Geheimakte Mogherini
Eine EU-Armee soll es nicht geben. Aber vielleicht eine neue EU-Kommandoeinheit gegen den “Propagandakrieg” der Russen? Oder eine noch engere Zusammenarbeit mit der Nato, vor allem im Osten?
Wegen des Brexit-Referendums in UK wurden diese Fragen bisher nicht beantwortet. Die neue “globale Sicherheitsstrategie”, an der die EU-Außenvertreterin Mogherini arbeitet, wurde als Geheimakte eingestuft.
Aber wie es der Zufall so will: Beim EU-Gipfel am Dienstag, fünf Tage nach dem Referendum, lässt Mogherini die Katze aus dem Sack. Frau Harms von den Grünen bereitet schon eine Pressekonferenz vor.
Hoffentlich werden wir dann auch endlich erfahren, ob sich die EU am “Säbelrassen” der Nato gegen Russland beteiligt, oder ob der neue Kalte Krieg durch eine neue Entspannungspolitik beendet wird.
Ich kann mich noch an die erste EU-Strategie unter Mogherinis Vorgänger Solana erinnern. Damals wollte die EU noch eine Friedensmacht sein, die Nato spielte keine Rolle, den IS gab es nicht – das waren noch Zeiten…
Dass sich die Sicherheitslage seither drastisch verschlechtert hat, ist nicht zuletzt Mr. Blair und seinen “neuen Europäern” zu verdanken. Aber das will heute keiner mehr wissen!
Baer
25. Juni 2016 @ 11:36
Hallo Herr Nemschak,
vielleicht können Sie mir erklären ,warum die Ukraine mit Hilfe( Initiative der USA) eine legitime ,demokratisch gewählte Regierung aus eben dieser geputscht hat?
Wer von russischer Stärke spricht sollte sich mal die Rüstungsausgaben der Russen im Vergleich zu Amerika ansehen und ,wenn er schon dabei ist, vielleicht auch mal die weltweite Kampf-/ Militärpäsenz der Russen vs. USA . Wer seine Vernunft auch nur halbwegs einsetzt wird sehr schnell sehen woher die Gefahr kommt .
Außerdem ist die NATO ein Verteidigungsbündnis (zumindest war sie das mal) und kein Angriffspakt ,oder doch?
Dass die USA alles versuchen ,um ein Zusammenwachsen Russlands mit Europa zu verhindern pfeiffen mittlerweile die Spatzen vom Dach .
Man muß nur lange genug Russland auf die Pelle rücken um eine gewünschte Reaktion
zu erreichen , um dann Russland als Aggressor zu brandmarken und reagieren zu können.
Altes amerikanisches Spiel , leicht durchschaubar , aber eben dem amerikanischen geopolitischen Intellekt geschuldet .( Wild West is now)!!!
Peter Nemschak
24. Juni 2016 @ 13:06
@S.B: Um Ihrem Gedächtnis nachzuhelfen: Die Annexion der Krim war völkerrechtswidrig und gegen die Interessen der EU. Faktum ist, dass Russland seine Staatsgrenze nach Westen verschoben hat. Das sollte für ein Misstrauen des Westens reichen. Es gibt in Europa nach wie vor mehr Atlantiker als Putinfreunde, auch wenn sich die Interessen der USA mit denen der EU nicht immer decken.
Skyjumper
24. Juni 2016 @ 15:36
“Die Annexion der Krim war völkerrechtswidrig und gegen die Interessen der EU.”
Die Behauptung einer Annexion wird durch viele Wiederholungen auch nicht richtiger, bzw. werden Sie damit diejenigen die von einer Sezession ausgehen nicht überzeugen solange es dafür keine Beweise gibt. Die Faktenlage ist sehr viel dünner als Sie sie darstellen. Unter objektiven Gesichtspunkten ist die entsprechende UN-Resolution jedenfalls das Papier nicht wert auf dem sie geschrieben ist.
