kein zweites Griechenland. Viele Beobachter zweifeln jedoch an Socrates‘ Einschätzung. Möglicherweise habe er das Ergebnis der Verhandlungen zu positiv dargestellt, um seine Chance auf eine Wiederwahl im Juni zu wahren, heißt es in Brüssel.

Echten Grund zur Freude haben dagegen EU-Währungskommissar Rehn und IWF-Chef Strauss-Kahn. Ihnen ist das Kunststück gelungen, Portugal einen Sparkurs aufzuoktroyieren, den noch vor ein paar Wochen niemand wollte. Heute hingegen zeichnet sich ein „echter nationaler Kraftakt“ ab, den sogar „die wichtigsten Parteien unterstützen“, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung.

 


 

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