Finance Watch warnt vor Bail-ins
Bei Bankpleiten in EUropa sollen künftig zuerst die Eigentümer und Anleger haften. Doch das so genannte “Bail-in” schafft neue Risiken, warnen Experten von Finance Watch.
Bei einer Tagung in Brüssel zeigte sich, dass die neue Wunderwaffe, die (natürlich) auf unseren deutschen Finanzminister Schäuble zurückgeht, alles andere als sicher ist. Zitat:
Solving a market failure with market instruments whose prices will spike dramatically upwards in a crisis means you are already on the back foot. Bail-in instruments will not work. Worse, they will bring forward a financial crisis and spread it to places that will be harder to tackle.
Das sagt kein EU- oder Eurokritiker, sondern A. D. Persaud, ein Experte des renommierten amerikanischen Thinktanks Peterson Institute. “Bail-in wird nicht funktionieren”, warnt er.
Konkret heißt das, die die EU und die Eurozone nicht auf eine neue Finanz- oder Bankenkrise vorbereitet ist – weil die Instrumente, mit denen sie reagieren will, unzulänglich sind…
Peter Nemschak
4. Juni 2016 @ 10:29
@Skyjumper Ich hoffe, von einem Experten, den ich angeschrieben habe, eine Antwort zu bekommen. Gründe fallen mir einige ein.
Peter Nemschak
3. Juni 2016 @ 11:59
@ebo Hier ist der Link zu A.D.Persaud
http://www.livemint.com/Opinion/fygDP8UCr86GmuT7Tw8GvI/Avinash-Persaud–The-mirage-of-bank-bailins.html Der Artikel wurde ursprünglich 2013 veröffentlicht.
ebo
3. Juni 2016 @ 12:22
@P.N. Danke – und hier die aktuelle Pressemitteilung von Finance Watch: http://www.finance-watch.org/press/press-releases/1254-fw-conference-june-2016
Peter Nemschak
3. Juni 2016 @ 19:01
Die weitaus interessantere Frage wäre, warum die meisten EU-Mitglieder nicht den schwedischen Weg der 1990-iger Jahre oder den US-amerikanischen Weg 2008 eingeschlagen haben.
Skyjumper
3. Juni 2016 @ 22:10
@ Peter Nemschak
Haben Sie auch eine Antwort darauf? Auch wenn ich vermute dass Sie sich mit der zutreffenden Antwort nicht gerade viele Freunde machen würden.
Anonymous
2. Juni 2016 @ 12:43
Ich war auch bei dieser Tagung, und ich fand die Panel-Debatte zum Bail-in sehr aufschlussreich. Ingesamt wurde da ein deutlich positiveres Bild von bail-in gezeigt als in der sehr polarisierenden Key-Note speech zuvor. Ich glaube dass viel von der richtigen Implementierung des Instruments abhängt.
S.B.
2. Juni 2016 @ 11:20
Mit zunehmender Dauer, muss man zwangsläufig den Eindruck gewinnen, dass EU und Euro in keiner einzigen Hinsicht durchdacht worden sind. Noch schlimmer: Selbst die Reaktionen auf bereits stattgefundene schwere Krisen, sind in keiner Weise angemessen durchdacht. Gut gemeint ist eben noch lange nicht gut gemacht. Es wird höchste Zeit für einen Reset. Denn die Situation ist im Ganzen unerträglich.
Skyjumper
2. Juni 2016 @ 11:15
Wer jemals glaubte dass die bail-in Regeln eine Banken-/Finanzkrise kontrollieren oder gar verhindern könne hat aber auch nicht aufgepaßt. Das war auch nie das Ziel.