Inwieweit die russische Inanspruchnahme der Krim gegen die EU-interessen sein sollte erschließt sich gleichfalls nicht. Faktisch haben die Russen/Krimbewohner nicht mehr gemacht als eine bis dato Mietfläche in Staatsfläche zu übertragen. Rein nutzungspraktisch hat sich aus EU-Sicht weder etwas zum positiven, noch zum negativen verändert. Oder wollten sie den gerade (relativ) kurz zuvor bis 2042 verlängerten Mietvertrag für die wirklich relevanten Flächen der Krim unterschlagen?
Ganz anders als in Luhansk und Donezk. Hätte der Westen seinerzeit pragmatisch reagiert, Russland die Krim offiziell zuerkannt und vehement die sogenannten Volksrepubliken zurückgefordert (mit militärischer Unterstützung der Ukraine), der Spuk in der Ukraine wäre schon vorbei.
“Das sollte für ein Misstrauen des Westens reichen. ”
Berechtigterweise. Wer Russland nicht genau auf die Finger guckt und für Augenhöhe sorgt, wird eines Morgens in der Bärenhöhle aufwachen. Das ist allerdings kein Grund Russland auf den Pelz zu rücken.
“Es gibt in Europa nach wie vor mehr Atlantiker als Putinfreunde”
Ja, stimmt. Das würde ich auch so sehen. Aber was hat das damit zu tun dass die Nato immer dichter an Russland’s Grenze heranrückt? Das ist gelinde gesagt der schiere Wahnsinn und grenzt aus meiner Sicht an Suizidwünsche der ehemaligen Warschauer Pakt Staaten und Deutschlands. Dummerweise lebe ich auch in Deutschland und wäre eines der Opfer.
Peter Nemschak
24. Juni 2016 @ 16:48
Bis an die Grenze heranrücken heißt an die Adresse Russlands gerichtet: bis hierher und nicht weiter. Die Verteidigung der Freiheit scheint Ihnen nichts wert zu sein. Die Freiheit ist nicht selbstverständlich, wie manche jahrelang von ihr Verwöhnten meinen.
Skyjumper
25. Juni 2016 @ 10:14
@Peter Nemschak
“Bis an die Grenze heranrücken heißt an die Adresse Russlands gerichtet: bis hierher und nicht weiter.”
Ein gewagtes Kommunikationsverständnis. In der Regel ist es in allen ähnlichen Situationen (“ähnlich” meint hier anfällig für Missverständnisse) besser einen Pufferbereich einzuhalten. Ich will gar nicht darüber spekulieren ob der Westen das seinerzeit nicht auch zugesagt hatte, denn völlig unabhängig davon wäre es schlicht rational vernünftig.
Die Verteidigung der Freiheit ist sicher einen hohen Preis wert. Der Preis sollte jedoch nie kontraproduktiv werden. Russland vertrauen? Never ever. Russland provozieren? Besser nicht.
Dass die Freiheit nicht selbstverständlich ist sollte eigentlich eine Binsenweisheit sein. Seit einigen Jahren sehe ich die Freiheit allerdings eher von innen als von aussen bedroht.
S.B.
24. Juni 2016 @ 08:29
“Dass sich die Sicherheitslage seither drastisch verschlechtert hat, ist nicht zuletzt Mr. Blair und seinen „neuen Europäern“ zu verdanken. Aber das will heute keiner mehr wissen!”
Das sich die Sicherheitslage drastisch verändert hat, ist was den Terror angeht, den offenen, ungeschützten Grenzen zu verdanken und was die gefährlichen Tendenzen in Richtung kalten und heißen Krieg angeht, der kriegstreiberischen NATO, die sich nicht an die vereinbarten Regeln hält, ihren globalen Einfluss immer ungehemmter erweitert und Russland viel zu eng “auf die Pelle” rückt.
