Eilen nach Athen
Heute eilt EU-Parlamentspräsident Schulz nach Athen, am Freitag folgt Eurogruppenchef Dijsselbloem. Mandat? Keines. Mission? Unbekannt. Die EU geht genauso hektisch wie ratlos in die Verhandlungen mit der neuen Regierung. Nicht einmal die Zahlen hat man im Griff.
Wer derzeit in Brüssel erfahren möchte, wie es in Griechenland weiter geht, erntet nur Achselzucken. Nicht einmal die Eurogruppe, die die Verhandlungen mit der neuen Regierung in Athen führt, gibt Auskunft.
Ihr Chef, der Niederländer J. Dijsselbloem, erklärte knapp, dass ein Schuldenschnitt nicht in Frage komme – und kündigte eine Reise nach Athen an.
Details behielt Dijsselbloem für sich, Zahlen nannte er keine. Dabei sind Fakten derzeit die wichtigste Munition im Ringen um die Zukunft Griechenlands und seiner Gläubiger.
Während die „Bild“-Zeitung mit Horrorzahlen zur angeblichen Belastung Deutschlands Panik schürt, versuchte der frisch gebackene griechische Finanzminister Y. Varoufakis zu beruhigen:
„Ich kann versichern, dass ich in der Eurogruppe keine Lösung suchen werde, die gut für die griechischen, aber schlecht für die irischen, slowakischen, deutschen, französischen und italienischen Steuerzahler ist“, teilte der Ökonom per Twitter mit.
Überprüfen lässt sich das nicht, auch Varoufakis nannte keine Zahlen.
Fest steht, dass Athen und Brüssel die Zeit davonläuft. Denn am 28. Februar läuft das aktuelle 1,8 Milliarden Euro schwere Hilfsprogramm aus. Danach gibt es entweder eine Anschlussfinanzierung – oder Athen läuft auf eine Pleite zu.
An den Finanzmärkten kann sich Griechenland nicht mehr finanzieren, nachdem die deutsche Kampagne für einen Euro-Austritt die Zinsen in die Höhe getrieben hatte.
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paul
29. Januar 2015 @ 22:47
Gute bildliche Darstellung des Friedensprojekts Euro/EZ. :-)))
https://twitter.com/davidmwessel/status/560878067657080833
Chris
29. Januar 2015 @ 15:29
Vielleicht übernimmt W. Putin die Anschlussfinanzierung? Hier läuft doch eh schon Wirtschaftskrieg und warum sollte sich Griechenland nicht an die BRICS halten dürfen? Die anderen Südländer würden dann wahrscheinlich folgen, wenns bei Griechenland gut klappt.
Außerdem merke ich seit ein paar Tagen, dass Russland anfängt sich irgendwie zu “wehren”. Der Ton wird rauher…
Tim
29. Januar 2015 @ 15:11
Und wieder haben die bösen Deutschen mit einer “Kampagne” Schuld, aber natürlich keinesfalls die griechischen Märchenpolitiker. Ganz klare Sache!
Daß man sich plötzlich solidarisch fühlt mit der deutschen Unsinnsregierung, das schafft nur ebo. 🙂
ebo
29. Januar 2015 @ 15:38
Ach so, die “Grexit”-Debatte in Berlin hast Du gar nicht mitbekommen? Und die empörten Kommentare in Brüssel auch nicht? – Weißt Du eigentlich noch, welches Land allein gegen den Rest der Finanzwelt einen Schuldenschnitt in GR forderte? Es war Deutschland 2011, danach ging die Eurokrise erst so richtig los…
Tim
29. Januar 2015 @ 16:53
@ ebo
Du unterschätzt sehr stark die Analysefähigkeit der Teilnehmer auf den Finanzmärkten, wenn Du glaubst, daß eine Debatte in Berlin ihre Beurteilung bestimmt. Ich weiß, es fällt Dir schwer, das zu glauben, aber die deutsche Regierung kann das Denken der Banker nicht fernsteuern. 🙂
Und wie ich schon oft sagte: Neoliberale und (einige) Linke haben den Schuldenschnitt für Griechenland schon 2010 gefordert. Im Vergleich zu einem von Anfang an sauber konzipierten Euro wäre das zwar noch immer eine schlechte Lösung gewesen, aber viel besser als das zu späte Nachziehen.
