Der Tag der sozialen Grausamkeiten
Heute ist der Tag der Erbsenzähler in Brüssel: Bis Samstag müssen die Euroländer der EU-Kommission ihre Finanzplanung für 2017 vorgelegt haben – zur Prüfung auf Vereinbarkeit mit den Budgetregeln.
Was von den Eurokraten als Höhepunkt des „Europäischen Semesters“ und unerlässlicher Beitrag zur „Finanz-Stabilität“ gepriesen wird, erweist sich jedoch wieder einmal als Trauerspiel.
So will Belgien fast eine halbe Milliarde Euro bei der Gesundheits-Versorgung kürzen, um die heilige Drei-Prozent-Regel des Stabilitätspakts einzuhalten. Das führte sogar zu einer Regierungskrise.
Und Portugal wartet mit Steuer- und Abgaben-Erhöhungen auf. Unter anderem ist eine Steuer auf Häuser ab 600.000 Euro Wert geplant. Damit wolle das Land „raus aus dem Fado“, lobt „Euronews“.
In Wahrheit geht der Euro-Blues in eine neue Runde – denn Sozialkürzungen und Steuererhöhungen werden die Konjunktur in Euroland nicht ankurbeln, sondern weiter dämpfen.
In Portugal und Spanien droht zu allem Überfluss auch noch eine Kürzung der EU-Hilfen, was die Krise weiter verschärfen dürfte. So sehen es die neuen, verschärften „Stabilitäts“-Regeln vor…
Lesetipp: Deutschland und Europas törichte Fiskalregeln
Peter Nemschak
16. Oktober 2016 @ 10:37
Statt ständig über Sozialkürzungen zu jammern sollte man eher die Frage stellen, ob nicht dasselbe Ergebnis mit effizienterem Mitteleinsatz erzielbar wäre. Gerade in Gesundheitsfragen gäbe es durchaus Verbesserungspotential. Generell könnte man den Sozialstaat treffsicherer machen, Hilfen mit Anreizen besser verbinden, Doppelgleisigkeiten und ein falsch verstandenen Föderalismus abstellen. Leider wollen viele nur phantasielos „more of the same“. Es könnten ja bestimmte Partikularinteressen leiden, wenn man strukturell etwas verändert.
ebo
16. Oktober 2016 @ 14:32
@Nemschak Die liberale belgische Regierung will fast 900 Mill. Euro im Gesundheitswesen kürzen und u.a. die Preise für Antibiotika erhöhen. Wenn man weiß, dass die Medikamente in Belgien ohnehin teuer sind und zu einem großen Teil von den Patienten bezahlt werden, ist dies ein harter sozialer Einschnitt. Mir scheint, dass die deutschen und österreichischen Medien darüber nicht berichten…
Peter Nemschak
16. Oktober 2016 @ 20:48
Der Staat Belgien sollte imstande sein im Budget umzuschichten, zumindest die sozial Schwachen zu entlasten.