„Europa im Mittelpunkt“ – wirklich?

Noch-Außenminister Gabriel nahm den Mund ziemlich voll. “Egal wer die neue Regierung bildet, erstmals wird in Deutschland ein Koalitionsvertrag entstehen, bei dem Europa im Mittelpunkt nationaler Politik steht.“

Das sagte der SPD-Mann am Montag  in Brüssel – während seine Genossen in Berlin mit Kanzlerin Merkel über die Europapolitik diskutierten. Doch einen Tag danach sieht man vom neuen Europa-Schwerpunkt – nichts.

Im Gegenteil: Die Groß-Koalitionäre wollen offenbar das nationale deutsche Klimaziel aufgeben, womit sie auch die Absprachen der Klimakonferenz in Paris infrage stellen – und die EU desavouieren.

Denn die EUropäer wollen ja weltweiter Vorreiter beim Klimaschutz sein. Wenn das größte EU-Mitgliedsland mal so eben, im nationalen Alleingang, ausschert, werden sie unglaubwürdig.

Von „mehr Europa“ ist auch in der Budgetpolitik nicht viel zu sehen. Gabriel plädierte zwar dafür, mehr Geld nach Brüssel zu überweisen. Doch EU-Budgetkommissar Oettinger hielt dagegen.

Oettinger will das EU-Budget trotz Brexit nur minimal erhöhen, vor allem aber kürzen und sparen. Der CDU-Mann folgt dabei der Linie der Kanzlerin, die schon vor den Sondierungen festgelegt wurde.

Es sieht auch so aus, als wollten SPD, CDU und CSU am schwäbischen Fetisch der „Schwarzen Null“ festhalten. Damit würden sie sich über die Forderung aus Brüssel hinwegsetzen, mehr zu investieren.

Ein fortgesetzter Sparkurs wäre zudem das falsche Signal für die Eurozone. Es würde den umstrittenen deutschen Fiskalpakt stärken, eine „souveräne Währungsunion“ à la Macron hingegen erschweren.

Zwar ringen SPD-Mann Schulz und Merkel noch über die richtige Antwort an Macron. Ein Kompromiss zeichnet sich aber, so die FAZ, noch nicht ab – oder wenn, dann nur ein minimaler…