„Frankreich überholt Deutschland“
Das kommt ja wie gerufen: Pünktlich zum Durchmarsch des rechtsliberalen französischen Präsidenten Macron bei der Parlamentswahl zeichnen deutsche (!) Ökonomen ein rosiges Bild der Wirtschaft.
Mit Vorhersagen soll man bekanntlich vorsichtig sein – vor allem, wenn sie die Zukunft betreffen. Doch nun wagt der Mann, der Deutschland (zu Recht) ein „goldenes Jahrzehnt“ vorausgesagt hat, eine spannende Vorhersage:
Frankreich könne bald zu Deutschland aufschließen und den Exportweltmeister wirtschaftlich sogar überholen, sagt Ökonom H. Schmieding von der Berenberg-Bank.
Der deutschen Konjunktur-Lokomotive gehe langsam der Dampf aus, so der Experte. Demgegenüber könne Frankreich noch deutlich zulegen – wenn Macron die angekündigten Reformen umsetzt.
Werden Pariser Flughäfen privatisiert?
Dabei geht es nicht nur um die umstrittene Flexibilisierung des Arbeitsmarkts, sondern auch um die Senkung der Unternehmenssteuern und die Privatisierung, etwa der Pariser Flughäfen.
Ein ähnliches Programm hat Deutschland vor mehr als zehn Jahren unter Ex-Kanzler Schröder aufgelegt – Stichwort Hartz-Reformen. Seither ist diesseits des Rheins allerdings nicht mehr viel geschehen.
Demgegenüber ist Frankreich bereits seit einiger Zeit auf Reformkurs – der Umbau hat unter dem glücklosen Ex-Präsidenten Hollande begonnen, den manche schon mit Schröder vergleichen.
Erstmal wirken diese Reformen dämpfend
Denn Schröder musste wegen Hartz & Co. gehen – den Erfolg fuhr seine Nachfolgerin Merkel ein. Ob es Macron nun ähnlich ergeht? Schon möglich, aber ich habe immer noch meine Zweifel.
Und zwar nicht nur wegen der Gewerkschaften, die die neoliberalen Reformen noch aufhalten könnten. Sondern vor allem, weil Arbeitsmarktreformen erstmal zu Lohnsenkung und Jobverlust führen.
Das ist es ja, was die „Flexibilisierung“ bedeutet: keine Tarifbindung und weniger Schutz vor Entlassung! Sorgen bereiten mir auch die Sparmaßnahmen, die Macron im Herbst auf den Weg will.
Auch damit folgt der liberale Shooting-Star den Vorgaben aus Berlin und Brüssel. Doch Kürzungen könnten die Konjunktur abwürgen – ausgerechnet jetzt, da sie doch auf Hochtouren laufen soll…
Alexander
13. Juni 2017 @ 15:14
Macron müsste die Löhne in Frankreich um über 20% herunterprügeln, damit Frankreich innerhalb des Euroraumes mit Deutschland konkurrieren kann. Das wird nicht gehen, ohne einen Bürgerkrieg zu riskieren!
Unsere Agenda-Genossen verursachen bei mir nur noch Ekel:
„Vor allem Sozialdemokraten senden Glückwünsche und sehen in Macrons Sieg eine Art positiven Impuls. Dabei hat die Verbeugung vor dem Neoliberalismus die französische Sozialdemokratie ins politische Abseits geführt.“
„Wer in schöner Eintracht mit der Union den angekündigten neoliberalen Kahlschlag in Frankreich beklatscht, sollte sich noch einmal fragen, woraus der Kern sozialdemokratischer Politik eigentlich besteht.“
http://www.taublog.de/170612neoliberalismus-weiter-auf-dem-vormarsch
Ich wünsche diesen Leuten, dass sie möglichst bald den Weg der PASOK, PvdA und PS gehen werden!
Ute
13. Juni 2017 @ 15:05
@Peter Nemschak: „Sie sollten sich vielmehr darauf konzentrieren, dass die Vorteile der Fexibilisierung nicht nur den Unternehmen sondern auch den Arbeitnehmern zugute kommen.“
Die da wären: Zuwächse an Unternehmensprofiten durch zunehmende prekäre
Arbeitsverhältnisse, Dumpinglöhne, Zeit- und Leiharbeit plus Repressionsregime
a la Hartz IV für Erwerbslose?
„..tüchtiger Mitbewerber“ bedient sich darüber der Angst der Lohnabhängigen
im Überbietungskampf von billig und mehr.
Peter Nemschak
13. Juni 2017 @ 08:42
Ein tüchtiger Mitbewerber tut auch Deutschland gut. Konkurrenz ist ein starker Motor für Veränderung. Die französischen Gewerkschaften befürchten einen Machtverlust und werden aus ideologischen Gründen pauschal gegen die Reformen Macrons sein. Damit schaden sie den Arbeitnehmern, vor allem den Arbeitssuchenden. Sie sollten sich vielmehr darauf konzentrieren, dass die Vorteile der Fexibilisierung nicht nur den Unternehmen sondern auch den Arbeitnehmern zugute kommen.