Wen schützt EUropa?
“Europa schützt Euch, liebe Bürger”: Dieser Satz fehlte in der Rede von Kommissionschef Juncker. Dabei wäre ein neuer, wohlverstandener Protektionismus angesichts von Griechenland- und Flüchtlingskrise wichtiger denn je.
Dies ist eine Lehre aus den beiden großen Krisen, die EUropa in diesem Jahr erschüttert haben – und die es grundlegend verändert dürften.
Griechenland wurde, obwohl es schon zehntausende Migranten aufgenommen hatte, zu einem nie dagewesenen Ausverkauf und Sozialabbau gezwungen. Juncker hatte dem nichts entgegenzusetzen.
Die Flüchtlinge werden nun zwar widerstrebend aufgenommen, nachdem sie die “Festung EUropa” überrannt haben. Doch die Fluchtursachen werden ebenso wenig angegangen wie die Folgen.
Die könnten verheerend sein – wenn da ein neues Lumpenproletariat auf den Arbeitsmarkt drängt und die eh’ schon vom EU-Sparzwang gebeutelten Sozialbudgets noch stärker belastet werden.
Doch auch dazu sagte Juncker kein Wort. Wichtiger war es ihm, die Reisefreiheit unter Schengen zu wahren und für Flüchtlinge das Recht auf Arbeit zu fordern – trotz Massenarbeitslosigkeit in halb Europa.
Europa muss auch die eigenen Bürger schützen
Das klingt gut, doch auf Dauer wird das nicht gut gehen. Die historische Herausforderung kann EUropa nur meistern, wenn es seine eigenen Bürger schützt – statt das europäische Sozialmodell abzubauen, wie bisher.
Und die Flüchtlingskrise kann es nur bewältigen, wenn die Fluchtursachen beseitigt und die äußeren Grenzen geschützt werden – mit legalen und sicheren Fluchtwegen statt unkontrollierten Massenwanderungen.
Beides bedeutet einen Bruch mit der neoliberalen EU-Doktrin und die Hinwendung zu einem neuen, sozialen und humanitären Protektionismus. Juncker ist davon meilenweit entfernt…
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— Eric B. (@LostinEU) 10. September 2015
Peter Nemschak
11. September 2015 @ 18:32
@ebo Ich habe mehrmals den Strom- und Gasanbieter gewechselt, um die Preise auszureizen – mit Erfolg. Der Verein für Konsumenteninformation, welcher der Arbeiterkammer nahesteht. hat die Bürger eingeladen bei einem gemeinsamen Energieeinkauf mitzumachen, um für die Konsumenten Großhandelspreise herauszuholen- mit Erfolg schon zum zweiten Mal hintereinander. Ihre Vorstellungen von Wirtschaft sind altsozialistische Ladenhüter aus den 70-iger Jahren. Damit werden Sie die Welt der Armen nicht verbessern. Dass hinter der Flüchtlingshilfe auch ökonomische und demografische Erwägungen stehen, macht diese nicht schlechter.
luciérnaga rebelde
11. September 2015 @ 16:36
und was sagen Sie zu der Aussage von Ulrich Grillo, dass die deutsche Wirtschaft 800 000 Migranten (sage Sklaven) aus demographischen Gründen brauchen kann?
ebo
11. September 2015 @ 16:39
Tja, die deutsche Hilfe hat eben auch ökonomische Gründe, außerdem außenpolitische. Es geht längst nicht nur um humanitäre Erwägungen..
Peter Nemschak
11. September 2015 @ 18:38
Was heißt Sklaven? Facharbeiter in Deutschland gehören zu den bestbezahlten in Europa.
GS
12. September 2015 @ 02:15
Wie oft denn noch diese Leier? Es kommen keine Facharbeiter. Das IAB sagt, dass aktuell 2/3 keinen Berufsabschluss haben. De Maiziere spricht von 15-20 % Analphabeten, Nahles erwähnt, dass Ärzte eine Ausnahme seien. Wie oft muss das noch erwähnt werden bis das auch bei Dir und den anderen Flüchtlingseurphorikern ankommt? Wenn die alle so großartig ausgebildet wären, dann die Herkunftsländer nicht bettelarm.
http://www.tagesschau.de/inland/fluechtlinge-integration-101.html
ebo
12. September 2015 @ 12:18
@GS Das sehe ich ähnlich. Und selbst wenn es gut ausgebildete Arbeitskräfte wären – warum holt sich DE seine Facharbeiter nicht einfach in Spanien, Italien der Griechenland? Das riecht doch sehr nach Lohndumping
GS
12. September 2015 @ 13:11
ebo, die Metallindustrie fordert ja bereits eine Öffnung der Tarifverträge und einen neuen Einstiegstarif. Hier kommt ein Zug ins Rollen.
