Fünf Fragen, die Juncker beantworten muss
Am Mittwoch hält Kommissionschef Juncker seine Rede zur Lage der Union. Es ist vielleicht seine letzte Chance, die EU vor dem drohenden Zerfall zu retten. Hier fünf wichtige Fragen, die er beantworten muss.
- Brexit heißt Brexit: Will die EU sich weiter von Großbritannien an der Nase herumführen lassen? Oder gibt sie endlich eine eigene Antwort auf den geplanten ersten Austritt eines Mitgliedsstaates?
- Demokratie und Transparenz: Wie hält es die EU-Kommission mit Volksentscheiden, die regelmäßig gegen die EU ausgehen? Wo bleibt die versprochene Transparenz – siehe Barroso?
- Bürgernähe: Ist die Abschaffung der Roaming-Gebühren alles, was Juncker einfällt? Und wie soll sie konkret aussehen – nun, da er seinen Digitalkommissar Oettinger zurückgepfiffen hat?
- Sicherheit: Was will die EU konkret für die innere und äußere Sicherheit tun? Ist es wirklich eine gute Idee, ausgerechnet einen Briten mit der Sicherheitsunion zu betreuen?
- Rechtstaatlichkeit: Wann geht die EU endlich gegen Staaten wie Ungarn, Polen oder die Türkei vor, die die gemeinsamen Grundwerte mit Füssen treten? Wie antwortet Juncker auf Asselborn?
Darüber hinaus gibt es natürlich noch viel mehr Themen – die ewige Malaise im Euro, die anhaltende Flüchtlingskrise, den Streit um CETA und TTIP. Aber wir wollen Juncker nicht überfordern…
Ein Europäer
13. September 2016 @ 17:31
Hallo Ebo, das größte Problem Europas muss zuerst gelöst werden, die Eurokrise. Die Eurokrise lähmt Europa.
Peter Nemschak
13. September 2016 @ 18:32
Meines Erachtens müssen geordnete Austrittsmöglichkeiten geschaffen werden, nachdem eine Transferunion politisch von der Mehrheit der Europäer, vor allem jener, die dafür finanziell aufkommen sollen, abgelehnt wird. Interessant die Vorschläge der deutschen Wirtschaftsweisen, wie es ohne Transferunion weitergehen kann.
Peter Nemschak
13. September 2016 @ 15:33
ad1) Die Frist für den BREXIT beginnt ab dem Zeitpunkt zu laufen, an dem das UK den Austrittsantrag stellt. Über den Zeitpunkt kann laut geltender Rechtslage allein das UK entscheiden. Vorher gibt es keine Verhandlungen. Das UK hat als bestehendes Mitglied die Regeln der EU einzuhalten.
ad2) Volksentscheide sind ungeeignet, komplexe wirtschaftliche und politische Themen zu regeln. Dafür gibt es die nationalen und supranationalen Institutionen und die dafür vorgesehenen Verfahrensregeln der repräsentativen Demokratie. Die Compliance Regeln werden in Zukunft verschärft werden. Politiker, die ihre Ämter zurücklegen, gelten ab diesem Zeitpunkt als normale Bürger der EU ohne privilegierten Zutritt zu Informationen. Für Lobbyisten gelten besondere Regeln, die für jeden Interessierten transparent sind
ad3) Bürgernähe Der Erhalt der EU-Freiheiten ist zentral für das Wohlergehen der Bürger. Hier wird die Kommission keine Einschränkungen dulden und bestehende Hindernisse schrittweise beseitigen. In Steuerfragen wird die EU für fairen Steuerwettbewerb sorgen. In Sachen Wegfall der Roaming-Gebühren wird die EU eine Regelung finden, welche der überwiegenden Mehrheit der Bürger zugute kommt.
ad4) Die innere und äußere Sicherheit der EU hängt von einer effizienten Zusammenarbeit der zuständigen Behörden ab. Diese laufend zu verbessern ist das Ziel. Unabhängig vom Verbleib des UK in der EU ist eine enge Zusammenarbeit mit den für die innere und äußere Sicherheit verantwortlichen Behörden im gemeinsamen Interesse. Dies gilt in größerem Rahmen auch für die USA und andere an der Bekämpfung des Terrors interessierte Staaten. Der Terrorismus kümmert sich nicht um nationale oder supranationale Grenzen.
ad5) Die moralische und staatspolitische Bewertung sind angesichts von derzeit 28 Mitgliedsstaaten nicht immer deckungsgleich. Hier gilt es Überzeugungsarbeit zu leisten.
Warum sollte die EU zerfallen? Sie wird sich voraussichtlich in unterschiedlicher Tiefe zwischen den Mitgliedsländern weiter entwickeln, auch wenn eine Minderheit an den politischen Rändern sie zu zerstören sucht. Die oft berechtigte Kritik der Bürger an Entscheidungen der EU bedeutet nicht, dass die Bürger notwendigerweise andere politische Alternativen der EU vorziehen, da sie nach wie vor mehrheitlich von der EU und der gemeinsamen Währung profitieren.