Gescheitert!?

Noch vor zehn Jahren galt die EU als Erfolgs-Modell für die ganze Welt. Nun ist sie zum Krisenfall geworden. Wie konnte das passieren? Und ist EUropa schon gescheitert? Teil 1 einer dreiteiligen Serie.


[dropcap]J[/dropcap]eden Werktag um kurz nach zwölf Uhr wird Europa neu erfunden. Jedenfalls das Europa, das die 13.000 EU-Beamten im Berlaymont, dem Sitz der Europäischen Kommission, verwalten.

Es ist ein schönes Europa, eine heile Welt voller guter Vorsätze und noch besserer Taten, eine Union auf dem Weg in eine glänzende Zukunft.

Da werden Arbeitsplätze geschaffen, Investitionen angestoßen, da wird Bürokratie abgebaut und Transparenz geschworen.

Auf jede Frage gibt es eine Antwort, für jedes Problem gibt es eine Lösung, und natürlich gehorcht alles den europäischen Werten und den gemeinsamen Regeln, schließlich ist Europa eine Wertegemeinschaft.

Es ist die Stunde der Pressesprecher, die ihr tägliches „Midday Briefing“ für die mehr als 1000 akkreditierten EU-Korrespondenten nutzen, um Europa und seine Kommission in bestem Licht darzustellen.

Ihr Chef ist M. Schinas, ein griechischer EU-Beamter, den Kommissionspräsident Juncker bei einem Besuch in Athen kennenlernte und vom Fleck weg engagierte.

Es war eine schöne Geste mitten in der Griechenland-Krise. Seht her, wir stehen zu Athen, wollte Juncker damit sagen.

Plötzlich versagt die PR-Maschine

Doch mit Gesten geben sich die Journalisten nicht mehr zufrieden. Sie wollen Taten sehen, stellen zunehmend kritische Fragen.

„Ist die EU in der Flüchtlingskrise gescheitert“, will eine Korrespondentin wissen. Plötzlich versagt die gut geölte PR-Maschine.

„Es ist nicht fair, uns zu kritisieren“, schimpft D. Avramopoulos, der für Flüchtlinge zuständige EU-Kommissar, der an diesem Tag Mitte Februar im Pressesaal  Rede und Antwort steht.

„Kritik zu üben ist leicht“

„Kritik zu üben, ist immer leicht. Wir tun genau das, was wir tun können! Wenn die Mitgliedstaaten auch getan hätten, was sie sollten, dann sähe die Situation jetzt ganz anders aus!“

Es ist einer der seltenen Momente der Wahrheit in Brüssel. Ein Moment, in dem die bürokratische Routine aufbricht und der ganze Frust der Berufs-Europäer zum Ausdruck kommt.

Seit Monaten versuchen sie, den Laden zusammenzuhalten und Lösungen zu finden. Doch wenn die EU-Staaten nicht mitspielen, sind sie machtlos.

Fortsetzung folgt. Der gesamte Text ist als E-Book erschienen und kann hier heruntergeladen werden (0,99 Euro)