ebo
29. Januar 2015 @ 17:03
@Tim
Nicht nur Neoliberale und Linke, auch Brüsseler Thinktanks haben den Schuldenschnitt schon 2010 gefordert. Aber einen richtigen – und nicht einen halbseidenen, wie ihn Berlin dann durchgeboxt hat. Schäubles Schnitt hat dann sofort die Spreads in halb Euroland hochgehen lassen, vor allem in Spanien und Italien. Kannst Du alles nachlesen und nachprüfen. Will nur heute keiner mehr wissen. Allein schon das Wort Schuldenschnitt ist in Bild-Zeitungs-Land tabu. Insofern sind mir Neoliberale wie Du durchaus sympathisch 🙂
Stefan
29. Januar 2015 @ 15:50
@Tim: Deine Aussage kann ich irgendwie nachvollziehen.
@ebo: Warum hat man bei Ihren Artikeln fast immer das Gefühl, dass EU prinzipiell immer gut und D. prinzipiell immer schlecht ist? Was um Himmelswillen an der EU ist gut? Bitte bringen Sie keine politischen Phrasen, wie es nahezu alle Politiker und Journalisten tun, sondern benennen konkret die realen Fakten. Vielen Dank.
ebo
29. Januar 2015 @ 16:07
@Stefan
Sowas, ich dachte, ich schreibe zu kritisch über die EU. Was D betrifft: es ist das größte und wichtigste EU-Land. Begriff wie “gut” und “schlecht” bzw. “Schuld” werden Sie in meinem Blog vergeblich suchen. Ich urteile nicht moralisch, sondern nach Fakten und Ergebnissen. Schauen Sie sich die Zahlen in Griechenland nach 5 Jahren “Rettung” einmal an, und fragen sie, wer den Kurs der “Retter” vorgegeben hat. Sie werden in Berlin landen, fürchte ich.
Tim
29. Januar 2015 @ 17:00
@ ebo
Hier wie gewünscht die aktuellen Zahlen für Griechenland:
http://www.tradingeconomics.com/greece/gdp-growth-annual
http://www.tradingeconomics.com/greece/unemployment-rate
Nicht toll, aber ganz beachtlich. Und auch zu erwarten, da die Euro-Wachstumsblase zum Großteil abgebaut ist. Man hätte den Aufschwung mit konsequenten Reformen natürlich schon viel früher haben können, leider wurde sehr viel Zeit verschenkt.
Leider wird sich der positive Trend nach dieser Wahl wohl umkehren.
ebo
29. Januar 2015 @ 17:08
Und hier die Spreads für zehnjährige. Sie gehen hoch, nachdem Schäuble und Samaras Neuwahlen angekündigt haben (Dezember). Und nochmal, nachdem die Berliner “Grexit”-Debatte losgetreten wurde (Anfang Januar). Details z.B. in der FT.
http://www.bloomberg.com/quote/GGGB10YR:IND
Tim
29. Januar 2015 @ 17:18
@ ebo
Ja, was hast Du denn erwartet? Die Finanzakteure wußten doch mit zunehmender Sicherheit, wie sich Griechenland entscheidet, welche Folgen das für das Land haben wird und wie die deutsche Regierung darauf reagieren wird.
Du hältst Banker für Idioten und bist auch der Meinung, Griechenland sollte sich Rosinen rauspicken dürfen.
Johannes
29. Januar 2015 @ 21:17
Hier im Blog läuft das so: Griechenland hat Demokratie verdient und Deutschland nicht, den Ebo will uns zu vielen Dingen zwingen, die wir Bürger nicht wollen … wenn man das dann auch in GR fordert schreit Ebo auf.
