Geopolitik mit Bombe

Der Machtwechsel in den USA erschüttert auch die europäische Sicherheitspolitik. Deutschland klammert sich an die „Schutzmacht“ Amerika. In Frankreich und Polen denkt man weiter. Es geht um Geopolitik – und um die Atombombe.


Er würde eine „Atom-Supermacht Europa begrüßen“, sagte der Machthaber Polens, Kaczyński, zum Besuch von Kanzlerin Merkel. Wenn auf die USA kein Verlass sei, brauche man ein neues Gegengewicht zu Russland.

Das war eine gezielte Provokation. Kaczynski rüttelt nicht nur am pazifistischen Selbstverständnis der alten BRD, sondern auch am Monopol der beiden europäischen Atommächte UK und Frankreich.

Bisher hatten sich die Polen außenpolitisch vor allem auf die Briten verlassen. Frankreich hingegen haben sie gerade bei einem großen Rüstungsprojekt ausgebootet. Dabei böte sich Paris durchaus an.

„Die einzige EU-Armee ist die französische“

Denn Frankreich ist nicht nur das einzige große EU-Land, das schon lange über die „multipolare Welt“ nachdenkt und Europa zu einer unabhängigen „Supermacht“ entwickeln möchte. Es hätte auch die Mittel dazu.

„Die einzige europäische Armee ist die französische“, sagte der Pariser Sicherheitsexperte J.-L. Sauron dem EU-Blog „Coulisses de Bruxelles“. Statt die EU aufzurüsten, solle man Frankreichs Armee finanzieren.

Das ist natürlich auch eine Provokation. Doch genau wie die von Kaczyński verweist sie auf die wichtige Frage, wie sich die EU nach dem Brexit und nach Trumps Machtübernahme geopolitisch aufstellen will.

Europa braucht dringend eine Strategie

Bisher steckt sie zwischen Baum und Borke. Der EU-Gipfel auf Malta hat es wieder gezeigt: Europa ist nicht abwehrbereit, die EU-Chefs klammern sich an die Fiktion der „transatlantischen Partnerschaft“.

Vor allem Kanzlerin Merkel versucht fast schon krampfhaft, Trump einzubinden, die Nato wieder aufzurichten. Sie will den für Deutschland günstigen Status Quo wahren, eine Strategie hat sie nicht.

Die wäre aber dringend nötig, um in der neuen multipolaren Welt gegen die USA, Russland, China und andere zu bestehen. Deutschland kann nicht länger den „free rider“ spielen, auch nicht in der Sicherheit.

Meine Empfehlung wäre, sich an Frankreich anzunähern, im Zweifel auch anzulehnen. Klar, erst müssen die Wahlen über die Bühne gehen, ohne Le Pen. Doch danach wäre Paris der Partner der Wahl.

Merkel will nicht, das Frankreich führt

Denn Frankreich hat nicht nur die Bombe und eine einsatzfähige Armee, sondern auch einen ständigen Sitz im Weltsicherheitsrat und eine erfahrene Diplomatie. Es kann die EU „führen“.

Doch Merkel scheint genau das nicht zu wollen. Lieber bändelt sie mit „lupenreinen Demokraten“ wie Kaczyński an – und versucht, sich an die „Schutzmacht“ USA zu klammern. Selbst unter Trump.

Die EU bleibt so abhängig – nicht nur von den USA, sondern auch von der neuen „Führungsmacht“ Deutschland. Jedenfalls so lange, bis Trump die nächste Bombe zündet. Es könnte eine echte sein…