Ansonsten glaube ich, dass ja das Anziehen von Fachkräften aus den südeuropäischen Krisenländern und aus Osteuropa ohnehin versucht wird. Immerhin haben wir ja aktuell jenseits der Asylthematik eine Nettoeinwanderung von 500.000 pro Jahr. Das ist ja auch nicht gerade wenig, und im Prinzip auch schon eine Herausforderung. Ob das Ausbildungsniveau dieser Leute aber jenseits formaler Abschlüsse wirklich so hoch ist, sei mal dahin gestellt. Meines Erachtens verhindert der Binnenmarkt auch die Möglichkeit der gezielten Steuerung. Wer Lust hat zu kommen, kann eben einfach kommen.
Bloß langfristig kann das natürlich auch keine Lösung sein. Die Krise in Europa währt jetzt bald 10 Jahre, so ein Braindrain ist für die Heimatländer ja auch ein gewaltiger Aderlass. Die langfristigen ökonomischen Folgen dieser Entwicklung in Südeuropa werden jenseits der aktuellen Krise stark unterschätzt, meine ich. Für Osteuropa gilt ähnliches. Ich habe mir kürzlich mal in der Wikipedia die Geburten- und Sterbestatistiken einer Reihe von europäischen Ländern angeschaut. In Italien sterben auch schon seit zwanzig Jahren mehr Leute als geboren werden (in D übrigens seit 40 Jahren). Griechenland ist seit ein paar Jahren auch schon ins Minus gerutscht. In vielen osteueropäischen Ländern sieht es seit den 90ern, z.T. schon seit 80ern, ähnlich trüb aus. Und diese Zahlen widerspiegeln ja noch nicht einmal die Verschiebung der Altersstruktur. Jetzt noch dazu Auswanderungswellen, wie sie Osteuropa schon erlebt hat und weiter erlebt…wie sollen da jemals eine prosperierende Wirtschaft und Wohlstand entstehen? Vielleicht profitiert Deutschland langfristig wirklich davon.
Aber ökonomisch gesehen wird die Asylwelle auf jeden Fall ein fettes Minusgeschäft. In den unteren Lohngruppen wird der Druck noch einmal zunehmen. Die meisten werden aber gar nicht erst arbeiten, sondern durch Hartz IV und unser Gesundheitssystem durchgefüttert werden. Das muss freilich auch irgendjemand bezahlen. Mich würde es nicht wundern, wenn bei Hartz und im Gesundheitssystem weitere Leistungen für alle gestrichen werden.
Peter Nemschak
11. September 2015 @ 12:19
@ebo Dass die Gewerkschaften Sturm laufen, wundert mich nicht. Es werden einige Versorgungsjobs wegfallen, die in Wahrheit nie gebraucht wurden, aber zur Versorgung politischer Klientel gedient haben. Der Tourismus wird dadurch nicht beeinträchtigt werden. Schließlich haben die neuen Eigentümer ein finanzielles Interesse, dass am Flughafen eine hohe Frequenz von Reisenden erreicht wird. Die notwendigen Investitionen müssen sich rentieren.
ebo
11. September 2015 @ 12:24
Sie machen es sich zu leicht. Häfen und flughäfen sind eine volkswirtschaftliche bedeutsame, strategisch wichtige Infrastruktur. Mit der Privatisierung gehen die Gewinne aus dem Tourismus künftig nicht mehr oder nur noch in geringem Maß an Griechenland, sondern an TUI und Fraport. Gleichzeitig wird der Toiurismus durch die Troika-Steuern im Wettbewerb mit der Türkei behindert. Ich bleibe dabei: es ist ein beispielloser, unsinniger Ausverkauf.
Peter Nemschak
11. September 2015 @ 14:48
Warum sollte in Griechenland nicht funktionieren, was anderswo auch funktioniert? Um ein Beispiel zu nennen: seit die Telekom privatisiert ist, sind die Preise für die Konsumenten gesunken und das Angebot ist breiter geworden. Gleiches gilt für die Energiewirtschaft, wo der Konsument die Möglichkeit hat, sich den Anbieter im Wettbewerb auszusuchen. Bei staatlichen Monopolbetrieben haben Sie tendenziell versteckte Arbeitslosigkeit, die solange fortgeschrieben wird, bis es dem Bürger zu viel wird. Begreifen Sie endlich, dass sichere Jobs nur produktive Jobs sind. Machen die Häfen und Flughäfen Gewinne, wird sich das günstig auf das Steueraufkommen Griechenlands auswirken. Abschottung vom internationalen Wettbewerb ist bei entwickelten Ländern ein Wohlstandsvernichter. Das weiß auch die SPD und ist klug genug, Rufen nach Protektionismus, der vor allem von den Gewerkschaften kommt, nicht nachzugeben. Nicht verwunderlich, dass der Ruf nach mehr Protektionismus von den Partikularinteressen im Staat, den Gewerkschaften und Teilen der Unternehmerschaft kommt und mit sozialliberal nichts zu tun hat, schon gar nicht mit liberal.
