Der hässliche Deutsche

Die alte Bundesregierung hat bei der Wahl die Mehrheit verloren. Dennoch macht sie in der Europapolitik weiter wie bisher. Schlimmer noch: Mit Chauvi-Sprüchen à la Friedrich ruiniert sie den deutschen Ruf in Brüssel.

„Freizügigkeitsmissbrauch“, „Sozialbetrug“ und „mangelnde Sachkenntnis“ in Brüssel: Niemand gibt derzeit so effizient den hässlichen Deutschen wie Innenminister Fridrich (CSU).

Mit dem Charme eines Panzers hat er sich gleich mit drei EU-Politikern verdorben: Sozialkommissar Andor, Justizkommissarin Reding (übrigens eine Christsoziale wie Friedrich) und EU-Parlamentschef Schulz (SPD).

Doch Friedrich steht nicht allein, weit gefehlt. Kanzlerin Merkel deckt ihn offenbar – und sie sorgt sogar selbst dafür, dass das deutsche Image in Europa schweren Schaden leidet.

In den knapp drei Wochen nach der Wahl, in dem sich Deutschland besinnen sollte, hat sie sich gleich in drei zentralen Dossiers europäische Sympathien verdorben:

  • Bankenunion: Obwohl EU-Binnenmarktkommissar Barnier weit auf Berlin zukommt und vorschlägt, die umstrittene Abwicklung von Pleitbanken in die Hände des Euro-Rettungsfonds ESM unter Leitung des Deutschen Regling zu legen, stellt sich Merkel stur (siehe auch “Nachruf auf die Bankenunion”)
  • Klimaschutz bei Neuwagen: Der seit Wochen überfällige Beschluss wurde von Merkel persönlich auf die lange Bank geschoben. Weil sie ihre Bedingungen nicht diktieren konnte, ließ sie die Beratungen der EU-Botschafter kurzerhand abblasen (siehe auch: “Merkels Autobombe”).
  • Arbeitslosenversicherung: Sie könnte ein Grundstein des „sozialen Europa“ sein – und Reformen in der Eurozone erleichtern. Merkel hat die Idee im letzten Jahr sogar selbst aufgebracht – doch nun blockiert sie sie. Damit wird auch die Euro-Reform behindert (siehe auch “Soziales Europa adé”).

Mag sein, dass sich Merkel, Friedrich & Co. einfach in ihrem Wahlerfolg sonnen wollen. Vor allem die CSU wirkt übermütig und wie von Sinnen. Doch dies ist kurzsichtig.

Denn die Politik mit der Brechstange in Brüssel erschwert schon jetzt die Sondierungen in Berlin, wie man an den grünen Reaktionen zur Flüchtlingspolitik sieht.

Zudem entspricht sie nicht dem Wählerwillen. Die alte Koalition der Kraftmeier wurde abgewählt. Dies sollten SPD und Grüne bedenken, wenn sie sich wirklich auf Koalitionsverhandlungen einlassen.

Sie sollten Merkel unmissverständlich auffordern, sich in Europa flexibler und sozialer aufzustellen – oder Schlüsselministerien wie Finanzen und Inneres selbst übernehmen.

Ansonsten lohnt sich eine Koalition nicht – jedenfalls nicht aus europäischer Sicht…