“bail in” ist eigentlich nur die nötige Vorstufe für einen ggf. vorzunehmenden “bail-out”. Oder soll man es gut finden dass ein Finanzinstitut mit Steuermitteln gerettet wird und hinterher die alten Eigentümer die Profiteure sind?
ebo
2. Juni 2016 @ 11:26
Das klingt bei Dijsselbloem aber ganz anders. Aus einer Rede vor dem Peterson-Institute (das ihn nun scharf kritisiert):
Banks and their investors, for instance, were supported at the taxpayer’s expense during the banks bail-outs. This was necessary to save our economies in the short term, but did not correct problematic incentives in the sector. In the long-term policy we’ve devised, we’ve succeeded in turning this situation around. For example, by introducing bail-in rules for the banking sector. Investors and risk-takers will bear any costs in the future, rather than taxpayers. They take the profits in good times and should carry the losses in bad times. A sound economic and fair principle. And there are other ways forward, other ways we can support sustainable growth and reduce inequality.
Peter Nemschak
3. Juni 2016 @ 07:19
PERSAUD UND DIJSSELBLOEM WIDERSPRECHEN EINANDER NICHT !
A.D. Persaud spricht sich sehr wohl für die Haftung von Aktionären und Gläubigern bei Bankpleiten aus. Er ist nur gegen so genannten Bail-in Instrumente wie die bekannten Cocos, Anleihen, die automatisch bei einer näher rückenden Bankinsolvenz in Eigenkapital umgewandelt werden. Damit eine Bankpleite nicht zum Systemrisiko wird, müsste der Staat (die tiefste Tasche am Markt) die Problembank übernehmen und abwickeln. Die im Zuge der Abwicklung (Schließung oder Sanierung und Reprivatisierung) anfallenden Kosten müssten die Aktionäre und Gläubiger der Problembank (ausgenommen Einlagen bis Euro 100.000) tragen. Durch diese Methode würden panikartige Ansteckungseffekte auf andere Marktteilnehmer und Finanzinstrumente verhindert werden. In Kombination mit den seit der Finanzkrise erhöhten und verschärften Eigenkapitalvorschriften (als “echtes” Eigenkapital werden nur mehr Stammkapital und offene Reserven gewertet) sollte der von Persaud aufgezeigte Weg wesentlich zur Stabilisierung des Bankensystems beitragen. Es empfiehlt sich, Persaud im Original zu lesen und nicht alles zu glauben, was einem die Journalisten servieren.
ebo
3. Juni 2016 @ 11:10
Worauf beziehen Sie sich? In meinem Post hieß es, dass sich DRAGHI und DIJSSELBLOEM widersprechen. Was PERSAUD betrifft – ich war zufällig bei der Konferenz in Brüssel zugegen…
Skyjumper
2. Juni 2016 @ 12:54
@ ebo Danke für den Link
Mal davon abgesehen dass die bail-in Regeln ja nicht erst dieses Jahr erfunden wurden, sondern bereits bei der Zypern-Krise konzipiert wurden kann ich im Text von Dijsselbloem nur das erkennen was ich bereits sagte:
bail-ins sind die vorab notwendige Korrektur der sonst NOCH unsozialeren Ergebnisse eines bail-outs. Er sagt doch nirgends dass die Steuerzahler aussen vor blieben?! Er sagt nur das zukünftig ERST die Eigentümer dran sind.
Ist ja auch mathematisch logisch. Wenn ein Finanzinstrument gerettet werden soll (ich wäre ja grundsätzlich dagegen), dann braucht es in aller Regel frische Kapitalien. Das Kapital der Eigentümer ist aber nicht frisch, es steckte ja schon vor der Krise im Unternehmen. Im Krisenfall ist dieses Geld schon futsch. Die bail-in Regel sorgt lediglich dafür dass es auch futsch bleibt und nicht auf wundersame Weise auf Steuerzahlerkosten wieder aufersteht.
Oder stören Sie sich in dem Zusammenhang am Begriff “succeeded”? Da müssen wir wohl drüber weg sehen. Für Politiker ist der Tag schon “gelungen” wenn sie morgens allein ihre Schuhe zubinden konnten ohne einen Lobbyisten als Hilfe gebrauchen zu haben.