ebo
11. September 2015 @ 14:55
Wird die Telekom in Österreich von einem deutschen Unternehmen gehalten? Was die Energiepreise betrifft: Alle Daten sagen das Gegenteil.
jörg
11. September 2015 @ 16:32
@p nemschak: “Um ein Beispiel zu nennen: seit die Telekom privatisiert ist, sind die Preise für die Konsumenten gesunken und das Angebot ist breiter geworden”
Hat dies nicht auch sehr viel mit dem Markteintritt anderer Anbieter zu tun? Warum sollte ein privates Monopol für den Konsumenten generell besser sein als ein staatliches? Es mag ja sein sein, dass der griechische Staat nicht die Fähigkeiten, den Willen oder was auch immer hat, um in die Flughäfen zu investieren. Für Griechenland ist die Privatisierung aber nur ein Gewinn, wenn diese Investionen und der einmalige Privatisierungserlös die verlorenen laufenden Einnahmen ersetzt. Aber das hat die Troika sicher gut nachgerechnet…..
OXIgen
11. September 2015 @ 00:54
@ebo
Vollkommen richtig, ebo, auch die Bürger Europas haben ein Recht auf Schutz. Sie haben ein Recht auf die eigene Gestaltung ihrer Lebensräume und darauf, selber darüber zu bestimmen, ob sie diese Massenmigration, die so langsam das Ausmaß einer Invasion annimmt, hinnehmen wollen oder nicht. Wenigstens unter denen, die der totalen deutschen Wir-sind-die-Guten-Besoffenheit nicht folgen wollen, gibt es ein paar Politiker, die sich über die Folgen dieser schier unkontrollierbaren Völkerwanderung Gedanken machen und die Belastungen für ihre Bürger nicht mit ein paar Parolen vom Tisch wischen.
Griechenland ist wieder einmal das am schlimmsten betroffene Opfer, da es sich von allen am wenigsten wehren kann. Nicht nur wegen seiner geografischen Gegebenheiten, sondern weil die katastrophalen Zustände der brutalen Troika-Politik in die Hände spielen. Wäre die touristische Infrastruktur auf den Inseln schon – wie angestrebt – in der Hand der großen deutschen Touristik-Konzerne und nicht immer noch überwiegend in Familienbesitz, hätte man sehr schnell dafür gesorgt, dass das Urlaubsvergnügen nicht durch Flüchtlingselend getrübt wird und sofortige Hilfe organisiert. Die Inseln in der Ägäis sind zu Pulverfässern geworden, an denen die Lunte glimmt, aber Königin Merkel und ihr Junker schauen teilnahmslos weg.
Ein neuer Protektionismus wäre mehr als wünschenswert, aber er lässt sich auf gesamteuropäischer Ebene nicht durchsetzen. Die EU ist nun mal kein Staat. Protektionismus kann nur von souveränen Staaten wirksam und sinnvoll ausgeübt werden, nicht jedoch von einem neofeudalen, neoliberalen Moloch, der seine Bürger einfach verschlingt. Neoliberalismus ist Kannibalismus, es ist ihm gleichgültig, wo seine Opfer herkommen.
DerDicke
11. September 2015 @ 09:59
Die nächste Zeit wird interessant, bin gespannt wann der Regierung ihre “Politik” um die Ohren fliegt. Da kommen Massen, die Untergebracht und versorgt werden wollen – und die Gewalt gewöhnt sind wenn ihnen etwas nicht passt.
http://friedensblick.de/17784/serbische-behoerden-melden-gerade-dramatischen-anstieg-ankommender-fluechtlinge/
Verursacher in Haftung nehmen
10. September 2015 @ 22:18
Allein in Saudi-Arabien stehen 100 000 feuerfeste und klimatisierte Zelte leer, in denen Millionen Menschen Schutz finden könnten. Gemeinsam mit seinen Nachbarn könnte Saudi-Arabien das syrische Flüchtlingsproblem ganz allein lösen, wäre als verursachendes Land dazu auch moralisch verpflichtet. Zeit dafür, dass Europäer aufhören, über Ansiedlungsquoten zu diskutieren, und eine Lösung der Migrationskrise durch die Golfstaaten einfordern. Auch andere muslimische Länder könnten helfen, zum Beispiel das sunnitische Indonesien, das von seiner Bevölkerungszahl her halb so groß ist wie ganz Europa.