Ebo ist grundsätzlich, wie Süd Europa und die EU, gegen Deutschland.
Und falls das nicht stimmt Ebo, diesen Eindruck vermittelst Du und die EU ständig mit den Wünschen und Ideen wie man GR helfen kann und lässt dabei jedes mal durchblicken, wie sehr Du uns in Deutschland verachtest.
Griechenland darf gegen Deutschland schimpfen wie es will, aber wenn Deutschland das macht, spricht Ebo von Mobbing!
Wahrscheinlich merkt Ebo das gar nicht mehr, wie auch viele Politiker in Brüssel, nur das macht die Sache nicht besser.
Im Zweifel wird hier für die EU und gegen Deutschland geschrieben wird.
ebo
29. Januar 2015 @ 23:09
@johannes
Nö, hier im Blog läuft das so: Ich schaue mir an, was die Europäer denken, was Deutschland macht, und was dabei rauskommt. Erstaunlicherweise sind die meisten Europäer mit den deutschen Vorgaben nicht wirklich zufrieden (Greece is not alone!), und es läuft für sie auch nicht wirklich gut. Nur in Deutschland flutscht es, wenn man mal von Lohnsenkungen, Hartz IV und Armut absieht. Lost in EUrope…
Stefan
29. Januar 2015 @ 16:52
@ebo: Dann müssen Sie aber schon beim Ursprung anfangen: Warum wollte GR in den Euro und die EU? Ohne dies hätten Sie nie in der Art auf Pump leben können, hätten aber auch nie so einen Absturz mit Fremdbestimmung hinnehmen müssen. Nur die Rosinen picken geht eben nicht.
ebo
29. Januar 2015 @ 17:01
@Stefan
Die Spielregeln für den Euro wurden von Deutschland vorgegeben. Die Entscheidung, GR aufzunehmen, wurde von einer deutschen Bundesregierung mitgetragen. Die Finanzblase wurde von deutschen und französischen Banken aufpumpt. Paris und Berlin haben dann dafür gesorgt, dass die Banken schadlos gehalten wurden; fast alle Hilfen an GR fließen an die Geberländer zurück. Den Rest lesen Sie bitte in diesem Blog nach, der alle wichtigen Entscheidungen begleitet hat…
Tim
29. Januar 2015 @ 17:26
@ Stefan
ebo vergißt (wie üblich 🙂 ) zu erwähnen, daß griechische Staatsanleihen gemäß EU-Richtlinie von den Banken nicht als Risiko betrachtet werden mußten. Natürlich haben die Banken Mist gebaut, aber sie haben genau den Mist gebaut, den sie laut Politik explizit bauen sollten.
Es gibt sogar Gerüchte darüber, daß den Banken ein Notfall-Bailout schon in den frühen Euro-Jahren versprochen wurde, weil schon damals ja alle wußten, wie solide z.B. Griechenland ist.
Stefan
29. Januar 2015 @ 13:26
Hoffentlich ist das fürchterliche EU/Euro-Theater bald zu Ende (ich meine ein Ende durch Systemcrash)! Die kriminellen EU-Kasperln hatten ohnehin noch nie etwas im Griff, von ihren aberwitzigen Gehältern, sonstigen absurden Privilegien und dem undemokratischen, quasidiktatorischen Regelungs- und Gesinnungsterror gegen die Bevölkerung der EU-Staaten einmal abgesehen. Die irgendwann einmal von irgendwelchen sozialistischen Tagträumern von der EU erhofften Vorteile sind nie eingetreten, im Gegenteil, der durch dieses Konstrukt angerichtete Schaden an Demokratie und Wirtschaft wird mit jedem Tag größer. Auch als Friedensprojekt wurde die EU nie gebraucht und auch in diesem wichtigen Bereich, wird sie am Ende leider wohl eher das Gegenteil erreichen. Siehe die Ukraine-Politik.