Zu Frau Harms: Die Grünen haben sich in Sachen Krieg seit dem Kosovo-Konflikt um 180 Grad gedreht und sind mit der führende Kriegstreiber in D. Man sollte sie bei jedem Einsatz in vorderster Reihe aufmarschieren lassen (Frau Harms an der Spitze), dann sind sie ganz schnell für immer verschwunden, diese großmäuligen und anmaßenden Weltverbesserer. Das wäre eine Befreiung … noch zehnmal besser als der Brexit für die Briten!
Peter Nemschak
24. Juni 2016 @ 09:40
Für das Wiedererstarken Russlands die NATO verantwortlich zu machen, heißt die Geschichte auf den Kopf stellen.
S.B.
24. Juni 2016 @ 11:23
Könnten Sie das Wiedererstarken Russlands bitte beschreiben. Was genau ist an Russland wieder erstarkt? Für wen ergibt sich seitens Russland ein Gefahr und welche? Schauen Sie sich dazu bitte einmal eine Karte mit den (neuen) NATO-Standorten um Russland herum an, insbesondere die Entwicklung nach 1989, dem Fall des Ostblocks und leiten daraus ab, wer hier wen in die Enge treibt. Vielleicht stellt sich dann Ihre Geschichte auch für Sie auf den Kopf.
Skyjumper
24. Juni 2016 @ 11:25
@Peter Nemschak
“Für das Wiedererstarken Russlands …….”
Wo kommt bloß dieses Märchen her? Wer derartige Aussagen tatsächlich für bare Münze nimmt scheint seine Information in zu hohen Maße von Sputnik News und Russia Today zu beziehen.
Russland ist militärisch schwach und wird laufend schwächer. Luftwaffe und Marine Russlands verlieren zunehmend ihre Fähigkeiten. Das Heer kann ich kaum einschätzen. Zwar blendet Russlands Propaganda den willigen Zuhörer mit Entwicklungen innovativer neuer Waffensysteme, gerade im Bereich der Luftwaffe, aber die tatsächlichen Zulaufzahlen sind ein Witz.
Russland ist in den letzten 10 Jahren (und die 10 Jahre davor erst recht nicht) nicht in der Lage die altersbedingten Ausmusterungen bei schwimmenden und fliegenden Gerät auch nur annährend adäquat zu kompensieren.
Da von einem Wiedererstarken zu sprechen ist ein ziemlich schlechter Witz. Und politisch? Politisch steht Russland seit 2014 relativ isoliert da. Wirtschaftlich? Vielleicht kann Russlands Wirtschaft gestärkt aus der Krise hervorgehen die durch die Sanktionen entstanden ist. Aber die Chancen dafür stehen bisher bestenfalls bei 40-50 %.
Russland, nach eigenen Befindlichkeit eine Weltmacht, sieht sich derzeit zunehmend eingekreist in der Ecke. Und eingekreiste Wesen fangen an um sich zu beißen.
hyperlokal
23. Juni 2016 @ 19:14
Wenn Frau Harms mit ihrer bekannten Russenphobie eine Pressekonferenz vorbereitet, dann schwant einem nichts Gutes.
Peter Nemschak
23. Juni 2016 @ 15:12
Schade, dass eine EU-Armee nicht zustande kam. Gegenüber russischen Ambitionen ist Wachsamkeit und Wehrbereitschaft angebracht. Die Art von Pazifismus, wie ihn sich manche wünschen und wie er in manchen linken Kreisen Westeuropas während des Kalten Kriegs verbreitet war, ist verantwortungslos und illusionistisch. Nicht nur der Nationalstaat sondern auch ein Staatenbund wie die EU muss bereit sein, sein Territorium gegebenenfalls auch mit Gewalt zu verteidigen. Außerdem benötigt die Staatengemeinschaft ehestmöglich eine wirkungsvolle Eingreiftruppe, um ihre Sicherheitsinteressen in ihrer nachhaltig labilen Nachbarschaft wahrnehmen und effektiv durchsetzen zu können.