http://www.infowars.com/saudi-arabia-has-100000-empty-air-conditioned-tents-that-can-house-3-million-people-yet-has-taken-zero-refugees/
Peter Nemschak
10. September 2015 @ 21:17
Warum so kompliziert? Einheitliche und klare Regeln für Asylanten, damit die EU-Mitglieder nicht so leicht ausarbitriert werden können, und diese auch umsetzen. Wir können nicht alle aufnehmen, die kommen, weder Deutschland noch die anderen EU-Mitglieder, faire Lastenverteilung innerhalb der EU. In Griechenland nicht das Rad neu erfinden, sondern die getroffenen Vereinbarungen zügig umsetzen. Mehr Sozialismus schafft kein investitionsfreundliches Klima.
ebo
10. September 2015 @ 21:38
Was heißt hier kompliziert? In Deutschland sollen die Flüchtlinge schnell eine Arbeitserlaubnis erhalten, die Slowakei will sie nicht mal einreisen lassen. Derweil sind in Griechenland ganze Inseln wie Kos oder Lesbos im Ausnahmezustand; wenn die EU Flüchtlinge umverteilt, kommen sofort neue nach. Nebenbei verliert Athen gerade die Kontrolle über seine wichtigsten Häfen und Flughäfen. Das ist die neoliberale EU von heute.
Peter Nemschak
11. September 2015 @ 10:53
Deshalb verlange ich klare, für alle verbindliche Regeln und eine faire Lastenverteilung. Was soll das mit der Kontrolle über die Häfen und Flughäfen? Sie verstehen den Sinn der Privatwirtschaft nicht oder falsch. Es geht um effiziente Betriebsführung, nicht um die Versorgung politischer Klientel. Das hat mit der ausgelutschten Bezeichnung “neoliberal” nichts zu tun. Dass der Staat kein guter Unternehmer ist, sollte mittlerweile den wirtschaftsfernsten Schichten klar sein. Unternehmerfeindliche Agitation, wie sie von manchen linken Medien vertreten wird, wird Griechenland für wachstumsfördernde Investitionen nicht attraktiv machen. Der Schlingerkurs der französischen Regierung, anfänglich sehr links, dann ein bisschen nach rechts, aber auch nicht wirklich überzeugend, sollte ein abschreckendes Lehrbeispiel dafür sein, wie man Wirtschaftspolitik nicht betreiben soll.
ebo
11. September 2015 @ 11:14
Aus der Tagesschau: https://www.tagesschau.de/wirtschaft/griechenland-privatisierung-flughaefen-101.html
winston
10. September 2015 @ 18:41
Und nebenbei meldet sich auch Martin Schulz und erklärt den europäischen nazionalisten den “Krieg”.
Scheinbar sind die EU/Euro befürworter bereit dieses Fehlkonstrukt auch mit Gewalt durchziehen zu wollen.
Die EU/EZ nimmt immer groteskere Formen an.
Mittlerweile sollte doch der letzte Depp einsehen dass dieses “Europa” nicht das Europa der Völker ist, sondern sich gegen die Europäischen Völker richtet, wenns sein muss auch mit Gewalt.
Wir setzen uns notfalls auch in einem Kampf gegen die anderen durch. (Martin Schulz)
http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/martin_schulz_sagt_dem_europa_der_ultranationalisten_den_kampf_an
Realistischer siehts einer der Väter des Euro’s, Prof. Othmar Issing.
http://www.telegraph.co.uk/finance/11847968/Father-of-the-euro-fears-EU-superstate-by-the-back-door.html
Mittlerweile schüttelt fast die gesamte Wirtschaftwissenschaft nur noch den Kopf ab dieser EU/EZ Konstrukt.
DerDicke
11. September 2015 @ 06:28
Kafkaesk ist das gesuchte Wort für den Zustand der EU.
paul7rear
10. September 2015 @ 18:16
Eigentlich muss man schon etwas Mitgefühl haben, besonders heuer, wo sich der kleine Jean-Claude nicht über die Straße traut. So was auch, der Kleine muss noch so viel lernen.
Aber ernst: Wer hält von dieser EU noch etwas? Richtig, ihre Parlamentarier, ihre Kommissare und ihre Büttel.
Die haben ja auch nichts gelernt!